Schily: Guten Morgen Frau Durak!
Durak: Die Nachrichten dieser Nacht lassen auf endgültigen Frieden hoffen. Sie auch?
Schily: Ja, ich bin sehr zuversichtlich, daß es jetzt nach großen Mühen gelingt, zu einer politischen Lösung zu kommen.
Durak: Sie halten es für illusionär und wirklichkeitsfremd - das haben Sie vor dieser nächtlichen Einigung gesagt -, die Flüchtlinge so rasch wie möglich zurückzuschicken. Einige Ihrer deutschen Länderkollegen sind da anderer Meinung. Sobald Frieden ist, muß die Rückkehr beginnen; sonst hätten wir die Kosovo-Albaner ähnlich lange wie die Bosnier im Land. Wäre das so ausgeschlossen?
Schily: Nein, aber man muß sich auf die reale Situation einstellen. Frau Ogata, die UNO-Flüchtlingskommissarin, hat mit Recht darauf hingewiesen: wir wissen gar nicht, wie die Situation im Kosovo aussieht. Daß sie schrecklich aussieht, glaube ich, das muß man unterstellen. Wir wissen beispielsweise nicht, wie viele Mienen noch dort verlegt sind, wie viele Sprengfallen es gibt. Deshalb hat Frau Ogata vollkommen Recht, wenn sie sagt, die Rückkehr der Flüchtlinge muß so zügig wie möglich, aber auch geordnet stattfinden. Die Menschen können ja dort nicht im Freien kampieren, sondern sie müssen winterfeste Quartiere haben. Wir müssen schauen, wie viele Gebäude überhaupt tauglich sind zur Unterbringung der Flüchtlinge dort. Es sind ja zahlreiche Flüchtlinge in den Nachbargebieten, in Albanien und in Mazedonien untergebracht in Zeltstädten. Die werden zuerst zurückkehren müssen, weil wir sonst dafür sorgen müssen, wie wir diese Menschen in winterfesten Quartieren haben können. Deshalb wird es eine Weile dauern, es wird einige Monate dauern, bis wir mit der Rückführung der Flüchtlinge beginnen können, die nach Deutschland und nach Westeuropa evakuiert worden sind.
Durak: Das ganze, Herr Schily, muß ja auch koordiniert werden. Sonst beginnt ja ein Chaos, ein heilloses Durcheinander. Aus allen Ecken, von allen Grenzen her würden Flüchtlinge in das zerstörte Kosovo zurückströmen. Wie sollte das von wem koordiniert werden?
Schily: Das wird wahrscheinlich die Aufgabe des UNHCR sein, also des UNO-Flüchtlingskommissars, aber darüber werden sicherlich die Beteiligten noch einmal nachdenken müssen, ob man bei der G-8 eine Koordination ansiedelt, bei der EU oder wo immer. Wahrscheinlich bietet sich aber zu allererst der UNHCR dafür an.
Durak: Das Prinzip "Hilfe zur Selbsthilfe" wurde im Fall Bosnien erschwert durch bürokratisches und wirklichkeitsfernes Handeln. Damals haben wir darüber berichtet. Wie soll das jetzt verhindert werden?
Schily: Wir werden uns vielleicht auch entschließen müssen, was Deutschland angeht. Ähnlich wie wir in Bosnien einen Bosnien-Beauftragten hatten, so werden wir jetzt vielleicht einen Kosovo-Beauftragten brauchen. Der Bosnien-Beauftragte hat in erster Linie die Aufgabe gehabt, für eine geordnete Rückkehr der Flüchtlinge zu sorgen. Gegenwärtig ist das Hans Koschnick, der seine Aufgabe hervorragend meistert. Jetzt allerdings ist natürlich die Rückführung unter dem Blickwinkel der Ereignisse im Kosovo ins Stocken geraten. Dafür wird ja jeder Verständnis haben. Ich glaube, daß man die Frage stellen muß, wie werden wir diese zivile Organisation auch im Kosovo aufbauen. Es ist ja nicht nur notwendig, daß dort eine robuste militärische Präsenz vorhanden ist, sondern es muß ja auch sehr mühevoll wieder eine zivile Administration aufgebaut werden, insbbesondere auch mit einer polizeilichen Komponente. Deutschland wird sich sicher an einem solchen Administrationsaufbau beteiligen, vielleicht auch mit einer polizeilichen Komponente.
