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Rückführungsabkommen mit Spanien
Mayer (CSU): "Der Bundesinnenminister hat geliefert"

CSU-Politiker Stephan Mayer sieht in dem Rückführungsabkommen mit Spanien einen wichtigen politischen Erfolg - unabhängig von der konkreten Anzahl der davon betroffenen Personen. Die Vereinbarung müsse eher im Gesamtzusammenhang gesehen werden mit weiteren Abkommen, die folgen könnten - etwa mit Griechenland und Italien, sagte er im Dlf.

Stephan Mayer im Gespräch mit Christoph Heinemann |
    Stephan Mayer (CSU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, spricht während eines parlamentarischen Abend des Deutschen Behindertensportverbandes zu den Gästen.
    Stephan Mayer (CSU) bewertet das Rückführungsabkommen mit Spanien als Erfolg für den Innenminister (picture alliance / dpa / Gregor Fischer)
    Christoph Heinemann: Die Bundesregierung hat mit der spanischen Führung eine Vereinbarung über die Rückführung dort registrierter Asylbewerber geschlossen. Es geht um Menschen, die an der deutschen Grenze aufgegriffen werden, die aber schon einen Asylantrag in Spanien gestellt haben. Sie sollen künftig binnen 48 Stunden dorthin zurückgeschickt werden. Spanien hat Italien mittlerweile als europäisches Hauptankunftsland für Migranten aus Afrika abgelöst. Angela Merkel will ihren Amtskollegen Pedro Sánchez an diesem Wochenende besuchen.
    Das Thema hatte die Innenpolitik wochenlang beschäftigt, man könnte auch sagen lahmgelegt, denn auf die Verhandlungen mit anderen EU-Staaten hatten sich CDU und CSU erst nach langem Streit geeinigt, am Ende auch mit Zustimmung des Koalitionspartners SPD. Ähnliche Gespräche mit Griechenland und Italien laufen noch. Am Telefon ist Stephan Mayer, CSU, Staatssekretär im Bundesinnenministerium. Guten Morgen!
    Stephan Mayer: Guten Morgen, Herr Heinemann, hallo!
    Heinemann: Herr Mayer, ist diese Regelung ein typischer Seehofer?
    Mayer: Ganz im Gegenteil, es hat auch überhaupt nichts mit Symbolpolitik zu tun, sondern das ist ein wichtiger politischer Erfolg und vor allem auch ein politischer Erfolg des Bundesinnenministers. Der Bundesinnenminister hat geliefert mit diesem ersten Abkommen – es gibt ja noch weitere Verhandlungen mit Griechenland und mit Italien.
    Dieses Abkommen mit Spanien ist ja im Gesamtzusammenhang zu sehen mit weiteren Abkommen, die insgesamt verhindern sollen, dass die Binnenmigration innerhalb der Europäischen Union weiter so sich fortsetzt wie in der Vergangenheit. Und vor dem Hintergrund ist dies aus meiner Sicht alles andere als Symbolpolitik, sondern es geht hier darum, dass wir effektiv die Binnenmigration innerhalb der Europäischen Union bekämpfen.
    "Verhandlungen mit Griechenland und Italien laufen konstruktiv"
    Heinemann: Muss man CSU-Mitglied sein, um darin einen Erfolg erkennen zu können?
    Mayer: Das hat nichts mit der Mitgliedschaft in irgendeiner Partei zu tun, sondern das war das Ergebnis des EU-Rates von Ende Juni. Die Bundeskanzlerin hat diese Zusagen aus Brüssel mitgebracht, und der Bundesinnenminister hat den Auftrag bekommen, diese Abkommen zu verhandeln, und das erste Abkommen ist jetzt unter Dach und Fach. Deswegen hat dies überhaupt nichts damit zu tun, dass jetzt dieses von der CSU nur positiv gesehen wird, sondern der CSU-Bundesinnenminister hat geliefert und hat das erste Abkommen erfolgreich unter Dach und Fach gebracht, und die Verhandlungen mit Griechenland und mit Italien laufen ihrerseits sehr konstruktiv und sehr intensiv weiter. Ich bin der Auffassung, dass sich dieses objektiv durchaus sehr positiv darstellt.
