Heinlein: Eltern kennen das Problem: Kaum ist Ferienbeginn, steht man im Dauerstau. Der Start in die schönsten Wochen des Jahres wird zur Nervenprobe auf der Autobahn. In diesem Jahr könnte alles noch viel schlimmer kommen als in der Vergangenheit: 40 Millionen Menschen unterwegs. Ende Juli starten die drei größten Bundesländer - Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen - erstmals fast zeitgleich in die langen Sommerferien, so der Beschluss der Kultusminister vor vier Jahren. Doch schon heute folgt die Rolle rückwärts. Die neue Regelung wird wieder einkassiert. Die zuständigen Kultusminister werden auf ihrer Konferenz in Rostock die Rückkehr ab 2005 zur alten Ferienordnung beschließen. Dazu begrüße ich jetzt am Telefon die nordrhein-westfälische Schulministerin Ute Schäfer, SPD. Guten Morgen.
Schäfer: Guten Morgen, Herr Heinlein.
Heinlein: Frau Schäfer, wann fahren Sie in diesem Jahr in die Sommerferien?
Schäfer: In den ersten drei Wochen, auch in der Stauzeit.
Heinlein: Glauben Sie, dass Sie am 31. Juli im Stau stehen werden auf der Autobahn?
Schäfer: Ich hoffe, dass es sich in Grenzen hält, dass sich der Verkehr auch übers Wochenende ein wenig verteilen wird.
Heinlein: Wird es denn das Chaos geben? Sind Sie da pessimistisch?
Schäfer: Ganz so pessimistisch bin ich nicht, weil ja auch entsprechend vorgewarnt wird und die Bevölkerung sich auch darauf einstellen wird. Man sucht sich ja vielleicht tatsächlich nicht die zentralen oder die gemeinsamen Abfahrpunkte. Ich hoffe, dass es nicht ganz so schlimm wird.
Heinlein: Warum wollen Sie denn dann die Ferienordnung jetzt wieder neu regeln?
Schäfer: Aus nordrhein-westfälischer Sicht hat sich auch ergeben, dass der Termin der Herbstferien zu nah an den Sommerferien lag. Die Ursprungsidee war, eine verlässliche Planung bei der Terminierung zu bekommen. Das ist seinerzeit sicherlich auch ein Anlass gewesen, diesen festen Termin zu wählen. Das hat sich aber in der Dichtigkeit der Ferien beieinander nicht bewährt. Deswegen haben wir gesagt, wenn wir es erkennen - und andere Länder haben es auch erkannt - müssen wir es einfach ändern und im Sinne aller besser machen.
Heinlein: Nicht bewährt, sagen Sie. Man hat es doch aber noch gar nicht ausprobiert. In diesem Jahr tritt die neue Ferienregelung das erste Mal in Kraft.
Schäfer: Das ist richtig. Ich kann aber nur sagen, wir haben in Nordrhein-Westfalen in Zusammenarbeit mit Peer Steinbrück mit Niedersachsen noch einmal gemeinsam eine Initiative unternommen, um hier auf ein anderes Verfahren, eine andere Regelung zu kommen. Ich glaube, was die Kultusministerkonferenz jetzt beschließen wird, ist für alle Beteiligten besser. Ich darf vielleicht an der Stelle noch darauf aufmerksam machen: Der Kritikpunkt ist richtig, dass drei große Bundesländer gleichzeitig in die Ferien starten. Was aber damals nicht bedacht worden ist, ist, dass die anderen Länder keine verbindlichen Zeiträume bekommen haben, um ihre Anfangstermine der Ferien zu legen. Das heißt, die anderen Länder sind nicht sehr weit nach vorne gerückt. Das hat zusätzlich noch Probleme bereitet. Niemand hat in entsprechendem Maße den Juni genutzt. Der Zeitraum, den wir für die Ausnutzung der Sommerferienzeit hatten, betrug letztlich nur 75 Tage. Üblicherweise sollten es an die 90 Tage sein, um das auch richtig über den ganzen Sommer zu strecken. Das hat nicht geklappt.
Heinlein: Warum hat man diese Probleme nicht absehen können? Vor vier Jahren wollte ja unter anderem Nordrhein-Westfalen diese neue Regelung.
Schäfer: Das dürfen Sie mich nicht fragen. Ich war seinerzeit nicht an der Beschlusslage beteiligt. Richtig ist - worauf ich eben schon hingewiesen habe - dass dadurch, dass andere Länder nicht weit genug nach vorne gerückt sind, der Zeitraum, der genutzt wurde, zu gering war. Das ist auch zusätzlich ein Problem gewesen. Deshalb sind jetzt alle Länder der Meinung, dass man das noch einmal ändern muss.
Heinlein: Der Beschluss vor vier Jahren war also ein Fehler?