Durak: Der bayerische Ministerpräsident hat erneut zu einer gerechteren Lastenverteilung aufgerufen. Er tut das ja immer mal wieder, auch jetzt wieder. Deutschland se solidarisch - das hat er versichert -, aber es muß gerecht zugehen. Wie finden Sie solche Bemerkungen zum jetzigen Zeitpunkt?
Schily: Ich weiß nicht, was diese Bemerkung überhaupt noch für einen Sinn machen soll. Ich will nur darauf hinweisen: Wenn man schon dauernd diese Forderung erhebt, dann kann ich nur sagen, bei der früheren Bundesregierung sind über 320 000 Bosnier nach Deutschland gekommen, so gut wie überhaupt keine Flüchtlinge in andere europäische Länder. Bei der jetzigen Bundesregierung ist es gelungen, daß wir 15 000 Flüchtlinge aufgenommen haben, aber sehr viel mehr nach Westeuropa in andere Länder gelangt sind. Ich denke, Herr Stoiber hätte Grund, die gegenwärtige Bundesregierung zu loben. Das ist natürlich auch nicht von alleine gegangen, wie das jetzt stattgefunden hat, sondern dazu haben eine Konferenz in Luxemburg am 07. April beigetragen und viele Einzelgespräche, die ich mit den EU-Innenministerkollegen geführt habe. Im übrigen muß man die Zahlen richtig werten. Wenn Sie zum Beispiel Österreich anschauen, hat Österreich etwa 5 000 Flüchtlinge aufgenommen. Wenn Sie die Bevölkerungszahl von Bayern mit der in Österreich vergleichen, Bayern hat mehr Einwohner als Österreich, dann hat im Vergleich zu Österreich Bayern sehr viel weniger Flüchtlinge aufgenommen, wenn man jetzt die aktuelle Situation dabei betrachtet.
Durak: Herr Schily, bei der Innenministerkonferenz heute und morgen in Dresden, an der Sie ja teilnehmen werden, wird es auch um ein anderes Thema gehen, und darauf kommen wir jetzt. Es geht um den von Ihnen verhängten Stopp von Abschiebungen, wie es heißt, widerstandsbereiter Ausländer durch Beamte des BGS. Bayern und Hessen wollen Sie drängen, diesen Stopp aufzuheben. Es heißt, man bestrafe diejenigen, die sich in die Abschiebung fügten. Nun hat die Pilotenvereinigung "Cockpit", das war heute zu lesen, einen Vorschlag. Vielleicht kennen Sie den ja auch schon: Staatliche Flüge für Abschiebehäftlinge, die sich gegen eine solche Heimreise wehren. Regierungen sollten Flugzeuge chartern oder Militärmaschinen zur Verfügung stellen. Auch der Weltpilotenverband fordert dies. Ist das ein aus Ihrer Sicht bedenkenswerter Vorschlag?
Schily: Zunächst muß ich sagen, ich habe keinen Abschiebestopp verhängt, sondern ich habe nur den Vollzug von Abschiebungen, bei denen Gewalt zur Durchsetzung der Abschiebung angewendet werden muß, ausgesetzt. Das dient dazu, daß zu 100 Prozent gewährleistet sein muß, daß keine Lebensgefahr für denjenigen besteht, der mit Gewalt abgeschoben werden muß.
Durak: Lebensgefahr wo?
Schily: Bei der Abschiebung. Dieser bedauernswerte Todesfall eines sudanesischen Staatsangehörigen wird Ihnen ja bekannt sein.
Durak: Sollte dieser Ausschluß der Lebensgefahr nicht von vornherein gegeben sein?
Schily: Ja, natürlich, aber ich bin bisher auch davon ausgegangen, daß ein solcher hundertprozentiger Ausschluß bestand. Leider haben wir jetzt einen Fall zu verzeichnen, der so aussieht, wie wir es kennen. Natürlich bin ich davon ausgegangen, daß bei uns so etwas nicht passieren kann. Ich habe allerdings vorsorglich nach dem Ereignis in Österreich - dort hat es ja auch einen solchen Todesfall gegeben - schon eine Überprüfung der Abschiebemaßnahmen angeordnet. Es wurde mir dann aber in dem Zwischenbericht erklärt, die Maßnahmen, die bei der österreichischen Abschiebemethode angewendet werden, werden bei uns nicht angewendet. Dort ging es ja darum, daß man Klebeband über den Mund klebt. Dazu wurde mir gesagt, nein, hier bei uns findet so etwas nicht statt. Ich halte es eines Rechtsstaates unwürdig, daß man eine solche Lebensgefahr in kauf nimmt.
