Kaufmann Merhdad Afarid tauscht gerade einer Kundin rumänische Lei in Euro. Seit 20 Jahren lebt der gebürtige Iraner in Bukarest. In seiner Wechselstube verfolgt er nicht nur die aktuellen Wechselkurse, sondern auch die Weltpolitik. Ein kleiner Fernseher steht in der Ecke. Afarid hält es für gefährlich, dass US-Präsident Donald Trump aus mehreren internationalen Abkommen, wie dem Atom Deal mit dem Iran ausgestiegen ist. Seinen richtigen Namen will der 53-Jährige lieber nicht nennen:
"Trump denkt, er könne als Geschäftsmann und Millionär in der Politik verhandeln wie in der Wirtschaft, ganz nach dem Motto: 'Wer das Geld hat, gibt den Ton an und befiehlt.' - So funktioniert das aber nicht."
Mehr NATO-Präsenz gewünscht
Kritik, die man aus dem rumänischen Außenministerium zu den angespannten transatlantischen Beziehungen so nicht hören würde. Denn Rumänien sieht in der US-Regierung einen Sicherheitsgaranten - vor allem gegen Russland. Auf dem Nato-Gipfel in dieser Woche will Bukarest auf mehr Militärpräsenz im eigenen Land drängen, meint der Bukarester Journalist Octavian Manea:
"Mit einer größeren Nato-Präsenz könnten wir ein Signal an Russland senden, dass hier in der Region die gesamte Allianz und nicht nur die USA von einer Bedrohung ausgehen."
Über 1.000 US-Soldaten sind derzeit in Rumänien stationiert. Auch finanzierte Washington ein Raketenabwehrsystem im Land. Dass Bukarest deshalb jegliche Konfrontation mit der US-Regierung scheut, glaubt Politikexperte Rufin Zamfir aber nicht. Sein Think Tank "Global Focus" beschäftigt sich mit Rumäniens Rolle in den euroatlantischen Beziehungen:
"Amerika kann auf diese stabile Militärpartnerschaft mit uns gar nicht mehr verzichten, denn Rumänien ist ein wichtiger Akteur bei den Operationen in Afghanistan oder im Nahen Osten. Vielleicht wirkt das Kräfteverhältnis Bukarest-Washington wie David zu Goliath, ein schwacher Partner am Verhandlungstisch sind wir aber nicht."
Punkten kann Rumänien beispielsweise mit seiner Nähe zum Westbalkan, wo es dem russischen Einfluss entgegensteuern könnte. Zudem besitzt das Land riesige Erdgasreserven im Schwarzen Meer. Es könnte damit Russland auch als Gaslieferant gehörig Konkurrenz machen. In offiziellen Statements bezeichnet sich Bukarest gern als zuverlässigen Partner, für Washington und für Brüssel gleichermaßen. Doch setzt die sozial-liberale Regierung das gerade aufs Spiel, meint Journalist Octavian Manea:
"Rumänien gilt als Problemkind Europas - wegen der grassierenden Korruption, der Angriffe auf den Rechtsstaat und weil die Regierung europäische Werte in Frage stellt."
Ziel der Regierung: Den Einfluss von Präsident Klaus Iohannis mindern
Als "illiberale Demokratie" bezeichnet Octavian Manea derzeit sein Land, dass Polen und Ungarn in nichts nachstehen würde. Erst in der letzten Woche peitschte die Regierungsmehrheit im Parlament Änderungen am Strafrecht durch, die korrupten Politikern zu Gute kommen. Auch mischen sich die beiden Regierungsparteien in die Außenpolitik ein, dabei ist sie eigentlich Sache von Präsident Klaus Iohannis. Doch will man Klaus Johannis seinen Machtbereich streitig machen. So verkündete die Regierung Ende April, man prüfe einen Botschaftsumzug von Tel Aviv nach Jerusalem. Rumänien weicht damit von der EU-Linie ab und wäre das erste EU-Land, das dem Kurs von US-Präsident Trump folgt. Journalist Octavian Manea hält das Verhalten der Regierungspolitiker für eigensinnig und für sehr gefährlich:
"Innenpolitische Querelen dürfen doch nicht auf die Außenpolitik ausstrahlen. Denn dann herrscht Willkür in diesem Bereich. Rumänien wird so zum unkalkulierbaren Partner, von dem unklar ist, wie er sich künftig in gewissen Themen positionieren wird."