    Heinemann: Herr Mayer, Sie haben die Einschränkungen eben gehört, die Theo Geers aufgelistet hat von eins bis sechs. Für viele Personen wird diese Regelung gelten?
    Mayer: Das wird man sehen. Wir erleben ja derzeit auch, dass sich die Migrationsrouten innerhalb der Europäischen Union verändern, dass Spanien durchaus wesentlich stärker jetzt auch benutzt wird als Ankunftsland in der Europäischen Union. Die zentralmediterrane Route hat deutlich an Bedeutung verloren. Es sind allein in dem ersten Halbjahr dieses Jahres ungefähr 70 Prozent weniger Flüchtlinge aus Libyen nach Italien gekommen, im Gegensatz dazu aber deutlich mehr, ungefähr 80 Prozent Flüchtlinge mehr, nach Spanien, sodass durchaus zu erwarten ist, dass die Anzahl derer zunehmen wird, die erstmals dann in Spanien registriert werden und auch dann natürlich in der Folge in Spanien einen Asylantrag stellen.
    Heinemann: Was passiert denn mit Migranten, die das eben nicht tun, die in Spanien keinen Asylantrag stellen und sich zum Beispiel über Frankreich oder andere Länder nach Deutschland durchschlagen? Die sind doch davon überhaupt nicht betroffen.
    Mayer: Die sind von diesem Abkommen nicht betroffen, aber das war auch jetzt nicht Gesprächsgrundlage.
    Heinemann: Ja, glauben Sie denn nicht, dass sich das nicht rumspricht?
    Mayer: Die Spanier sind sehr akkurat im Registrieren der Flüchtlinge, und wenn Flüchtlinge dann entsprechend auch einen Asylantrag stellen, dann werden sie eben von diesem Abkommen auch mit betroffen.
    Heinemann: Und wenn nicht?
    Mayer: Ja, Sie verlangen jetzt Dinge, die überhaupt nicht Gegenstand der Verhandlungen waren. Es stand ja nie zur Disposition, dass auch Personen mit von diesem Abkommen umfasst werden sollten, die, in Anführungszeichen, "nur registriert" wurden im jeweiligen EU-Land, aber keinen Asylantrag gestellt haben.
    Heinemann: Aber das ist doch möglicherweise der wesentlich größere Teil.
    Mayer: Das ist mit Sicherheit der wesentlich größere Teil, das ist schon richtig, aber der Auftrag an den Bundesinnenminister war, mit Ländern Abkommen abzuschließen, die vorsehen, dass wir in einem verkürzten Verfahren von nur 48 Stunden Personen unmittelbar in das jeweilige EU-Land zurückführen können, in dem bereits ein Asylantrag gestellt wurde. Sie verlangen jetzt oder interpretieren jetzt Erwartungen rein in ein Abkommen, das nie an dieses Abkommen gesetzt war.
    "Bin der Auffassung, dass dies ein wichtiger politischer Erfolg ist"
    Heinemann: Ja, aber das löst doch das Hauptproblem nicht.
    Mayer: Aber es ist auf jeden Fall ein sehr wichtiger Mosaikstein. Es wird in Zukunft möglich sein, Personen unmittelbar in das jeweilige EU-Land zurückzuführen, in dem bereits ein Asylantrag gestellt wurde, und das ist aus meiner Sicht sehr wohl ein Erfolg – unabhängig von der konkreten Anzahl der davon betroffenen Personen. Es geht darum, dass wir den Rechtsstaat an der deutschen Außengrenze durchsetzen, und ich bin der festen Überzeugung, dass der überwiegende Großteil der deutschen Bevölkerung eben kein Verständnis dafür hat, dass Personen, die schon in einem anderen EU-Land registriert wurden, einen Asylantrag gestellt haben, dort auch Schutz gewährt bekommen haben, dann für sich die persönliche Entscheidung treffen, weiterreisen zu wollen nach Deutschland und dort noch mal einen Asylantrag stellen zu wollen. Ich bin der Auffassung, dass dies ein wichtiger politischer Erfolg ist, unabhängig von der konkreten Anzahl der davon betroffenen Personen.
