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Rücktritt aus Protest gegen Hamburger Museumspläne

Bärbel Hedinger hat ihren Rücktritt als Direktorin des Altonaer Museums in Hamburg erklärt. Sie protestiert damit gegen die Pläne der Kulturbehörde, vier Hamburger Museen zu einer Großstiftung zusammenzulegen. "Ich halte das für eine ganz unglückliche Entwicklung, die auf die Profilierung und die Besonderheit der einzelnen Häuser keine Rücksicht nimmt", sagte Hedinger.

Moderation: Stefan Koldehoff |
    Stefan Koldehoff: Wenn in einer deutschen Großstadt eine Museumsdirektorin zurücktritt, dann ist das schon ungewöhnlich. Wenn sie diesen Schritt aber auch noch damit begründet, dass sie die Museumspolitik ihrer Stadt nicht mehr mittragen könne, dann sollte man nachfragen. Und genau das tun wir jetzt, bei Professor Dr. Bärbel Hedinger, der noch amtierenden Direktorin des Altonaer Museums in Hamburg, die heute zum 30. April ihr Amt niedergelegt hat. Frau Hedinger, warum dieser Schritt?

    Bärbel Hedinger: Ich bin im Jahre 2004 von der Kulturbehörde beauftragt worden, einen selbstständigen Reformprozess für das Altona- Museum in Gang zu setzen, und dieser Prozess der Modernisierung und Erneuerung ist auch mit großem Nachdruck in Fahrt gebracht worden. 2006, im letzten Herbst, gab es dann ein Gegenmodell, wie ich das jetzt mal nennen will, und zwar den Plan der Kulturbehörde, die Hamburger Museen gesamt zu reformieren. Und der Kernpunkt dieses Museumsentwicklungsplans, wie der sich nennt, ist, dass vier Hamburger Museen zu einer Großstiftung zusammengelegt werden sollen, und dazu gehört auch das Altona-Museum. Und ich habe jetzt versucht, das Altona-Museum herauszuhalten aus diesem Plan, weil wir natürlich ein Einzelhaus reformieren wollen und damit sehr, sehr beschäftigt sind, und der Plan, in eine Superstruktur eingebunden zu werden, dem wirklich contre coeur läuft. Das sind also zwei Prozesse, die sich, ja, schneiden, die sich nicht vereinen lassen.

    Koldehoff: Was konkret befürchten Sie, was würde geschehen mit dem Altona-Museum?

    Hedinger: Ja, das Altona-Museum ist ja ein großes kulturhistorisches Museum mit einer Geschichte, die eng verbunden ist mit Altona, aber vor allem auch mit Schleswig-Holstein und mit Dänemark und mit der Nord- und Ostseeküste. Und diese Spezifika des Hauses werden ihren Platz nicht finden in einem Museum, was sich Hamburg-Stiftung nennt, Hamburg-Museum nennt. Das ist die eine Befürchtung, und die andere ist, dass, wenn man ein Museum, was im Moment in der Reform steckt, es in eine Großstruktur überführt oder ihr diese Großstruktur überstülpt, das Museum seinen eigenen Prozess gar nicht zu Ende führen kann. Das widerspricht sich einfach.

    Koldehoff: Es gab ja lange auch in Deutschland den Konsens, dass die Museen Einrichtungen sind, Bildungsinstitutionen, die wir uns leisten, auch wenn sie Geld kosten. Inzwischen kann man fast den Eindruck haben, dass Museen auf keinen Fall mehr Geld kosten dürfen, sondern im Gegenteil, von vielen Trägern angesehen werden wie Profit-Center, die noch Gewinn abwerfen sollen. Ist das in Hamburg der Fall?

    Hedinger: Das ist leider eine Entwicklung, die auch an Hamburg nicht haltgemacht hat. Hier ist jetzt noch die spezielle Situation, dass die Hafen-City ja als der neue Zukunftsort auch für Museen und für Kultur geplant ist und dass dort die Neugründung von mehreren Häusern vorbereitet wird. Und mein Eindruck ist, das sind Spezialmuseen, das sind kleine Museen, und jetzt beschäftigt sich zum Beispiel das Museum Tamm mit dem maritimen Thema, oder es gibt ein Auswanderermuseum, oder es gibt noch ein Automuseum, und es gibt ein Zahlencenter. Das sind alles Museumsorte, wie sie in der Hafen-City geplant sind. Dass man darüber aber seine großen angestammten Häuser, die Vielspartenhäuser - und zu denen gehört auch das Altona-Museum - vernachlässigt und sie zu Großstrukturen zusammenschweißen will, ich halte das für eine ganz unglückliche Entwicklung, die auf die Profilierung und die Besonderheit der einzelnen Häuser keine Rücksicht nimmt.