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Rumänien
"Mit der Moschee ziehen wir Terroristen und Bomben an"

Muslima werden in Bukarest attackiert, ihre Kopftücher heruntergerissen. Der Bau einer zweiten Moschee in Rumäniens Hauptstadt erhitzt zudem die Gemüter. Angst macht sich bei der Mehrheit breit, dass mit dem Gotteshaus dem IS Tor und Tür geöffnet werden. Die Feindseligkeit und anti-islamische Tendenzen nehmen rasant zu.

Von Annett Müller |
    Anhänger der "Neuen Rechten" demonstrieren gegen den Bau einer zweiten Moschee in Bukarest.
    Anhänger der "Neuen Rechten" demonstrieren gegen den Bau einer zweiten Moschee in Bukarest. (Afp/Daniel Mihailescu)
    Zwischen abgewetzten Sesseln springen Kinder umher. Gleich beginnt die Koranstunde für Anfänger: Mit Gebeten, aber auch mit dem Einsatz von Buntstiften sollen die Vier- bis Sechsjährigen die Heilige Schrift kennenlernen. Ihre Mütter stecken plaudernd die Köpfe zusammen. Zum Dresscode im Verein "Islamischer Schwestern" in Bukarest gehört es, Kopftuch zu tragen.
    Wegen ihrer Kopftücher sind unlängst zwei junge Musliminnen von einer Gruppe Jugendlicher überfallen worden. Auf einer belebten Bukarester Straße rissen ihnen die Angreifer die Tücher vom Kopf, schlugen ihnen ins Gesicht. Die Betroffenen wollen nicht mit der Presse reden Gabriela Pendelete vom Verein, kennt sie:
    "Sie wurden als Terroristen beschimpft, als Sympathisanten der Terrormiliz IS. Ein solcher Angriff wäre in der Vergangenheit in Bukarest undenkbar gewesen. Wir wagen uns immer noch auf die Straße, aber wir passen jetzt viel besser auf."
    Erst kürzlich warnte der Nationalrat zur Bekämpfung der Diskriminierung, dass in Rumänien die Intoleranz stetig wachse, nicht allein gegenüber Roma, sondern inzwischen auch gegenüber Muslimen. Eine Statistik gibt es dazu bislang allerdings nicht.
    Doch die hasserfüllte Stimmung ist täglich im Internet zu spüren. In Kommentaren über den Übergriff auf die beiden Mädchen heißt es, "das geschehe ihnen nur recht", Muslime sollten sich zum "Teufel scheren" und hätten in einem "so schönen und christlichen Land wie Rumänien" nichts zu suchen.
    70.000 Muslime leben in Rumänien
    Gabriela Pendelte liest die vielen Hass-Kommentare schon gar nicht mehr. Die 31-jährige Rumänin ist vor Jahren zum Islam konvertiert:
    "Es wird viel über die jüngsten Terroranschläge der IS berichtet, die Europa erschüttern. Doch sie schaden vor allem uns Muslimen. Wir haben jeden Tag wegen dieser Anschläge zu leiden. In öffentlichen Institutionen werden wir behandelt, als gehörten wir zu dieser Terrormiliz."
    Rund 70.000 Muslime leben in Rumänien. Die meisten von ihnen sind Türken und Tataren, die das Land besiedelten, als die Region noch zum Osmanischen Reich gehörte. Die wenigsten Rumänen empfinden das als Bereicherung. Sie duldeten Muslime, wenn sie sich anpassen, meint der Bukarester Menschenrechtsexperte Gabriel Andreescu:
    "Die rumänische Gesellschaft ist gegenüber Andersartigkeit feindlich eingestellt. Das hat sich über 100 Jahre lang in unserer Geschichte manifestiert. Ziel war immer eine homogene Bevölkerung. Auch im Kommunismus wehrte man sich gegen andere Identitäten. Nur was rumänisch war, war glorreich. Manche haben sich von diesem Denken befreit, viele andere aber nicht."
    Zweite Moschee in Bukarest feuert Islamfeindlichkeit an
    Die antimuslimische Stimmung wird derzeit auch durch den Bau einer zweiten Moschee in Bukarest angeheizt, die sich die muslimische Gemeinschaft seit über 25 Jahren wünscht. Im laufenden Kommunal-Wahlkampf in Bukarest versprechen einige Kandidaten, den Neubau zu verhindern, auch wenn die Verträge auf Staatsebene dafür längst unterzeichnet sind.
    Bei der islamfeindlichen Stimmungsmache mischt der ehemalige Präsident und frühere Bürgermeister Traian Basescu kräftig mit. In Talkshows warnt er davor, dass die Moschee womöglich eine Brutstätte für radikale Islamisten werden könne. Jeder hat damit die Anschläge von Paris und Brüssel vor Augen. Unter den Bukarestern zeigt das Wirkung: In Umfragen lehnt die Mehrheit den Bau ab.
    "Wir brauchen hier keine Moschee. Damit ziehen wir doch Terroristen und ihre Bomben an."
    "Wir haben 20 Minderheiten im Land. Was wäre denn, wenn jede von ihnen ein Gotteshaus bauen würde? In was würden wir uns verwandeln? In eine Baumschule für Gotteshäuser? Das wäre eine Gefahr für unsere Religion. Wir sind hier nun mal orthodox."
    "Unsere Vorfahren haben einst gegen die Türken gekämpft, damit sie nicht das Land erobern. Und jetzt bauen wir freiwillig eine Moschee für sie? Das ist doch nicht normal."
    Die hitzige Debatte um das muslimische Gotteshaus sieht Gabriela Pendelete vom Verein "Islamische Schwestern" mit Sorge. Sie will, dass wieder Ruhe einkehrt im Zusammenleben zwischen Christen und Muslimen:
    "Wenn die Bukarester nicht wollen, dass diese Moschee entsteht, und wir wegen dieses Baues womöglich ständig beleidigt oder angegriffen werden, dann verzichte ich lieber auf sie. Ich werde auch woanders beten können."