Schäfer: Ich würde es aus heutiger Sicht vielleicht so sagen. Wenn Sie aber mit Menschen sprechen und fragen, wann der richtige Ferientermin ist - damit habe ich reichlich Erfahrung - werden Sie feststellen, dass es unglaublich unterschiedliche Meinungen gibt. Worauf wir achten müssen aus meiner Sicht, aus Sicht des Schulministeriums, ist, dass es auch einen pädagogischen Aspekt gibt, den man bei den Ferien berücksichtigen muss. Für mich ist einfach wichtig: Wenn wir jetzt zum roulierenden System zurückkehren, haben wir die Chance, die Sommer- und Herbstferien etwas zu entzerren, dass sie also nicht zu dicht aufeinander folgen. Wir haben noch eine Chance, und wir werden sie nutzen: Die Halbjahre sollen relativ gleich lang sein. Wenn wir jetzt mit den Ferien früh nach vorne rücken - was wir auch in dem roulierenden System irgendwann tun werden - werden wir den Termin für die Halbjahreszeugnisse so verlegen, dass wir tatsächlich eine annähernde Gleichwertigkeit der beiden Halbjahre bekommen.
Heinlein: Wenn es ein Fehler war, Frau Schäfer, warum haben die Kultusminister jetzt nicht den Mut, diesen Fehler sofort zu korrigieren, sondern man wartet noch zwei Jahre?
Schäfer: Das ist eine Frage der Planung, die die Menschen ja jetzt auch schon tun. Das können Sie sicher nachvollziehen: Menschen - zumindest einige - planen ihren Urlaub eher frühzeitig, machen auch schon Buchungen und legen sich fest. Wenn man also lange Reisen vorhat ins Ausland oder in andere Kontinente, macht man das nicht von heute auf morgen. Auch die Branchen haben sich entsprechend auf diese Termine eingestellt, so dass man auch da einen zeitlichen Vorlauf braucht. Wir konnten also auf keinen Fall schon im nächsten Jahr reagieren. Das wäre zu früh gewesen. Das wäre auch unverantwortlich gewesen. Das muss man dann schon mit Vorlauf machen.
Heinlein: Nordrhein-Westfalen kehrt also wahrscheinlich zurück zum roulierenden Ferienbeginn. Bayern und Baden-Württemberg bleiben bei ihrer Sonderregelung: Sie beginnen später mit ihren Ferien. Warum diese Extrawurst für den Süden?
Schäfer: Das sind natürlich die Länder, durch die man fährt, beziehungsweise durch die ein Teil der Urlaubssuchenden fährt. Aber auch Bayern und Baden-Württemberg haben gesagt, sie sind bereit, noch ein bisschen weiter nach hinten zu rücken, damit dieser 90-Tage-Zeitraum, von dem ich sprach, auch richtig zur Ausnutzung kommen kann. Jeder hat da also ein bisschen nachgegeben. Ich glaube, wir haben eine gute Lösung gefunden.
Heinlein: Warum werden denn die Sommerferien nicht für alle Bundesländer entzerrt auf volle drei Monate mit einem sehr flexiblen Ferienbeginn? Diese Forderung gibt es ja von unterschiedlicher Seite.
Schäfer: Wir kommen ja jetzt annähernd schon wieder an die 90 Tage ran. Durch die neue Regelung schaffen wir das. Aber ich sage für Nordrhein-Westfalen auch, würden wir uns dagegen verwahren, wenn man uns vorschlagen würde, die Sommerferien quasi schon Fronleichnam beginnen zu lassen. Auch das wäre dann irgendwann mal nötig, dass man so frühzeitig nach vorne rückt. Ganz so früh kann es dann auch nicht sein, so dass wir irgendwann Mitte bis 20. Juni starten werden. Ganz weit nach vorne kann man natürlich auch nicht gehen. Das wird dann auch mit den Feiertagen absurd. In der Zeit davor hat man ja auch viele Feiertage, Brückentage. Was die Einheiten angeht, die ein Schuljahr hat, muss das alles ein bisschen zueinander passen.
Heinlein: Warum macht man es nicht einmal ganz unkonventionell und sagt etwa kürzere Sommerferien in einem Jahr und dafür längere Herbstferien? Das hätte den Vorteil, dass Familien etwa in der Hochsaison nicht diese Preise zahlen müssten.
Schäfer: Ich sage Ihnen einfach mal: Wenn Nordrhein-Westfalen Urlaub hat, haben wir immer Hochsaison. Gucken Sie mal in die Kataloge. Da können wir als größtes Bundesland in Deutschland nie in die Chance kommen, vielleicht im Juni mal. Das ist aber die einzige Möglichkeit, von der ich aus meiner Erfahrung heraus weiß. Die Tourismusbranche guckt schon ganz genau, wann die Ferienzeiträume für Nordrhein-Westfalen sind. Danach richten sie ihre Katalogpreise aus.