Durak: Wie wollen Sie das denn vorher erkennen?
Schily: Man muß noch einmal alle Direktiven durchgehen. Man muß auch Ärzte zu Rate ziehen, und man muß natürlich auch das Ergebnis der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in diesem Fall kennen.
Durak: Und mit den BGS-Beamten reden, sie anders instruieren?
Schily: Das sind ja nun Ihre Vorschläge, Frau Durak. Ich glaube nicht, daß es auf bloßes Zureden oder ähnliches ankommt, sondern es kommt natürlich auch darauf an, wie diese Beamten ausgebildet sind und nach welchen Anweisungen sie handeln. Das ist sicherlich auch ein Punkt. Das heißt aber nicht, daß irgend Jemand belohnt wird, der Gewalt anwendet oder ähnliches, sondern es geht nur darum, daß die Gewaltanwendung, soweit sie notwendig und auch zulässig ist, im Rahmen der Durchführung einer Abschiebung, welche Wirkung diese haben kann und die Risiken dabei völlig auszuschließen. Das ist der Punkt, und davon lasse ich mich auch gar nicht abbringen. Zu dem Vorschlag der Pilotenvereinigung sage ich Ihnen: Abschiebungen per Charter finden ja auch statt. Es ist aber so, daß wir mitunter nur einen Abzuschiebenden haben, und dafür können wir nicht ein ganzes Flugzeug chartern. Das ist dann schon ein bißchen schwierig.
Durak: Wir sind sehr gespannt, Herr Schily, was in Dresden heute und morgen herauskommt, und wir werden hier im Deutschlandfunk selbstverständlich darüber berichten. - Das war Bundesinnenminister Otto Schily. Herzlichen Dank für das Gespräch.
Durak: Die Nachrichten dieser Nacht lassen auf endgültigen Frieden hoffen. Sie auch?
Schily: Ja, ich bin sehr zuversichtlich, daß es jetzt nach großen Mühen gelingt, zu einer politischen Lösung zu kommen.
Durak: Sie halten es für illusionär und wirklichkeitsfremd - das haben Sie vor dieser nächtlichen Einigung gesagt -, die Flüchtlinge so rasch wie möglich zurückzuschicken. Einige Ihrer deutschen Länderkollegen sind da anderer Meinung. Sobald Frieden ist, muß die Rückkehr beginnen; sonst hätten wir die Kosovo-Albaner ähnlich lange wie die Bosnier im Land. Wäre das so ausgeschlossen?
Schily: Nein, aber man muß sich auf die reale Situation einstellen. Frau Ogata, die UNO-Flüchtlingskommissarin, hat mit Recht darauf hingewiesen: wir wissen gar nicht, wie die Situation im Kosovo aussieht. Daß sie schrecklich aussieht, glaube ich, das muß man unterstellen. Wir wissen beispielsweise nicht, wie viele Mienen noch dort verlegt sind, wie viele Sprengfallen es gibt. Deshalb hat Frau Ogata vollkommen Recht, wenn sie sagt, die Rückkehr der Flüchtlinge muß so zügig wie möglich, aber auch geordnet stattfinden. Die Menschen können ja dort nicht im Freien kampieren, sondern sie müssen winterfeste Quartiere haben. Wir müssen schauen, wie viele Gebäude überhaupt tauglich sind zur Unterbringung der Flüchtlinge dort. Es sind ja zahlreiche Flüchtlinge in den Nachbargebieten, in Albanien und in Mazedonien untergebracht in Zeltstädten. Die werden zuerst zurückkehren müssen, weil wir sonst dafür sorgen müssen, wie wir diese Menschen in winterfesten Quartieren haben können. Deshalb wird es eine Weile dauern, es wird einige Monate dauern, bis wir mit der Rückführung der Flüchtlinge beginnen können, die nach Deutschland und nach Westeuropa evakuiert worden sind.
