Fernsehnachrichten der BBC. Die Briten erinnern an eines ihrer Idole: Ludwig Guttmann. Ende Juni enthüllen Ärzte in einem Krankenhaus in Buckinghamshire, nordwestlich von London, eine Bronzestatur des deutschen Neurologen. Dutzende Gäste applaudieren, einige haben Tränen in den Augen. Guttmann, Sohn eines jüdischen Gastwirts, hatte während der Reichskristallnacht sechzig Juden Zuflucht in seiner Klinik in Breslau geboten. 1939, als die Lage für ihn unerträglich wurde, ging er nach England, mit seiner Frau, zwei Kindern und vierzig Mark in der Tasche. In der Kleinstadt Stoke Mandeville revolutionierte Guttmann die Behandlung von Querschnittsgelähmten. Sie lagen nicht mehr in der hintersten Ecke des Krankenhauses, sie erhielten eine Rundumversorgung, ihre Lebenserwartung stieg enorm.
"Er hat sehr schnell erkannt, dass körperliche Herausforderungen auch für Menschen mit Behinderung und für Kriegsversehrte wichtig sind. Das wollten ihm viele Mediziner nicht glauben, doch Ludwig Guttmann beharrte auf seinem Standpunkt. So wurde er der Vater der Paralympics."
Rickie Burman leitet das Jüdische Museum in London. Im Foyer erinnert eine Ausstellung mit bislang unveröffentlichten Fotografien an den Ursprung der Paralympics: Im Herbst 1944 war Ludwig Guttmann auf seinem Krankenhausgang auf Patienten gestoßen, die in ihren Rollstühlen übers Parkett stürmten und mit Spazierstöcken auf eine Schreibe schlugen. Guttmann spielte mit, und so wurde Rollstuhl-Polo geboren. Bald darauf trieben viele Patienten Sport: die Bewegung stärkte ihr Immunsystem, förderte ihr Selbstvertrauen. 1948 organisierte Guttmann im Park seines Krankenhauses einen Wettkampf im Bogenschießen für 16 Kriegsversehrte. Diese Spiele von Stoke Mandeville begannen im Juli 1948 am selben Tag wie die Olympischen Spiele in London.
"Es ist eine gewaltige Leistung, die Ludwig Guttmann vollbracht hat. Er hatte eine Vision, an die viele Menschen heute noch nicht glauben: Dass der Sport Menschen mit Behinderung aus aller Welt zusammenführen kann. Guttmanns Schatten ist riesig, und so möchten wir dieses Vermächtnis 2012 besonders würdigen."
Der ehemalige Schwimmer Chris Holmes ist einer der erfolgreichsten Paralymier der britischen Geschichte, nun verantwortet er im Londoner Organisationskomitee die Planungen der Paralympics. Der Vierjahresrhythmus der Weltspiele hatte 1960 in Rom begonnen. 1984 kehrten die Paralympics nach Stoke Mandeville zurück, da sich der Olympia-Gastgeber Los Angeles geweigert hatte, auch Sportler mit Behinderung zu begrüßen. 1996 hatten die Olympia-Organisatoren von Atlanta noch vor den Paralympics mit dem Abbau der Sportstätten begonnen. Seitdem habe sich viel geändert, sagt Chris Holmes.
"Es gibt bei uns keine Trennung zwischen Paralympics und Olympia, wir sind ein Organisationskomitee. Ob Transport, Technik oder Versorgung, unsere Mitarbeiter haben von Anfang an für beide Ereignisse geplant. Das gilt auch für den Bau des Olympischen Dorfes und die Sportstätten. Sie sind fast vollständig barrierefrei. Es gibt nur einen gemeinsamen Weg, diese Botschaft soll von unseren Spielen ausgehen."
Chris Holmes hat ein Büro in Canary Wharf, einem Hochhauskomplex im Osten Londons. Vor seiner Tür sitzen etwa hundert Mitarbeiter in einem Großraum. Die Paralympics stellen Rekorde auf: 2,1 von 2,5 Millionen Tickets sind verkauft, 6000 Journalisten werden berichten, alle 55 lokalen Sponsoren Olympias stützen auch die Paralympics. Der britische Fernsehsender Channel 4 wird 150 Stunden lang von den Spielen senden, auch in Deutschland berichten ARD und ZDF so lange wie nie zuvor. Doch noch bestehen Unterschiede zwischen dem britischen und deutschen Blick auf die Paralympics. Der Berliner Schwimmtrainer Matthias Ulm:
"Bei den Briten ist paralympischer Sport viel, viel höher angesiedelt als bei uns. Da sind die Förderbedingungen eins zu eins dieselben wie beim olympischen Bereich. Die Sportler sind an denselben Stützpunkten zu Hause. Die schließen einen Vertrag mit dem Verband ab, und da garantiert ihnen der Verband, dass sie nach ihrer aktiven Karriere eine Arbeitsstelle vermittelt kriegen. Und da sind wir noch Lichtjahre hinterher."
