Verträge, die Berechenbarkeit gegeben hätten, würden nun außer Kraft gesetzt, sagte Götz Neuneck, stellvertretender Direktor des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolik an der Universität Hamburg. Man brauche jedoch Rechtsregeln und Vertragsparteien, die sich an diese Regeln hielten, meint Neuneck, sonst breche das bekannte System zusammen.
Der INF-Vertrag aus dem Jahr 1987 zwischen den USA und Russland untersagt den Besitz landgestützter, atomar bewaffneter Raketen mit einer Reichweite von 500 bis 5.500 Kilometern. Mit der Aufkündigung würde das Rad der Geschichte zurückgedreht, so Neuneck. Ein Grund dafür sei das zunehmend schlechte Verhältnis zwischen Russland und den USA. Beide Länder hätten überhaupt kein Interesse, Klarheit zu schaffen. Der Friedensforscher erkennt einen "eskalierenden Automatismus", der keine Sicherheit mehr schaffe. Zudem sei in den letzten Jahren versäumt worden, andere Staaten wie den Iran in Rüstungskontrolle oder in stabilisierende Vertragsregime hineinzuziehen.
"16.000 Nuklearwaffen weltweit"
In Europa herrsche die Meinung vor, dass die Nuklearwaffen quasi verschwunden seien - "das stimmt aber nicht", so Neuneck. Es gebe noch etwa 16.000 Stück weltweit, die insgesamt das Potenzial hätten, den Planeten zu zerstören. "Einige Länder rüsten fröhlich vor sich her, ohne beschränkt zu werden." Die Hauptverantwortlichen seien aber Russland und die USA, die über 92 Prozent aller Nuklearwaffen verfügen würden.
Mittendrin seien die Europäer, die sich aus Sicht von Neueneck viel zu wenig zu Wort meldeten. Vor allem Deutschland und Frankreich müssten sich öffentlich äußern und mit den alten Vertragsparteien ins Gespräch kommen. Denn eine Diplomatie hinter den Türen habe bisher leider nicht gefruchtet.