Georg Ehring: Wie teuer Wegschauen werden kann, das zeigt sich derzeit in Niedersachsen. Im stillgelegten Salzbergwerk Asse II wurde jahrzehntelang schwach und mittelaktiver Atommüll eingelagert, erst angeblich zu Forschungszwecken, aber es ging wohl vor allem darum, das Zeug irgendwo los zu werden. Dann wurde bekannt, dass Wasser eindringt und der Müll alles andere als sicher gelagert wird. Heute geht es im Umweltausschuss des Bundestages um ein Gesetz zur Rückholung des Atommülls. Doch ob die kommt, das ist inzwischen fraglich. – Heike Wiegel wohnt ganz in der Nähe des Salzstocks. Sie setzt sich im Koordinierungskreis Asse II für die Rückholung ein. Guten Tag, Frau Wiegel!
Heike Wiegel: Ja hallo! Guten Tag!
Ehring: Frau Wiegel, die Rückholung ist politischer Wille, aber es werden immer wieder Zweifel laut, ob sie überhaupt möglich ist. Bestehen Sie als Anwohner weiter auf der Rückholung?
Wiegel: Es ist ja so, dass das Bundesamt für Strahlenschutz einen Optionenvergleich gemacht hat, und in diesem Optionenvergleich wurden verschiedene Varianten verglichen: einmal das drin lassen des Atommülls, oder auch das Umlagern wie auch die Rückholung. Und die Rückholung ist die einzige Variante, die dabei über geblieben ist, die überhaupt Langzeitsicherheit, wenn man so was garantieren kann, aber in Häkchen garantieren könnte. Insofern haben wir natürlich gesagt, wenn die Rückholung die beste Variante ist, dann setzen wir uns auch für die Rückholung ein.
Ehring: Aber es gibt doch erhebliche Zweifel. Es werden jetzt Kammern nicht mehr dort gefunden, wo man sie mal vermutet hatte. Das ist doch unter Tage offensichtlich ein heilloses Chaos. Ist es da nicht besser, einen Deckel draufzumachen und das alles zuzulassen und ein bisschen abzusichern?
Wiegel: Dazu müssen Sie sich überlegen, was das dann für Konsequenzen hat. Einfach einen Deckel draufzumachen und wegzuschauen, das hat man jahrelang gemacht, Wegschauen. Und wer glaubt, dass man den Atommüll einfach so unter die Erde bringen kann und dann ist er schön weg und damit haben wir Sicherheit, das zeigt genau die Asse, dass das nicht funktioniert. Die Asse ist durchzogen mit ganz vielen Rissen, Wegsamkeiten, Spalten, wo das Wasser sich seinen Weg sucht, und würde man diesen Schacht heute einfach schließen, dann bedeutet das, dass in relativ kurzer Zeit dieser Atommüll nicht mehr gebunden bleibt, also in festem Zustand. Der würde sich auflösen durch diese Salzlauge, und auch da gab es vom ehemaligen Betreiber Hinweise, dass das relativ schnell vonstatten geht. Schnell heißt, in circa zehn bis hundert Jahren wäre dann nichts mehr gebunden, wenn der Atommüll mit dieser Salzlauge in Kontakt kommt. Und was das dann bedeutet? Das heißt, Sie haben dann im Bergwerk eine Suppe, einen Brei, der radioaktiv verseucht ist, und der Berg würde es langsam herauspressen, wieder zurück in unsere Umwelt.
Ehring: Das heißt, das könnte dann ins Grundwasser kommen, oder wie stellen Sie sich das vor?
Wiegel: Richtig. Genau dieses Szenario gibt es. Es gibt dazu Gutachten. Das würde direkt zurückgepresst werden, den gleichen Weg zurück, wie dieser Laugenzutrittsweg auch ist, und wir haben Kontakt zum Grundwasser. Das würde bedeuten, am Ende wäre das Grundwasser verseucht.
Ehring: Aber die Rückholung würde die Umwelt ja auch beeinträchtigen, gerade für Sie als Anwohner. Es gibt einen großen Aufwand für die Umverpackung, es müsste vielleicht ein neuer Schacht gebaut werden. Das würden Sie aber hinnehmen?
Wiegel: Es ist alles nicht schön. Was mit der Asse passiert ist, war von vornherein nicht richtig. Alle Wissenschaftler sagen, man hätte nie einlagern dürfen. Es gibt am Ende natürlich keine schöne Variante mehr, aber es gibt eine Variante, wo dann wenigstens der Atommüll entsprechend fachgerecht verpackt wird und so gelagert wird, dass er dann nicht in Lösung geht, unkontrolliert, und keiner weiß, wo und wann quasi mit einer Verseuchung zu rechnen ist.
Ehring: Wie beurteilen Sie denn jetzt die Rolle der Politik, wenn Zweifel an der Machbarkeit geäußert werden? Ist das mangelnder Wille, oder was steckt dahinter?
Wiegel: Ich habe das von der Politik so noch nicht gehört. Bisher habe ich eher gehört, dass in den politischen Kreisen der Wille zur Rückholung da ist. Dass es zwar in Fachbereichen, in einigen Bereichen andere Meinungen gibt, das ist mir wohl bekannt.
Ehring: Was erwarten Sie von der neuen Landesregierung in dieser Hinsicht?
Wiegel: Na ja, wir erwarten natürlich, dass jetzt mit dem neuen Gesetz, was jetzt hoffentlich auch so durchgeht, dass wir damit, mit der neuen Landesregierung und mit dem niedersächsischen Umweltministerium auch die Möglichkeiten, die das Gesetz gibt, in Teilgenehmigungen, in der Bearbeitung von parallelen Aufgaben, also gleichzeitigen Aufgaben, dass endlich mal überhaupt diese Planung in Auftrag gegeben wird zur Rückholung. Es macht doch keinen Sinn, heute über Machbarkeit oder Nichtmachbarkeit zu reden, wenn noch nicht mal technisch etwas geplant ist.