In Peking haben die Paralympics einen Wandel markiert. 2000 Busse und 120 Bahnhaltstellen wurden mit Rollstuhlzugängen versehen. Der Standard für Menschen mit Behinderung in Großbritannien ist bereits hoch, und trotzdem wurden in London Fahrstühle und Rampen gebaut. Die Briten wollen ihre olympische Volksnähe fortsetzen. Die BBC hat Sir Ludwig Guttmann ein Fernsehdrama gewidmet, eines der Olympia-Maskottchen heißt Mandeville. Guttmann starb 1980, er hatte vielen Kriegsversehrten das Leben gerettet. In London werden nun auch Kriegsveteranen teilnehmen, aus dem Irak oder Afghanistan. Für die Paralympics schließt sich ein Kreis.
"Er hat sehr schnell erkannt, dass körperliche Herausforderungen auch für Menschen mit Behinderung und für Kriegsversehrte wichtig sind. Das wollten ihm viele Mediziner nicht glauben, doch Ludwig Guttmann beharrte auf seinem Standpunkt. So wurde er der Vater der Paralympics."
Rickie Burman leitet das Jüdische Museum in London. Im Foyer erinnert eine Ausstellung mit bislang unveröffentlichten Fotografien an den Ursprung der Paralympics: Im Herbst 1944 war Ludwig Guttmann auf seinem Krankenhausgang auf Patienten gestoßen, die in ihren Rollstühlen übers Parkett stürmten und mit Spazierstöcken auf eine Schreibe schlugen. Guttmann spielte mit, und so wurde Rollstuhl-Polo geboren. Bald darauf trieben viele Patienten Sport: die Bewegung stärkte ihr Immunsystem, förderte ihr Selbstvertrauen. 1948 organisierte Guttmann im Park seines Krankenhauses einen Wettkampf im Bogenschießen für 16 Kriegsversehrte. Diese Spiele von Stoke Mandeville begannen im Juli 1948 am selben Tag wie die Olympischen Spiele in London.
"Es ist eine gewaltige Leistung, die Ludwig Guttmann vollbracht hat. Er hatte eine Vision, an die viele Menschen heute noch nicht glauben: Dass der Sport Menschen mit Behinderung aus aller Welt zusammenführen kann. Guttmanns Schatten ist riesig, und so möchten wir dieses Vermächtnis 2012 besonders würdigen."
Der ehemalige Schwimmer Chris Holmes ist einer der erfolgreichsten Paralymier der britischen Geschichte, nun verantwortet er im Londoner Organisationskomitee die Planungen der Paralympics. Der Vierjahresrhythmus der Weltspiele hatte 1960 in Rom begonnen. 1984 kehrten die Paralympics nach Stoke Mandeville zurück, da sich der Olympia-Gastgeber Los Angeles geweigert hatte, auch Sportler mit Behinderung zu begrüßen. 1996 hatten die Olympia-Organisatoren von Atlanta noch vor den Paralympics mit dem Abbau der Sportstätten begonnen. Seitdem habe sich viel geändert, sagt Chris Holmes.
"Es gibt bei uns keine Trennung zwischen Paralympics und Olympia, wir sind ein Organisationskomitee. Ob Transport, Technik oder Versorgung, unsere Mitarbeiter haben von Anfang an für beide Ereignisse geplant. Das gilt auch für den Bau des Olympischen Dorfes und die Sportstätten. Sie sind fast vollständig barrierefrei. Es gibt nur einen gemeinsamen Weg, diese Botschaft soll von unseren Spielen ausgehen."
Chris Holmes hat ein Büro in Canary Wharf, einem Hochhauskomplex im Osten Londons. Vor seiner Tür sitzen etwa hundert Mitarbeiter in einem Großraum. Die Paralympics stellen Rekorde auf: 2,1 von 2,5 Millionen Tickets sind verkauft, 6000 Journalisten werden berichten, alle 55 lokalen Sponsoren Olympias stützen auch die Paralympics. Der britische Fernsehsender Channel 4 wird 150 Stunden lang von den Spielen senden, auch in Deutschland berichten ARD und ZDF so lange wie nie zuvor. Doch noch bestehen Unterschiede zwischen dem britischen und deutschen Blick auf die Paralympics. Der Berliner Schwimmtrainer Matthias Ulm:
"Bei den Briten ist paralympischer Sport viel, viel höher angesiedelt als bei uns. Da sind die Förderbedingungen eins zu eins dieselben wie beim olympischen Bereich. Die Sportler sind an denselben Stützpunkten zu Hause. Die schließen einen Vertrag mit dem Verband ab, und da garantiert ihnen der Verband, dass sie nach ihrer aktiven Karriere eine Arbeitsstelle vermittelt kriegen. Und da sind wir noch Lichtjahre hinterher."
In Peking haben die Paralympics einen Wandel markiert. 2000 Busse und 120 Bahnhaltstellen wurden mit Rollstuhlzugängen versehen. Der Standard für Menschen mit Behinderung in Großbritannien ist bereits hoch, und trotzdem wurden in London Fahrstühle und Rampen gebaut. Die Briten wollen ihre olympische Volksnähe fortsetzen. Die BBC hat Sir Ludwig Guttmann ein Fernsehdrama gewidmet, eines der Olympia-Maskottchen heißt Mandeville. Guttmann starb 1980, er hatte vielen Kriegsversehrten das Leben gerettet. In London werden nun auch Kriegsveteranen teilnehmen, aus dem Irak oder Afghanistan. Für die Paralympics schließt sich ein Kreis.