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Rumänien bei der Fußball-EM
Europas Minimalisten

"Abwehrstark" sagen die einen, "das langweiligste Team der EM" sagen die anderen. Rumänien spielt im Eröffnungsspiel gegen Gastgeber Frankreich. Und muss beweisen, ob es wirklich so stark ist wie in der Qualifikation zum Turnier. Fest steht: Der Underdog will die EM-Überraschung.

Von Ralf Borchard | 09.06.2016
    Die rumänische Fußball-Nationalmannschaft beim Training in Frankreich am Tag vor dem Eröffnungsspiel.
    Die rumänische Fußball-Nationalmannschaft beim Training in Frankreich am Tag vor dem Eröffnungsspiel. (imago sportfotodienst)
    Hagi – der Mittelfeldstar der 90er Jahre, der Rumänien ins Viertelfinale der Weltmeisterschaft 94 führte - er kommt auch im aktuellen EM-Song vor. Gerade weil die Spielweise des Teams heute vom Glanz der "goldenen Generation" von damals weit entfernt ist. Doch immerhin: Rumänien hat die EM-Qualifikation ganz ohne Niederlage und mit nur zwei Gegentoren geschafft.
    Abwehrstark, Europas Minimalisten sagen die einen, das langweiligste Team der EM, sagen die anderen. Kapitän Razvan Rat (sprich: Ratz), in Deutschland manchmal fälschlicherweise Rat ausgesprochen – Razvan Rat sagt:
    Als Einheit zum Überraschungsteam werden
    "Wir müssen bei der Euro einfach das tun, was wir bisher getan haben, in der Qualifikation. Als geschlossenes, solides Team, als Einheit spielen, eine der Mannschaften, die die große Überraschung bei der Europameisterschaft in Frankreich sein könnten."
    Einer, der sich große Hoffnungen gemacht hat, wurde in letzter Minute aus dem Kader gestrichen: Alexandru Maxim von Bundesliga-Absteiger VfB Stuttgart. Schlüsselspiel war das vorletzte Vorbereitungs-Match der Rumänen gegen den deutschen Auftakt-Gegner, die Ukraine. 3:4 ging das Spiel verloren. Vier Gegentore, das waren doppelt so viel wie in der gesamten Qualifikation.
    Problem vieler Spieler: wenig Spielpraxis
    Trainer Anghel Iordanescu war richtig sauer: "Es ist klar, da haben wir unsere Fehler zählen müssen, nach dieser Niederlage wissen wir, wo wir stehen. Vorher haben wir in 15 Spielen nie verloren. Viele Spieler sind nicht in Bestform, auch weil sie in ihren Vereinen nicht zur Stammbesetzung zählen. Es gibt einfach viele, die während des Saison nicht genug Spielpraxis hatten."
    Iordanescu wurde vor zwei Jahren aus dem Ruhestand zurückgeholt, er trainiert das rumänische Team zum dritten Mal, auch zu Gheorghe Hagis Zeiten war er schon Nationalcoach. Wenn vor dem Eröffnungsspiel im Stade de France die rumänische Hymne erklingt, wird ganz Fußball-Europa auf dieses Team blicken.
    Von einer "Invasion" rumänischer Fans schreiben die heimischen Zeitungen, viele Rumänen arbeiten in Frankreich. Sie werden versuchen, die Mannschaft anzutreiben, damit sie zur erwarteten harten Nuss für Gastgeber Frankreich wird. Und vielleicht schon im Eröffnungsspiel zu einer der EM-Überraschungen…