Ehring: Herzlichen Dank! – Das war Heike Wiegel zum Thema Asse II.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Heike Wiegel: Ja hallo! Guten Tag!
Ehring: Frau Wiegel, die Rückholung ist politischer Wille, aber es werden immer wieder Zweifel laut, ob sie überhaupt möglich ist. Bestehen Sie als Anwohner weiter auf der Rückholung?
Wiegel: Es ist ja so, dass das Bundesamt für Strahlenschutz einen Optionenvergleich gemacht hat, und in diesem Optionenvergleich wurden verschiedene Varianten verglichen: einmal das drin lassen des Atommülls, oder auch das Umlagern wie auch die Rückholung. Und die Rückholung ist die einzige Variante, die dabei über geblieben ist, die überhaupt Langzeitsicherheit, wenn man so was garantieren kann, aber in Häkchen garantieren könnte. Insofern haben wir natürlich gesagt, wenn die Rückholung die beste Variante ist, dann setzen wir uns auch für die Rückholung ein.
Ehring: Aber es gibt doch erhebliche Zweifel. Es werden jetzt Kammern nicht mehr dort gefunden, wo man sie mal vermutet hatte. Das ist doch unter Tage offensichtlich ein heilloses Chaos. Ist es da nicht besser, einen Deckel draufzumachen und das alles zuzulassen und ein bisschen abzusichern?
Wiegel: Dazu müssen Sie sich überlegen, was das dann für Konsequenzen hat. Einfach einen Deckel draufzumachen und wegzuschauen, das hat man jahrelang gemacht, Wegschauen. Und wer glaubt, dass man den Atommüll einfach so unter die Erde bringen kann und dann ist er schön weg und damit haben wir Sicherheit, das zeigt genau die Asse, dass das nicht funktioniert. Die Asse ist durchzogen mit ganz vielen Rissen, Wegsamkeiten, Spalten, wo das Wasser sich seinen Weg sucht, und würde man diesen Schacht heute einfach schließen, dann bedeutet das, dass in relativ kurzer Zeit dieser Atommüll nicht mehr gebunden bleibt, also in festem Zustand. Der würde sich auflösen durch diese Salzlauge, und auch da gab es vom ehemaligen Betreiber Hinweise, dass das relativ schnell vonstatten geht. Schnell heißt, in circa zehn bis hundert Jahren wäre dann nichts mehr gebunden, wenn der Atommüll mit dieser Salzlauge in Kontakt kommt. Und was das dann bedeutet? Das heißt, Sie haben dann im Bergwerk eine Suppe, einen Brei, der radioaktiv verseucht ist, und der Berg würde es langsam herauspressen, wieder zurück in unsere Umwelt.
Ehring: Das heißt, das könnte dann ins Grundwasser kommen, oder wie stellen Sie sich das vor?
Wiegel: Richtig. Genau dieses Szenario gibt es. Es gibt dazu Gutachten. Das würde direkt zurückgepresst werden, den gleichen Weg zurück, wie dieser Laugenzutrittsweg auch ist, und wir haben Kontakt zum Grundwasser. Das würde bedeuten, am Ende wäre das Grundwasser verseucht.
Ehring: Aber die Rückholung würde die Umwelt ja auch beeinträchtigen, gerade für Sie als Anwohner. Es gibt einen großen Aufwand für die Umverpackung, es müsste vielleicht ein neuer Schacht gebaut werden. Das würden Sie aber hinnehmen?
Wiegel: Es ist alles nicht schön. Was mit der Asse passiert ist, war von vornherein nicht richtig. Alle Wissenschaftler sagen, man hätte nie einlagern dürfen. Es gibt am Ende natürlich keine schöne Variante mehr, aber es gibt eine Variante, wo dann wenigstens der Atommüll entsprechend fachgerecht verpackt wird und so gelagert wird, dass er dann nicht in Lösung geht, unkontrolliert, und keiner weiß, wo und wann quasi mit einer Verseuchung zu rechnen ist.
Ehring: Wie beurteilen Sie denn jetzt die Rolle der Politik, wenn Zweifel an der Machbarkeit geäußert werden? Ist das mangelnder Wille, oder was steckt dahinter?
Wiegel: Ich habe das von der Politik so noch nicht gehört. Bisher habe ich eher gehört, dass in den politischen Kreisen der Wille zur Rückholung da ist. Dass es zwar in Fachbereichen, in einigen Bereichen andere Meinungen gibt, das ist mir wohl bekannt.
Ehring: Was erwarten Sie von der neuen Landesregierung in dieser Hinsicht?
Wiegel: Na ja, wir erwarten natürlich, dass jetzt mit dem neuen Gesetz, was jetzt hoffentlich auch so durchgeht, dass wir damit, mit der neuen Landesregierung und mit dem niedersächsischen Umweltministerium auch die Möglichkeiten, die das Gesetz gibt, in Teilgenehmigungen, in der Bearbeitung von parallelen Aufgaben, also gleichzeitigen Aufgaben, dass endlich mal überhaupt diese Planung in Auftrag gegeben wird zur Rückholung. Es macht doch keinen Sinn, heute über Machbarkeit oder Nichtmachbarkeit zu reden, wenn noch nicht mal technisch etwas geplant ist.
Ehring: Herzlichen Dank! – Das war Heike Wiegel zum Thema Asse II.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.