"Wir sind gegen die Todesstrafe. Wir wollen nicht, dass unser Land Menschen umbringt. Schafft die Todesstrafe sofort ab."
Es sind nur einige Dutzend Demonstranten, die vor dem Justizministerium in Taipeh protestieren. Sie sind wütend, weil ihre Regierung am Vortag vier Häftlinge hingerichtet hat. Zum ersten Mal seit fast fünf Jahren. Zuerst bekamen die Häftlinge ein Betäubungsmittel, dann einen Pistolenschuss ins Herz.
Ein schwerer Rückschlag für Taiwans Allianz gegen die Todesstrafe, ein Zusammenschluss von mehreren Bürgerrechtsgruppen. Juraprofessor Wu Chih-kuang hat Anfang der 90er, als Taiwan noch keine Demokratie war, in Deutschland studiert. Damals, sagt er, sei ihm klar geworden, dass Menschenrechte für jedermann gelten sollen.
"Die Todesstrafe ist nur Rache und Vergeltung. Wir glauben, dass in einem modernen Land Verbrecher eine Chance haben müssen, zu bereuen, Buße zu tun und vielleicht wieder ein nützliches Mitglied der Gesellschaft zu werden. Das ist der bessere Weg."
Doch damit gehört er einer Minderheit an. Die vier Hingerichteten waren allesamt Mörder, teils mehrfach. Sie hatten auch Kinder und Jugendliche getötet. In solchen Fällen gelte für die meisten Taiwaner das Prinzip "Auge um Auge, Zahn um Zahn", sagt diese Lehrerin in Taipeh.
"Das traditionelle chinesische Rechtsverständnis besagt: Wenn du jemanden tötest, musst du sterben. Das ist ein sehr altes Prinzip. Die Todesstrafe abzuschaffen, ist dagegen ein recht neues Konzept aus dem Westen. Wenn die Regierung das plötzlich machen wollte, hätten die meisten Menschen kein Verständnis dafür. Da wären noch viele Diskussionen nötig."
Dabei sah es lange so aus, als stehe Taiwan kurz davor, die Todesstrafe abzuschaffen. International isoliert und wegen Chinas Machtanspruch von kaum einem Land anerkannt, versucht Taiwan seit Langem, sich als mustergültige Demokratie zu präsentieren. So wurden Mörder fast fünf Jahre lang zwar noch zum Tode verurteilt, aber nicht mehr hingerichtet.
Doch dieses Frühjahr entbrannte plötzlich eine heftige Debatte in Taiwans Öffentlichkeit. Angehörige von Mordopfern und viele Politiker forderten lautstark, dass die mehr als 40 verhängten Todesurteile auch vollstreckt werden. Unter dem öffentlichen Druck knickte die Regierung ein.
Aus Deutschland, das Taiwan normalerweise offiziell kaum zur Kenntnis nimmt, setzt es besonders heftige Kritik. Dafür geht der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, sogar in Moldawien ans Diensthandy.
"Ich hatte einen Termin ausgemacht mit Vertretern der taiwanesischen Behörden, um noch mal eindringlich zu bitten, dass eben keine Hinrichtungen stattfinden. Das hat gar nicht mehr geklappt, weil die Hinrichtungen so schnell gekommen sind. Ich kann das nur verurteilen. Das ist verabscheuungswürdig, dass die Todesstrafe dort vollstreckt worden ist. Eine große Enttäuschung."
Solche Kritik empfinden viele Taiwaner als unberechtigt. Die Todesstrafe sei nun einmal geltendes Recht, sagt Premierminister Wu Den-yih.
"Die Lage ist ja nicht in allen Demokratien weltweit die gleiche. Japan ist eine Demokratie und hat die Todesstrafe. Und die USA auch."
Langfristig wolle man ja die Todesstrafe abschaffen, doch erst müsse die Bevölkerung dahinter stehen. Taiwans Regierung zitiert gern Meinungsumfragen, nach denen 70 bis 80 Prozent der Menschen gegen eine Abschaffung sind. Weil wichtige Wahlkämpfe bevorstehen, wollen die Parteien es sich mit den Wählern nicht verscherzen.
Doch es gibt auch andere Umfragen: Steht als Alternative etwa eine lebenslange Sicherungsverwahrung nach deutschem Vorbild zur Wahl, dann ist die Zahl derjenigen, die unbedingt an der Todesstrafe festhalten wollen, deutlich niedriger.
Deutschlands Menschenrechtsbeauftragter Markus Löning:
"Das ist dann auch eine Frage von politischer Führungsstärke, dann muss man eben in den politischen Streit hineingehen und für den Standpunkt werben. Es ist eine humane Politik, die sagt, wir richten nicht der eine über den Tod des anderen."
Viele Kritiker bedauern, dass Taiwan die Gelegenheit nicht nutzt, sich vor aller Welt positiv von China abzusetzen. Denn auf der anderen Seite der Taiwanstraße richtet die Volksrepublik mehr Menschen hin als alle Länder weltweit zusammengenommen. Die Hoffnung auf eine schnelle Gesetzesänderung, sagt Juraprofessor Wu, habe er nach den jüngsten Hinrichtungen aber aufgegeben.