Durak: Das ganze, Herr Schily, muß ja auch koordiniert werden. Sonst beginnt ja ein Chaos, ein heilloses Durcheinander. Aus allen Ecken, von allen Grenzen her würden Flüchtlinge in das zerstörte Kosovo zurückströmen. Wie sollte das von wem koordiniert werden?
Schily: Das wird wahrscheinlich die Aufgabe des UNHCR sein, also des UNO-Flüchtlingskommissars, aber darüber werden sicherlich die Beteiligten noch einmal nachdenken müssen, ob man bei der G-8 eine Koordination ansiedelt, bei der EU oder wo immer. Wahrscheinlich bietet sich aber zu allererst der UNHCR dafür an.
Durak: Das Prinzip "Hilfe zur Selbsthilfe" wurde im Fall Bosnien erschwert durch bürokratisches und wirklichkeitsfernes Handeln. Damals haben wir darüber berichtet. Wie soll das jetzt verhindert werden?
Schily: Wir werden uns vielleicht auch entschließen müssen, was Deutschland angeht. Ähnlich wie wir in Bosnien einen Bosnien-Beauftragten hatten, so werden wir jetzt vielleicht einen Kosovo-Beauftragten brauchen. Der Bosnien-Beauftragte hat in erster Linie die Aufgabe gehabt, für eine geordnete Rückkehr der Flüchtlinge zu sorgen. Gegenwärtig ist das Hans Koschnick, der seine Aufgabe hervorragend meistert. Jetzt allerdings ist natürlich die Rückführung unter dem Blickwinkel der Ereignisse im Kosovo ins Stocken geraten. Dafür wird ja jeder Verständnis haben. Ich glaube, daß man die Frage stellen muß, wie werden wir diese zivile Organisation auch im Kosovo aufbauen. Es ist ja nicht nur notwendig, daß dort eine robuste militärische Präsenz vorhanden ist, sondern es muß ja auch sehr mühevoll wieder eine zivile Administration aufgebaut werden, insbbesondere auch mit einer polizeilichen Komponente. Deutschland wird sich sicher an einem solchen Administrationsaufbau beteiligen, vielleicht auch mit einer polizeilichen Komponente.
Durak: Der bayerische Ministerpräsident hat erneut zu einer gerechteren Lastenverteilung aufgerufen. Er tut das ja immer mal wieder, auch jetzt wieder. Deutschland se solidarisch - das hat er versichert -, aber es muß gerecht zugehen. Wie finden Sie solche Bemerkungen zum jetzigen Zeitpunkt?
Schily: Ich weiß nicht, was diese Bemerkung überhaupt noch für einen Sinn machen soll. Ich will nur darauf hinweisen: Wenn man schon dauernd diese Forderung erhebt, dann kann ich nur sagen, bei der früheren Bundesregierung sind über 320 000 Bosnier nach Deutschland gekommen, so gut wie überhaupt keine Flüchtlinge in andere europäische Länder. Bei der jetzigen Bundesregierung ist es gelungen, daß wir 15 000 Flüchtlinge aufgenommen haben, aber sehr viel mehr nach Westeuropa in andere Länder gelangt sind. Ich denke, Herr Stoiber hätte Grund, die gegenwärtige Bundesregierung zu loben. Das ist natürlich auch nicht von alleine gegangen, wie das jetzt stattgefunden hat, sondern dazu haben eine Konferenz in Luxemburg am 07. April beigetragen und viele Einzelgespräche, die ich mit den EU-Innenministerkollegen geführt habe. Im übrigen muß man die Zahlen richtig werten. Wenn Sie zum Beispiel Österreich anschauen, hat Österreich etwa 5 000 Flüchtlinge aufgenommen. Wenn Sie die Bevölkerungszahl von Bayern mit der in Österreich vergleichen, Bayern hat mehr Einwohner als Österreich, dann hat im Vergleich zu Österreich Bayern sehr viel weniger Flüchtlinge aufgenommen, wenn man jetzt die aktuelle Situation dabei betrachtet.
