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Rumänien
Umstrittenes Korruptionsdekret wieder aufgehoben

Rumäniens Regierung hat die umstrittene Eilverordnung aufgehoben, die eine Strafverfolgung von Amtsmissbrauch eingeschränkt hätte. Dies teilte Gesundheitsminister Florian Bodog nach einer Kabinettssitzung in Bukarest mit. Gegen die Anordnung, die Dutzenden Politikern Klagen vom Hals schaffen sollte, hatten Hunderttausende Rumänen demonstriert.

    Der rumänische Premierminister Sorin Grandeanu während einer Rede in Bukarest
    Die Proteste gegen die Lockerung der Anti-Korruptionsgesetze haben offensichtlich Wirkung gezeigt. (afp / Andrei Pungovschi)
    Der Beschluss erschien umgehend im Gesetzblatt. Ministerpräsident Sorin Grindeanu hatte den Schritt am Vorabend angekündigt: "Wir haben die Stimme der Straße gehört." Wegen mangelhafter Kommunikation der Regierung hätten die Bürger den Inhalt der Verordnung nicht verstanden. Dafür trage Justizminister Florin Iordache die Verantwortung, sagte Grindeanu weiter.
    Zehntausende Menschen protestierten
    Die am Dienstag verabschiedete Verordnung hatte in Rumänien Massenproteste und scharfe internationale Kritik ausgelöst. Staatspräsident Klaus Iohannis hatte dagegen eine Verfassungsklage eingereicht. Auch am Samstag waren wieder Zehntausende Rumänen auf die Straße gegangen. Für die Gegner der Verordnung ist die Aufhebung allenfalls ein Teilsieg. Die meisten fordern nun, dass die Regierung zurücktritt.
    Am Sonntagabend wird daher die größte Massenkundgebung aller Zeiten in Bukarest erwartet. Aus der Provinz sind bereits viele Rumänen in die Hauptstadt gereist. Vor dem Amtssitz des bürgerlichen Staatspräsidenten kam es zu einer kleinen Gegendemonstration zur Unterstützung der Regierung. Iohannis gehört zu den wichtigsten Kritikern der inzwischen aufgehobenen Verordnung. "Die Regierung hat schwere Fehler gemacht und muss die Krise lösen, die sie ausgelöst hat", ließ er mitteilen. Die Demonstranten hätten "legitime, demokratische und korrekte Forderungen, und die Regierung muss verstehen, dass die Menschen keine Konzessionen akzeptieren", sagte seine Sprecherin.
    Menschen in der rumänischen Hauptstadt Bukarest protestieren vor dem Parlament gegen die Lockerung der Anti-Korruptionsgesetze.
    Menschen in der rumänischen Hauptstadt Bukarest protestieren vor dem Parlament gegen die Lockerung der Anti-Korruptionsgesetze. (AFP / ANDREI PUNGOVSCHI)
    Das fragliche Dekret macht Amtsmissbrauch und Vorteilsnahme straffrei, wenn es dabei um Summen von weniger als umgerechnet 45.000 Euro geht. Die Regierung begründet den Schritt unter anderem mit überfüllten Gefängnissen. Die Maßnahme gilt als der größte Rückschlag bei den Reformen in Rumänien, seit das einst kommunistische Land vor zehn Jahren der Europäischen Union beitrat.
    Ministerpräsident Grindeanu verfügte heute zugleich die Veröffentlichung von Dokumenten, die offensichtlich die Vorgängerregierung kompromittieren sollen. Mit den Protokollen einer Regierungssitzung vom Mai 2016 will er anscheinend beweisen, dass sein Vorgänger Dacian Ciolos ähnlich mit dem Stragesetzbuch und Eilverordnungen umgegangen ist wie er. Grindeanus Kritiker hatten ihm vorgeworfen, in der aktuellen Krise das Strafgesetzbuch am Parlament vorbei, per Eilverordnung geändert zu haben.
    (tj/ach/hba)