Die Steinkohle war der erste fossile Energieträger, den der Mensch zu nutzen lernte. Sie war der Treibstoff der Industrialisierung Europas - und des deutschen Wirtschaftswunders. 1957 erreichte die Förderung den Höchststand: Rund 600.000 Bergleute holten hierzulande 150 Millionen Tonnen Steinkohle aus der Erde.
Doch am Ende des Wiederaufbaus - der Welthandel war wieder in Gang gekommen - wurde die Kohle zum Problem. Zu tief. Zu teuer. Die deutsche Steinkohle konnte nicht mehr mithalten gegenüber Erdöl, Erdgas und billiger Importkohle. Die ersten Zechen schlossen, die ersten Kumpels gingen auf die Straße.
Kartell ohne Marktmacht
Um das Revier zu befrieden, wurde am 27.11.1968 in Essen die Ruhrkohle AG als Auffanggesellschaft für den notleidenden Bergbau gegründet. Sie sollte die Förderung sozial verträglich beenden, die Zechen mittelfristig schließen. Auf Initiative des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen brachten Stahl- und Stromerzeuger ihre insgesamt 25 Gruben in die Ruhrkohle AG ein.
"Das war ein Kartell ähnlich wie im Ölsektor die OPEC. Allerdings war das kein Kartell der Starken, sondern ein Kartell der Leidgeplagten und der Schwachen und insofern mit relativ wenig Marktmacht ausgestattet", sagt Ökonom Manuel Frondel, vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung in Essen.
Die Gründer der Ruhrkohle AG starteten mit großen Vorsätzen: So gab Thyssen-Chef Hans-Günther Sohl, Mitglied des Ruhrkohle-Aufsichtsrats, der neuen Gesellschaft Folgendes mit auf den Weg:
"Es ist das erklärte Ziel, die Ruhrkohle AG unternehmerisch und privatrechtlich so zu betreiben, dass sie ihre Aufgabe nach Ablauf von 20 Jahren ohne Inanspruchnahme der Bürgschaft erfüllt haben soll."
Es sollte anders kommen, und eigentlich war das damals schon abzusehen.
Die Industrie war verpflichtet worden, zunächst weiter deutsche Kohle zu nutzen. Die Differenz zwischen Förderkosten und Weltmarktpreis bekam die Stahlbranche nun als sogenannte Kokskohlenbeihilfe vom Staat. Die Energiekonzerne baten zunächst die Kunden zur Kasse. Als das Bundesverfassungsgericht 1994 den "Kohlepfennig" kippte, sprang auch da der Staat ein.
"Es war ein sehr lukratives Geschäft für die Besitzer der unrentablen Zechen, diese abzugeben und dafür die Kohle zum Importkohlenpreis zu beziehen.
Auch die Ruhrkohle AG, später RAG genannt, profitierte: Mit den Kohleerlösen unterhielt sie Bergmannssiedlungen, baute Kraftwerke und Chemielabore.
Doch dann kamen 2005 in Nordrhein-Westfalen nach jahrzehntelanger SPD-Herrschaft CDU und FDP an die Regierung. Sie drohten mit dem Ende der Subventionen. Deshalb entwickelte Ex-Bundeswirtschaftsminister Werner Müller, nun Chef der Ruhrkohle, 2007 einen Plan:
"Es war geplant, dass Ende 2018 die letzte Steinkohlenzeche in Deutschland geschlossen wird. Und es ist geplant, dass die sogenannten Ewigkeitskosten, die durch den Betrieb der Zechen auch nach deren Schließung anfallen, durch das Stiftungsvermögen der RAG-Stiftung finanziert werden."
Ende einer großen Tradition
Die Schließung läuft nach Plan. Bis Ende 2018 sollen die letzten Gruben in Bottrop und Ibbenbüren die Förderung einstellen.
"Wir fahren jetzt nur noch die letzten kleinen Flöze ab, die wir haben, und das war´s dann. Ja, ist schon traurig."
"Es geht ´ne große Tradition zu Ende."
"Glück auf!"
"Es geht ´ne große Tradition zu Ende."
"Glück auf!"
Allerdings ist nach dem Förderstopp längst nicht Feierabend: Aus allen alten Anlagen steigt Grubenwasser auf, das weiter abgepumpt werden muss, damit es sich nicht mit dem Grundwasser vermischt. Kann die Kohle-Stiftung das auf Dauer finanzieren?
Ökonom Frondel ist da skeptisch: "Sehr über den Daumen gepeilt haben wir zum heutigen Stand mindestens 150 Milliarden Euro für die Subventionierung ausgegeben. Möglicherweise, wenn die Ewigkeitskosten nicht aus dem RAG-Stiftungsvermögen gedeckt werden können, bewegen wir uns in Richtung 200 Milliarden Euro."
Die Kosten der deutschen Einheit beziffern Experten mit rund zwei Billionen Euro. Die Steinkohle hätte den Steuerzahler somit rund ein Zehntel dieser Summe gekostet.
Die Kosten der deutschen Einheit beziffern Experten mit rund zwei Billionen Euro. Die Steinkohle hätte den Steuerzahler somit rund ein Zehntel dieser Summe gekostet.