Die Benin-Bronzen wurden vor mehr als 120 Jahren von britischen Truppen geraubt und von London aus in Museen in aller Welt verkauft, auch nach Deutschland. Die meisten werden heute in Berlin aufbewahrt, fast 500 Objekte. Anhaltend wird darüber diskutiert, ob sie nicht zurückgegeben werden sollen - verstärkt seit das Humboldt Forum vor zwei Jahren angekündigt hatte, 200 davon im neuen Haus zeigen zu wollen. Jetzt gibt es offenbar Bewegung: Bundesaußenminister Heiko Maas sagte, die Frage einer Rückgabe sei eine Frage der Gerechtigkeit. Barbara Plankensteiner ist Direktorin des "Museum am Rothenbaum. Kulturen und Künste der Welt" in Hamburg, das auch Benin-Bronzen in seinem Bestand hat. Und sie ist Sprecherin der "Benin Dialogue Group", die seit 2008 mit nigerianischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und der Regierung in Kontakt steht.
Jörg Biesler: Kommt Bewegung in die Diskussion?
Barbara Plankensteiner: Ja und nein. Also, Bewegung in der Diskussion ist ja schon länger: manchmal etwas langsamer, manchmal ein bisschen schneller. Aber jetzt ist eben durch diese Berichterstattung des Humboldt Forums und die Berichterstattung über die Reise von Herrn Görgen, der als Vertreter des Auswärtigen Amtes in Nigeria war, ist da in den Medien ziemlich viel in Bewegung geraten.
Jörg Biesler: Sie haben ja selbst auch Benin-Bronzen im Besitz im Museum am Rothenbaum. Wäre die Rückgabe für Sie auch eine Frage der Gerechtigkeit wie für den Bundesaußenminister?
Barbara Plankensteiner: Ja, das kann ich unterschreiben.
"Ein Vorgang, der abgestimmt werden muss"
Jörg Biesler: Es gibt noch mehr Anzeichen dafür, dass Bewegung in diese Diskussion kommt. Sie haben es ja gerade gesagt, in die Diskussion muss die Bewegung nicht erst kommen, aber vielleicht sogar auch in eine Aktion, die dann der Diskussion ja irgendwann wahrscheinlich doch folgen soll. Hartmut Dorgerloh, der Generalintendant des Humboldt-Forums, hat gerade in einem Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung" gesagt, er rechne eigentlich nicht damit, dass die Bronzen bei der Eröffnung des Humboldt Forums im Herbst noch in Berlin sein werden oder überhaupt ausgestellt werden dort. Die Universität von Aberdeen in Schottland hat heute angekündigt, innerhalb von Wochen eine Bronze an Nigeria zurückzugeben. Rechnen Sie damit, dass am Jahresende Ihre Bestände in Hamburg noch komplett sein werden?
Barbara Plankensteiner: Das kann ich nicht beantworten, weil ich selbst noch nicht abschätzen kann, wie schnell solche Verhandlungen getätigt werden können in der Stadt. Es hängt ja auch nicht nur von unserer Seite ab, sondern auch von Entwicklungen in Nigeria. Das ist ja sozusagen ein partnerschaftlicher Vorgang, der abgestimmt werden muss. Und wie schnell das auf beiden Seiten geht, kann ich nicht abschätzen, weil solche Vorgänge haben jetzt zum Beispiel in Hamburg in der Form noch nicht stattgefunden. Wir müssen Entscheidungen vorbereiten, sie in die Bürgerschaft geben. Und wie lange dieser Prozess dauern wird, das kann ich nicht sagen. Es ist der Plan, dass vor Ort Bedingungen geschaffen werden, um Sammlungen aufzunehmen. Ob jetzt ganze Sammlungen dahingehen oder einzelne Objekte, das ist alles noch Verhandlungsgegenstand zwischen den beteiligten Partnern. Also, das wird sicher auch noch einige Zeit dauern, bis das umgesetzt werden kann. Auch die Universität Aberdeen hat ja nicht nur dieses einzige Stück. Das ist ganz interessant, dass die das jetzt zurückgeben. Ich weiß auch nicht, ob das so schnell geschieht. Aber die haben ja auch noch andere Sammlungsgegenstände aus Benin. Und da bin ich jetzt nicht informiert, warum sie jetzt gerade diesen Kopf zurückgeben und die anderen nicht. Und auf welchem Diskussionsstand, die da stehen.
Jörg Biesler: Das klingt aber jetzt, wenn ich Ihnen zuhöre so, als ob das alles nur eine Frage der Zeit wäre, bis die Bronzen nach Benin zurückkehren und dann womöglich dort gezeigt werden. Sie als Museumsdirektorin, Sie hätten also gar nichts dagegen, wenn Sie sagen, es ist eine Frage der Gerechtigkeit, dann heißt das auch, die Gerechtigkeit wäre sie zurückzugeben?
Barbara Plankensteiner: Ja, aus meiner Sicht schon. Wobei die Frage offen bleibt - und ich glaube, da wird Dorgerloh auch immer ein bisschen falsch verstanden, und ich glaube, diese Meldung wurde auch korrigiert -, dass es auch in Berlin Verhandlungen geben wird darüber, welche Objekte jetzt zurückgehen und welche vielleicht noch weiter in Berlin gezeigt werden können. So habe ich das eigentlich verstanden. Und auch bei uns wird es ein Gespräch diesbezüglich geben. Solche Gespräche hat es auch in unserer Benin-Dialoggruppe gegeben. Und es war immer auch das Ziel unserer nigerianischen Kollegen, dass Objekte weiterhin in Europa und in der Welt gezeigt werden, weil sie eine wichtige Geschichte erzählen. In welcher Form sie dann hierbleiben, das muss auch ausverhandelt werden. Aber es war eigentlich nie das Ziel, dass alles komplett zurückgehen soll, sondern dass man sich hier abstimmt, was wichtig ist, dass es in Nigeria ist, und was vielleicht auch in Deutschland oder wo auch immer bleiben kann.
Die Frage nach dem Besitz
Jörg Biesler: Es wäre dann am Ende die Frage, in welchem Besitz die Stücke sind - egal ob in Deutschland oder Nigeria.
Barbara Plankensteiner: Genau. Das ist sicher auch ein Thema, worüber man sprechen wird. Aber ich denke mir, man darf sich nicht sich vorstellen, dass das jetzt so von heute auf morgen passiert. Da sind Universität mit kleinen Sammlungen vielleicht auch ein bisschen schneller als ein politischer Prozess in einem Land oder in einer Stadt - das muss man sich auch vergegenwärtigen. Und es muss wirklich auch auf beiden Seiten vorbereitet werden.
Jörg Biesler: Aber dass zurückgegeben wird, scheint außer Frage zu stehen, auch für Sie?
Barbara Plankensteiner: Ich denke ja. Ich kann das ja nicht ganz alleine entscheiden und kann natürlich nicht für die Stadt Hamburg sprechen. Unser Kultursenator Brosda unterstützt das auch. Aber schlussendlich kann er nicht entscheiden. Also, ich kann das nicht so in Aussicht stellen, aber wir sind gewillt, das zu tun.
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