Es sind nur einige Dutzend Demonstranten, die vor dem Justizministerium in Taipeh protestieren. Sie sind wütend, weil ihre Regierung am Vortag vier Häftlinge hingerichtet hat. Zum ersten Mal seit fast fünf Jahren. Zuerst bekamen die Häftlinge ein Betäubungsmittel, dann einen Pistolenschuss ins Herz.
Ein schwerer Rückschlag für Taiwans Allianz gegen die Todesstrafe, ein Zusammenschluss von mehreren Bürgerrechtsgruppen. Juraprofessor Wu Chih-kuang hat Anfang der 90er, als Taiwan noch keine Demokratie war, in Deutschland studiert. Damals, sagt er, sei ihm klar geworden, dass Menschenrechte für jedermann gelten sollen.
"Die Todesstrafe ist nur Rache und Vergeltung. Wir glauben, dass in einem modernen Land Verbrecher eine Chance haben müssen, zu bereuen, Buße zu tun und vielleicht wieder ein nützliches Mitglied der Gesellschaft zu werden. Das ist der bessere Weg."
Doch damit gehört er einer Minderheit an. Die vier Hingerichteten waren allesamt Mörder, teils mehrfach. Sie hatten auch Kinder und Jugendliche getötet. In solchen Fällen gelte für die meisten Taiwaner das Prinzip "Auge um Auge, Zahn um Zahn", sagt diese Lehrerin in Taipeh.
"Das traditionelle chinesische Rechtsverständnis besagt: Wenn du jemanden tötest, musst du sterben. Das ist ein sehr altes Prinzip. Die Todesstrafe abzuschaffen, ist dagegen ein recht neues Konzept aus dem Westen. Wenn die Regierung das plötzlich machen wollte, hätten die meisten Menschen kein Verständnis dafür. Da wären noch viele Diskussionen nötig."
Dabei sah es lange so aus, als stehe Taiwan kurz davor, die Todesstrafe abzuschaffen. International isoliert und wegen Chinas Machtanspruch von kaum einem Land anerkannt, versucht Taiwan seit Langem, sich als mustergültige Demokratie zu präsentieren. So wurden Mörder fast fünf Jahre lang zwar noch zum Tode verurteilt, aber nicht mehr hingerichtet.
Doch dieses Frühjahr entbrannte plötzlich eine heftige Debatte in Taiwans Öffentlichkeit. Angehörige von Mordopfern und viele Politiker forderten lautstark, dass die mehr als 40 verhängten Todesurteile auch vollstreckt werden. Unter dem öffentlichen Druck knickte die Regierung ein.
Aus Deutschland, das Taiwan normalerweise offiziell kaum zur Kenntnis nimmt, setzt es besonders heftige Kritik. Dafür geht der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, sogar in Moldawien ans Diensthandy.
"Ich hatte einen Termin ausgemacht mit Vertretern der taiwanesischen Behörden, um noch mal eindringlich zu bitten, dass eben keine Hinrichtungen stattfinden. Das hat gar nicht mehr geklappt, weil die Hinrichtungen so schnell gekommen sind. Ich kann das nur verurteilen. Das ist verabscheuungswürdig, dass die Todesstrafe dort vollstreckt worden ist. Eine große Enttäuschung."
Solche Kritik empfinden viele Taiwaner als unberechtigt. Die Todesstrafe sei nun einmal geltendes Recht, sagt Premierminister Wu Den-yih.
"Die Lage ist ja nicht in allen Demokratien weltweit die gleiche. Japan ist eine Demokratie und hat die Todesstrafe. Und die USA auch."
Langfristig wolle man ja die Todesstrafe abschaffen, doch erst müsse die Bevölkerung dahinter stehen. Taiwans Regierung zitiert gern Meinungsumfragen, nach denen 70 bis 80 Prozent der Menschen gegen eine Abschaffung sind. Weil wichtige Wahlkämpfe bevorstehen, wollen die Parteien es sich mit den Wählern nicht verscherzen.
Doch es gibt auch andere Umfragen: Steht als Alternative etwa eine lebenslange Sicherungsverwahrung nach deutschem Vorbild zur Wahl, dann ist die Zahl derjenigen, die unbedingt an der Todesstrafe festhalten wollen, deutlich niedriger.
Deutschlands Menschenrechtsbeauftragter Markus Löning:
"Das ist dann auch eine Frage von politischer Führungsstärke, dann muss man eben in den politischen Streit hineingehen und für den Standpunkt werben. Es ist eine humane Politik, die sagt, wir richten nicht der eine über den Tod des anderen."
Viele Kritiker bedauern, dass Taiwan die Gelegenheit nicht nutzt, sich vor aller Welt positiv von China abzusetzen. Denn auf der anderen Seite der Taiwanstraße richtet die Volksrepublik mehr Menschen hin als alle Länder weltweit zusammengenommen. Die Hoffnung auf eine schnelle Gesetzesänderung, sagt Juraprofessor Wu, habe er nach den jüngsten Hinrichtungen aber aufgegeben.