Heinlein: Die NRW-Schulministerin Ute Schäfer heute Morgen hier im Deutschlandfunk. Ich danke für das Gespräch und auf Wiederhören nach Düsseldorf.
Schäfer: Bitte. Tschüss.
Link: Interview als RealAudio
Schäfer: Guten Morgen, Herr Heinlein.
Heinlein: Frau Schäfer, wann fahren Sie in diesem Jahr in die Sommerferien?
Schäfer: In den ersten drei Wochen, auch in der Stauzeit.
Heinlein: Glauben Sie, dass Sie am 31. Juli im Stau stehen werden auf der Autobahn?
Schäfer: Ich hoffe, dass es sich in Grenzen hält, dass sich der Verkehr auch übers Wochenende ein wenig verteilen wird.
Heinlein: Wird es denn das Chaos geben? Sind Sie da pessimistisch?
Schäfer: Ganz so pessimistisch bin ich nicht, weil ja auch entsprechend vorgewarnt wird und die Bevölkerung sich auch darauf einstellen wird. Man sucht sich ja vielleicht tatsächlich nicht die zentralen oder die gemeinsamen Abfahrpunkte. Ich hoffe, dass es nicht ganz so schlimm wird.
Heinlein: Warum wollen Sie denn dann die Ferienordnung jetzt wieder neu regeln?
Schäfer: Aus nordrhein-westfälischer Sicht hat sich auch ergeben, dass der Termin der Herbstferien zu nah an den Sommerferien lag. Die Ursprungsidee war, eine verlässliche Planung bei der Terminierung zu bekommen. Das ist seinerzeit sicherlich auch ein Anlass gewesen, diesen festen Termin zu wählen. Das hat sich aber in der Dichtigkeit der Ferien beieinander nicht bewährt. Deswegen haben wir gesagt, wenn wir es erkennen - und andere Länder haben es auch erkannt - müssen wir es einfach ändern und im Sinne aller besser machen.
Heinlein: Nicht bewährt, sagen Sie. Man hat es doch aber noch gar nicht ausprobiert. In diesem Jahr tritt die neue Ferienregelung das erste Mal in Kraft.
Schäfer: Das ist richtig. Ich kann aber nur sagen, wir haben in Nordrhein-Westfalen in Zusammenarbeit mit Peer Steinbrück mit Niedersachsen noch einmal gemeinsam eine Initiative unternommen, um hier auf ein anderes Verfahren, eine andere Regelung zu kommen. Ich glaube, was die Kultusministerkonferenz jetzt beschließen wird, ist für alle Beteiligten besser. Ich darf vielleicht an der Stelle noch darauf aufmerksam machen: Der Kritikpunkt ist richtig, dass drei große Bundesländer gleichzeitig in die Ferien starten. Was aber damals nicht bedacht worden ist, ist, dass die anderen Länder keine verbindlichen Zeiträume bekommen haben, um ihre Anfangstermine der Ferien zu legen. Das heißt, die anderen Länder sind nicht sehr weit nach vorne gerückt. Das hat zusätzlich noch Probleme bereitet. Niemand hat in entsprechendem Maße den Juni genutzt. Der Zeitraum, den wir für die Ausnutzung der Sommerferienzeit hatten, betrug letztlich nur 75 Tage. Üblicherweise sollten es an die 90 Tage sein, um das auch richtig über den ganzen Sommer zu strecken. Das hat nicht geklappt.
Heinlein: Warum hat man diese Probleme nicht absehen können? Vor vier Jahren wollte ja unter anderem Nordrhein-Westfalen diese neue Regelung.
Schäfer: Das dürfen Sie mich nicht fragen. Ich war seinerzeit nicht an der Beschlusslage beteiligt. Richtig ist - worauf ich eben schon hingewiesen habe - dass dadurch, dass andere Länder nicht weit genug nach vorne gerückt sind, der Zeitraum, der genutzt wurde, zu gering war. Das ist auch zusätzlich ein Problem gewesen. Deshalb sind jetzt alle Länder der Meinung, dass man das noch einmal ändern muss.
Heinlein: Der Beschluss vor vier Jahren war also ein Fehler?
