Die Sonderführungen zum Sonnenaufgang sind immer am letzten Freitag im Monat. Außerdem gibt es noch Vollmond im Adlerhorst. Noch ist stockdunkle Nacht, nur eine kleine Gruppe Besucher trifft sich eine Stunde vor Sonnenaufgang mit Laura Steinbusch am Naturerbe Zentrum bei Prora. Die Spitze des großen Aussichtsturms wirkt wie ein riesiger Adlerhorst über dem Wald. Doch das sieht man nur bei Tag.
Den Vögeln näher
Ja, im Sommer geht auf Rügen die Sonne schon bannig früh auf. Im Winter dagegen sind die Tage deutlich kürzer als schon in Berlin und erst recht im Vergleich zu Süddeutschland. Im Schein der Taschenlampen suchen wir den Aufstieg. Die erste Spirale bringt uns hoch zu dem schmalen Steg, auf dem wir dann mehr als einen Kilometer durch den Wald laufen, oben zwischen den Baumkronen. Schnell kommt die Dämmerung, die ersten Vögel wachen auf.
Zwischen den Baumkronen sind wir den Vögeln viel näher. Und im Frühjahr kann man ihnen sogar in die Nester gucken. Wie bei der Ringeltaube auf dem Baum, den der Hauptturm umschließt. In langer Spirale dreht sich der Aufstieg außen um diesen Baum nach oben. Ein kleiner Vogel, der wohl über die frühen Besucher staunt, fliegt mir fast an den Kopf.
Umweltbildung und Kunst
Der Buchenwald um uns gehört zum nationalen Naturerbe, genauso wie die Schmale Heide, die Landzunge, die den kleinen Jasmunder Bodden von der Ostsee trennt. Anstatt das Land teuer zu verkaufen, hat es die Deutsche Bundesstiftung Umwelt bekommen, die mit Naturerbe Zentrum am Boden und Baumkronenweg in luftiger Höhe Umweltbildung betreibt. Nicht zu verwechseln mit dem Nationalpark Jasmund und den berühmten Kreidefelsen bei Saßnitz.
Außerdem geben wechselnde Ausstellungen Künstlern der Region ein Podium. Hier begegnen uns auf Papier und Leinwand die Landschaften und Stimmungen, die uns draußen so begeistern.
Rügen - aus mehreren Inseln entstanden
Kaum tauchen wir auf über den Baumkronen, fasst der Wind zu, von dem unten nichts zu spüren war. Ganz oben angekommen, 82 Meter über dem Meeresspiegel, ist der Himmel im Osten über der Ostsee recht hell geworden. Die Lichter des Fährhafens Mukran blinken. Von der Straße kommen Autogeräusche wie aus einer anderen Welt. Unter uns steigt Nebel auf aus den Senken, dunkler Wald spiegelt sich im Wasser des Kleinen Jasmunder Boddens.
Die Insel Rügen als solche ist noch gar nicht so alt. Einst waren es mehrere Inseln, von denen Wind und Wellen Sand abgetragen haben, weitergeschleppt und woanders abgelagert. So entstanden lange schmale Landbrücken, die nun die früheren Inseln mit miteinander verbinden.
Naturschauspiel der aufgehenden Sonne
Eben lagen Wald und Wasser mystisch im Dunst. Nun überzieht sie die aufgehende Sonne mit einem rosa-lila Schimmer. Schnell steigt die Sonne aus dem Wasser und schnell wird es wärmer. Von oben können wir nun halb Rügen überblicken, sehen den Turm des Jagdschlosses Granitz. Wo damals die Panzer den Sand pflügten. Das Nazi-Bau-Ungetüm von Prora allerdings versteckt sich im Küstenwald.
Wir gucken auf die Schmale Heide, die Landzunge zwischen dem Ostseebad Binz und dem Fährhafen Mukran. Hinter Mukran dann liegt Sassnitz mit den Kreidefelsen. Das alles sieht auch der Tagesbesucher oben vom Adlerhorst bei Prora. Doch das Naturschauspiel, wie die aufgehende Sonne die Nacht vertreibt, das haben die Frühaufsteher für sich alleine. Jeweils am letzten Freitag im Monat.