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Rumänien
Kandidat für das Staatsamt

Für das rumänische Präsidentenamt bewerben sich 14 Kandidaten, darunter auch Klaus Johannis, der zur deutschen Minderheit gehört. Noch etwa 35.000 Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben leben in Rumänien. Doch Johannis hat viel mehr Unterstützer.

Von Annett Müller |
    Im siebenbürgisch-sächsischen Dorf Cincsor gibt es noch eine Handvoll Deutsche. Carmen Schuster gehört dazu. Die 55-jährige Bankmanagerin richtet in ihrer Freizeit die Kirchenburg ihres Heimatortes her.
    Gerade führt sie ein paar rumänische Touristen durch die Anlage. Dass die 800 Jahre alte Geschichte der Siebenbürger Sachsen wieder mehr ins Bewusstsein der Rumänen rückt, liegt auch an Klaus Johannis, dem Bürgermeister im benachbarten Sibiu. Der 55-jährige Lokalpolitiker will im November Staatspräsident werden - die beiden größten liberal-konservativen Oppositionsparteien schicken ihn ins Rennen. Die Rumäniendeutsche Carmen Schuster ist begeistert, doch zugleich vorsichtig:
    "Es gehört viel Mut dazu, wenn man sich die letzten Jahre der rumänischen Politik ansieht, die von vielen wechselnden Mehrheiten geprägt war. Jemand wie Klaus Johannis, der das Profil eines beständigen Politikers hat, seine Ziele und seine Werte stetig verfolgt, wird es nicht einfach haben, sich in diesem neuen Umfeld zu bewähren."
    Tonangebend in der Koalitionsregierung
    Die Bukarester Politik wird zurzeit von der sozialdemokratischen PSD bestimmt, die mit Premier Victor Ponta ins Rennen geht. In der Vergangenheit hatte die Partei immer wieder den Rechtsstaat ausgehöhlt, wie auch andere Parteien. Die PSD aber geht, das sagen zumindest ihre Kritiker, besonders skrupellos vor. In der Koalitionsregierung gibt die Partei bereits den Ton an, im Parlament hält sie die Mehrheit. Bekämen die Sozialdemokraten auch das Präsidentenamt, könnten sie im Land ungehindert schalten und walten.
    Der einzige Gegenkandidat, der dem siegesverwöhnten Victor Ponta noch gefährlich werden könnte, ist laut Umfragen Klaus Johannis. Die deutsche Minderheit, aus der er kommt, genießt einen guten Ruf in Rumänien. Man hält sie für korrekt und fleißig.
    "Ich bin ein Mann der Fakten und nicht der leeren Worte", ruft Johannis auf einer Wahlkampf-Veranstaltung in Bukarest. Fesselnd ist seine Rede nicht, er liest sie in weiten Teilen vom Teleprompter ab. Tausende Zuhörer stört das wenig: Sie wollen keinen Schwätzer, sondern einen Macher. Als langjähriger Bürgermeister von Sibiu kann Johannis auf Erfolge verweisen: Er holte Investoren und reformierte die Verwaltung. Damit kann er bei den Wählern punkten:
    "Schauen Sie sich an, wie Johannis den Provinzort Sibiu in eine moderne, europäische Stadt verwandelt hat, in der es jetzt Zehntausende Jobs gibt. Er soll das landesweit umsetzen, was wir uns seit Langem wünschen: ein Rumänien der Rechtschaffenen."
    "So manch einer hält Johannis für ein Gegenmodell zu den rumänischen Politikern, die nur auf Show setzen würden, meint diese junge Frau. "Aber", so hält sie kurz inne: "Wir Rumänen lassen uns liebend gern mit Brot und Spielen abspeisen und von den wahren Problemen ablenken".
    Der Kandidat läßt sich von 70.000 Fans feiern
    Konfetti regnet herab, Luftballons steigen auf, Vuvuzelas dröhnen – der Wahlkampf des Präsidentschaftskandidaten und Regierungschefs Victor Ponta sieht anders aus. Er hat dieser Tage das größte Fußballstadion des Landes angemietet. Von rund 70.000 Fans ließ er sich feiern, als hätte er die Wahl bereits gewonnen. Ponta denkt bisher nicht daran, sich auf eine themenbezogene Diskussion mit den anderen Kandidaten einzulassen, vielmehr setzt er auf patriotische Parolen:
    "Ich will, dass wir stolz darauf sind, Rumänen zu sein", ruft Ponta seinen jubelnden Anhängern zu. Für den Politikjournalisten Emilian Isaila ist das die falsche Botschaft:
    "Wer auf nationale Komplexe setzt, muss sich keine ausgeklügelten Strategien für neue Jobs einfallen lassen oder überlegen, wie man wichtige Infrastrukturprojekte finanziert. Ponta sagt einfach, wir sind Rumänen und das soll es richten. Das ist eine äußerst billige Taktik."
    Eine Strategie, die erfolgreich ist: In der Wählergunst liegt der Premier deutlich vorn. Allerdings deutet in den Umfragen alles auf eine Stichwahl zwischen Ponta und Johannis. Im Falle einer Wahlniederlage droht dem 42-jährigen Ponta das politische Aus. Falls Johannis verliert, würde er Bürgermeister von Sibiu bleiben. Manchem Einwohner wäre das ohnehin lieber:
    "Johannis sollte bei uns in Sibiu bleiben. Hier kann er bestimmen, was geschehen soll. Wenn er Präsident wird, werden ihn seine Gegner nur kompromittieren und seine Projekte verhindern."