    Heinemann: Kann man das davon unabhängig sehen?
    Mayer: Ja, natürlich kann man das auch davon unabhängig sehen. Es geht darum, dass wir Recht und Gesetz an der deutschen Außengrenze durchführen. Es ist ja schon im Vorfeld erreicht worden vom Bundesinnenminister, dass Personen mit Wiedereinreisesperre unmittelbar an der deutschen Außengrenze zurückgewiesen werden können. Und der zweite Personenkreis ist eben der, der bereits in einem anderen EU-Land ein Asylverfahren begonnen hat, und das ist aus meiner Sicht sehr wohl ein erheblicher Fortschritt.
    Heinemann: Wobei Sie eingeräumt haben, dass das nur für sehr wenige Leute oder für einen geringen Teil der Migranten zutrifft. Soll dieses Abkommen die Blaupause für Abkommen mit Italien und Griechenland bilden?
    Mayer: Ich hab ja gesagt, dass dieses Abkommen mit Spanien im Gesamtzusammenhang zu sehen ist, ich würde jetzt nicht sagen Blaupause. Es wird dann natürlich auch individuelle Variationen geben in den Abkommen, insbesondere auch mit Griechenland und mit Spanien*, aber vom Kern her ist dies sehr wohl, ja, mustergültig jetzt auch für die weiteren Abkommen, die mit Griechenland und mit Italien verhandelt werden.
    Heinemann: Wie teuer werden diese Abkommen für deutsche Steuerzahler?
    Mayer: Dieses Abkommen mit Spanien, das war jetzt überhaupt nicht teuer für den deutschen Steuerzahler, weil wir keinerlei Zugeständnisse gegenüber Spanien machen mussten. Insoweit gehe ich davon aus, dass, wenn Sie es jetzt in finanzieller Hinsicht sehen, dass diese Abkommen keineswegs teuer für den deutschen Steuerzahler werden.
    Heinemann: Gilt auch für Rom und Athen?
    Mayer: Das wird man sehen, aber vor allem das Abkommen mit Griechenland ist schon sehr weit gediehen, und die Verhandlungen laufen mit beiden Ländern sehr konstruktiv. Ich bin da sehr zuversichtlich, dass auch mit diesen beiden wichtigen Partnerländern Griechenland und Italien sehr vernünftige Abkommen dabei rauskommen werden.
    "Migrationsrouten verändern sich gerade sehr dramatisch"
    Heinemann: Rechnen Sie damit, dass noch vor der bayrischen Landtagswahl deutlich weniger Migrantinnen und Migranten nach Deutschland gelangen werden?
    Mayer: Das ist jetzt eine sehr hypothetische Frage. Wie gesagt, die Migrationsrouten verändern sich gerade in den letzten Monaten sehr dramatisch. Ich bin der Auffassung, dass wir in den letzten Monaten viel erreicht haben, auch mit richtigen Maßnahmen, und dass vor allem auch der Druck, der nicht zuletzt auch von der CSU ausgeübt wurde, mit dazu beigetragen hat, dass sich in der Europäischen Union einiges verändert hat, vielleicht sogar schneller und mehr verändert hat als in den letzten drei Jahren. Und vor dem Hintergrund glaube ich, dass wir ein deutliches Stück vorangekommen sind in dem Ziel, unseren Instrumentenkasten so zu erweitern, dass die illegale Migration nach Deutschland deutlich stärker gesteuert, kontrolliert und auch begrenzt werden kann, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Unser Ziel muss doch gemeinsam sein, es ist auch so im Koalitionsvertrag formuliert, dass sich das Jahr 2015 nicht wiederholen darf, und dafür benötigen wir auch die richtigen Instrumente. Und ich bin der Auffassung, wir sind jetzt auch mit diesem Abkommen diesem Ziel einen deutlichen Schritt entgegengekommen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
    *Anm. der Redaktion: Der Interviewpartner nennt Spanien, meint an dieser Stelle vermutlich Italien.