Archiv

Rücktritt bei Hertha BSC
"Klinsmann hat den Karren vor die Wand gefahren"

Jürgen Klinsmann hat bei Hertha BSC nach nur 76 Tagen seine Rolle als Cheftrainer wieder aufgegeben. Unser Autor blickt kritisch auf die kurze Amtszeit zurück.

Von Thomas Wheeler |
Jürgen Klinsmann in seiner Zeit als Trainer von Hertha BSC
Jürgen Klinsmann in seiner Zeit als Trainer von Hertha BSC (www.imago-images.de)
Wie war das noch Herr Klinsmann? Wenn Sie etwas machen, dann machen Sie es zu einhundert Prozent. Waren das nicht Ihre Worte, als Sie Ende November mit großem Bim Bam Borium als neuer Hertha-Trainer vorgestellt wurden? Wenn ich jetzt Ihre 76-Tage-Bilanz bei den Berlinern nüchtern zusammenfasse, dann haben Sie nur eins geschafft. Sie haben einen Karren, der ohnehin schon tief im Dreck steckte, zu 100 Prozent gegen die Wand gefahren.
Und das, obwohl sie wussten, dass sie eine total verunsicherte Mannschaft im Abstiegskampf übernehmen und Sie ihre Konzentration eigentlich voll auf den Klassenerhalt lenken wollten. Trotzdem schwadronierten Sie gleichzeitig immer von der großen Zukunft, die der Klub dank der Millionen des Investors Lars Windhorst haben könnte.
Große Namen? Nur Getöse
Bei alledem hatte man immer den Eindruck, Sportdirektor Michael Preetz gehe das alles viel zu schnell. Im Dezember machten dann große Spielernamen wie Mario Götze und Granit Xhaka die Runde. Am Ende war das alles nur Getöse. Stattdessen wurden andere, hierzulande eher unbekannte Neuzugänge verpflichtet, für die der Verein aber fast 80 Millionen Euro ausgab. So viel wie kein anderer Erstligist in der Winterpause. Ein Plan war bei diesen ganzen Umbaumaßnahmen nicht zu erkennen. Es sei denn, Chaos war die Strategie.
Dazu passt der Umstand, dass Mitte Januar gemunkelt wurde, Jürgen Klinsmann hätte gar keine gültige Trainer-Lizenz, die dann aber doch nach Einreichung einiger Unterlagen, die er mal eben in der Schublade in Kalifornien vergessen hatte, vom DFB anerkannt wurde. So wie Jürgen Klinsmann bei der Hertha vorging, wirkte das kopf- und konzeptlos. Dabei konnte sich eigentlich kein Profi mehr seines Arbeitsplatzes sicher sein. Am härtesten spürte das der verdiente Stürmer Salomon Kalou. Der wurde mal eben aussortiert und zum Einzeltraining verdonnert.
Das war stillos Herr Klinsmann. Genauso wie ihr würdeloser Abgang bei der Hertha, den Sie zunächst auf ihrem Facebook-Account verkündet haben. Damit haben Sie sich für mich als Trainer endgültig disqualifiziert. Im Aufsichtsrat des Vereins wollen Sie jedoch bleiben. Wie passt das zusammen, wenn Ihr Credo lautet, sie würden jede Aufgabe zu einhundert Prozent eingehen? Dann sollten sie auch sofort diesen Posten aufgeben.