Durak: Herr Schily, bei der Innenministerkonferenz heute und morgen in Dresden, an der Sie ja teilnehmen werden, wird es auch um ein anderes Thema gehen, und darauf kommen wir jetzt. Es geht um den von Ihnen verhängten Stopp von Abschiebungen, wie es heißt, widerstandsbereiter Ausländer durch Beamte des BGS. Bayern und Hessen wollen Sie drängen, diesen Stopp aufzuheben. Es heißt, man bestrafe diejenigen, die sich in die Abschiebung fügten. Nun hat die Pilotenvereinigung "Cockpit", das war heute zu lesen, einen Vorschlag. Vielleicht kennen Sie den ja auch schon: Staatliche Flüge für Abschiebehäftlinge, die sich gegen eine solche Heimreise wehren. Regierungen sollten Flugzeuge chartern oder Militärmaschinen zur Verfügung stellen. Auch der Weltpilotenverband fordert dies. Ist das ein aus Ihrer Sicht bedenkenswerter Vorschlag?
Schily: Zunächst muß ich sagen, ich habe keinen Abschiebestopp verhängt, sondern ich habe nur den Vollzug von Abschiebungen, bei denen Gewalt zur Durchsetzung der Abschiebung angewendet werden muß, ausgesetzt. Das dient dazu, daß zu 100 Prozent gewährleistet sein muß, daß keine Lebensgefahr für denjenigen besteht, der mit Gewalt abgeschoben werden muß.
Durak: Lebensgefahr wo?
Schily: Bei der Abschiebung. Dieser bedauernswerte Todesfall eines sudanesischen Staatsangehörigen wird Ihnen ja bekannt sein.
Durak: Sollte dieser Ausschluß der Lebensgefahr nicht von vornherein gegeben sein?
Schily: Ja, natürlich, aber ich bin bisher auch davon ausgegangen, daß ein solcher hundertprozentiger Ausschluß bestand. Leider haben wir jetzt einen Fall zu verzeichnen, der so aussieht, wie wir es kennen. Natürlich bin ich davon ausgegangen, daß bei uns so etwas nicht passieren kann. Ich habe allerdings vorsorglich nach dem Ereignis in Österreich - dort hat es ja auch einen solchen Todesfall gegeben - schon eine Überprüfung der Abschiebemaßnahmen angeordnet. Es wurde mir dann aber in dem Zwischenbericht erklärt, die Maßnahmen, die bei der österreichischen Abschiebemethode angewendet werden, werden bei uns nicht angewendet. Dort ging es ja darum, daß man Klebeband über den Mund klebt. Dazu wurde mir gesagt, nein, hier bei uns findet so etwas nicht statt. Ich halte es eines Rechtsstaates unwürdig, daß man eine solche Lebensgefahr in kauf nimmt.
Durak: Wie wollen Sie das denn vorher erkennen?
Schily: Man muß noch einmal alle Direktiven durchgehen. Man muß auch Ärzte zu Rate ziehen, und man muß natürlich auch das Ergebnis der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in diesem Fall kennen.
Durak: Und mit den BGS-Beamten reden, sie anders instruieren?
Schily: Das sind ja nun Ihre Vorschläge, Frau Durak. Ich glaube nicht, daß es auf bloßes Zureden oder ähnliches ankommt, sondern es kommt natürlich auch darauf an, wie diese Beamten ausgebildet sind und nach welchen Anweisungen sie handeln. Das ist sicherlich auch ein Punkt. Das heißt aber nicht, daß irgend Jemand belohnt wird, der Gewalt anwendet oder ähnliches, sondern es geht nur darum, daß die Gewaltanwendung, soweit sie notwendig und auch zulässig ist, im Rahmen der Durchführung einer Abschiebung, welche Wirkung diese haben kann und die Risiken dabei völlig auszuschließen. Das ist der Punkt, und davon lasse ich mich auch gar nicht abbringen. Zu dem Vorschlag der Pilotenvereinigung sage ich Ihnen: Abschiebungen per Charter finden ja auch statt. Es ist aber so, daß wir mitunter nur einen Abzuschiebenden haben, und dafür können wir nicht ein ganzes Flugzeug chartern. Das ist dann schon ein bißchen schwierig.
Durak: Wir sind sehr gespannt, Herr Schily, was in Dresden heute und morgen herauskommt, und wir werden hier im Deutschlandfunk selbstverständlich darüber berichten. - Das war Bundesinnenminister Otto Schily. Herzlichen Dank für das Gespräch.