Schäfer: Ich würde es aus heutiger Sicht vielleicht so sagen. Wenn Sie aber mit Menschen sprechen und fragen, wann der richtige Ferientermin ist - damit habe ich reichlich Erfahrung - werden Sie feststellen, dass es unglaublich unterschiedliche Meinungen gibt. Worauf wir achten müssen aus meiner Sicht, aus Sicht des Schulministeriums, ist, dass es auch einen pädagogischen Aspekt gibt, den man bei den Ferien berücksichtigen muss. Für mich ist einfach wichtig: Wenn wir jetzt zum roulierenden System zurückkehren, haben wir die Chance, die Sommer- und Herbstferien etwas zu entzerren, dass sie also nicht zu dicht aufeinander folgen. Wir haben noch eine Chance, und wir werden sie nutzen: Die Halbjahre sollen relativ gleich lang sein. Wenn wir jetzt mit den Ferien früh nach vorne rücken - was wir auch in dem roulierenden System irgendwann tun werden - werden wir den Termin für die Halbjahreszeugnisse so verlegen, dass wir tatsächlich eine annähernde Gleichwertigkeit der beiden Halbjahre bekommen.
Heinlein: Wenn es ein Fehler war, Frau Schäfer, warum haben die Kultusminister jetzt nicht den Mut, diesen Fehler sofort zu korrigieren, sondern man wartet noch zwei Jahre?
Schäfer: Das ist eine Frage der Planung, die die Menschen ja jetzt auch schon tun. Das können Sie sicher nachvollziehen: Menschen - zumindest einige - planen ihren Urlaub eher frühzeitig, machen auch schon Buchungen und legen sich fest. Wenn man also lange Reisen vorhat ins Ausland oder in andere Kontinente, macht man das nicht von heute auf morgen. Auch die Branchen haben sich entsprechend auf diese Termine eingestellt, so dass man auch da einen zeitlichen Vorlauf braucht. Wir konnten also auf keinen Fall schon im nächsten Jahr reagieren. Das wäre zu früh gewesen. Das wäre auch unverantwortlich gewesen. Das muss man dann schon mit Vorlauf machen.
Heinlein: Nordrhein-Westfalen kehrt also wahrscheinlich zurück zum roulierenden Ferienbeginn. Bayern und Baden-Württemberg bleiben bei ihrer Sonderregelung: Sie beginnen später mit ihren Ferien. Warum diese Extrawurst für den Süden?
Schäfer: Das sind natürlich die Länder, durch die man fährt, beziehungsweise durch die ein Teil der Urlaubssuchenden fährt. Aber auch Bayern und Baden-Württemberg haben gesagt, sie sind bereit, noch ein bisschen weiter nach hinten zu rücken, damit dieser 90-Tage-Zeitraum, von dem ich sprach, auch richtig zur Ausnutzung kommen kann. Jeder hat da also ein bisschen nachgegeben. Ich glaube, wir haben eine gute Lösung gefunden.
Heinlein: Warum werden denn die Sommerferien nicht für alle Bundesländer entzerrt auf volle drei Monate mit einem sehr flexiblen Ferienbeginn? Diese Forderung gibt es ja von unterschiedlicher Seite.
Schäfer: Wir kommen ja jetzt annähernd schon wieder an die 90 Tage ran. Durch die neue Regelung schaffen wir das. Aber ich sage für Nordrhein-Westfalen auch, würden wir uns dagegen verwahren, wenn man uns vorschlagen würde, die Sommerferien quasi schon Fronleichnam beginnen zu lassen. Auch das wäre dann irgendwann mal nötig, dass man so frühzeitig nach vorne rückt. Ganz so früh kann es dann auch nicht sein, so dass wir irgendwann Mitte bis 20. Juni starten werden. Ganz weit nach vorne kann man natürlich auch nicht gehen. Das wird dann auch mit den Feiertagen absurd. In der Zeit davor hat man ja auch viele Feiertage, Brückentage. Was die Einheiten angeht, die ein Schuljahr hat, muss das alles ein bisschen zueinander passen.
Heinlein: Warum macht man es nicht einmal ganz unkonventionell und sagt etwa kürzere Sommerferien in einem Jahr und dafür längere Herbstferien? Das hätte den Vorteil, dass Familien etwa in der Hochsaison nicht diese Preise zahlen müssten.
Schäfer: Ich sage Ihnen einfach mal: Wenn Nordrhein-Westfalen Urlaub hat, haben wir immer Hochsaison. Gucken Sie mal in die Kataloge. Da können wir als größtes Bundesland in Deutschland nie in die Chance kommen, vielleicht im Juni mal. Das ist aber die einzige Möglichkeit, von der ich aus meiner Erfahrung heraus weiß. Die Tourismusbranche guckt schon ganz genau, wann die Ferienzeiträume für Nordrhein-Westfalen sind. Danach richten sie ihre Katalogpreise aus.
Heinlein: Die NRW-Schulministerin Ute Schäfer heute Morgen hier im Deutschlandfunk. Ich danke für das Gespräch und auf Wiederhören nach Düsseldorf.
Schäfer: Bitte. Tschüss.
Link: Interview als RealAudio