Iancu Tucarman telefoniert mit dem Redakteur eines Fernsehsenders in Bukarest. Der 89-Jährige soll als Holocaust-Überlebender in einer Sendung auftreten und darüber berichten, wie es vor über 70 Jahren in seiner nordrumänischen Geburtsstadt Iasi wirklich war. Als Gegengewicht zu einem Fernseh-Interview, in dem die Massaker an Juden heruntergespielt wurden.
"Wie kann es sein, dass heute immer noch in Frage gestellt wird, dass Juden im Zweiten Weltkrieg getötet wurden? Das empört mich."
Tucarman ist 1941 nur knapp einem Pogrom entkommen. Rumänische Truppen hatten damals Tausende Juden in zwei Evakuierungszüge gepfercht, die Waggons hermetisch abgeriegelt und sie stundenlang ziellos umherfahren lassen. Sie hießen die "Todeszüge von Iasi" - denn über 2.500 Juden kamen grausam ums Leben. Sie erstickten und verdursteten während der Fahrt:
"In meinem Zugabteil lag auf dem Boden Kuhmist. Darauf war Kalk geschüttet worden. Zusammen erzeugt das Temperaturen bis zu 65 Grad und wir waren mittendrin. Die Todeszüge von Iasi waren die ersten Gaskammern auf Rädern. Es hat an Luft gefehlt, an Wasser. Es war apokalyptisch."
Dass es in ihrem Land einen systematischen Genozid gegeben hat, wollen sich viele Rumänen bis heute nicht eingestehen. So auch Dan Sova. Der Parteisprecher der Sozialdemokraten behauptete in einer Fernsehsendung, dass die rumänischen Juden im Zweiten Weltkrieg nicht hätten leiden müssen.
Auch spielte der Politiker die Opferzahlen der Todeszüge von Iasi herunter. Statt Tausender Juden seien lediglich 24 gestorben. Die Schuld daran gab Sova den deutschen Soldaten.
Eine handfeste Geschichtsverdrehung. Nazideutschland hatte den rumänischen Kriegsverbündeten im Zweiten Weltkrieg gedrängt, die Juden in die KZs von Auschwitz und Belzec auszuliefern. Der rumänische Militärdiktator Ion Antonescu weigerte sich zwar, jedoch nicht, um die Juden zu schützen. Auf Befehl von Antonescu wurden in Rumänien über eine Viertelmillion Juden ermordet. Dass dieser Fakt in Rumänien weitgehend unbekannt ist, verwundert den Historiker Andrei Pippidi nicht. Denn der eigene Holocaust war jahrzehntelang ein Tabu:
"In 50 Jahren kommunistischer Herrschaft hat man die Vergangenheit umgeschrieben. Worauf die Nation nicht stolz sein konnte, wurde totgeschwiegen. Bis auf die Holocaust-Überlebenden kennt der Rest der Rumänen die Fakten nicht und sie wollen sie auch jetzt nicht hören. Denn niemandem gefällt, zu erfahren, dass seine Großeltern und Eltern mehr oder weniger Komplizen eines Verbrechens waren."
Trotz aller Unwissenheit über den eigenen Holocaust: Wer ihn in Rumänien bagatellisiert oder leugnet, dem droht Haft - bis zu fünf Jahre lang. Damit muss jetzt auch der Sozialdemokrat Dan Sova rechnen. Denn gegen den Politiker hat das Bukarester Zentrum zur Bekämpfung von Antisemitismus eine Klage eingereicht. Ob es zum Prozess kommt? Zentrums-Chef Maximilian Katz ist da skeptisch. Klagen gegen Holocaust-Leugner gab es mehrere, doch die Ermittlungen wurden jedes Mal eingestellt.
"Wenn es schon ein Gesetz gegen Holocaust-Leugnung gibt, dann erwarten wir auch, dass es angewandt wird. Natürlich fragen wir uns, warum das nicht geschieht. Aber offenbar haben die Gesetzeshüter dieselbe Geschichtsauffassung, wie jene, gegen die sie ermitteln sollen und gegen die wir geklagt haben."
Doch ganz ohne Folgen bleibt der Fall Sova wohl nicht. Der 39-Jährige wurde bereits als Parteisprecher abgesetzt. Vorläufig. Er dürfe ins Amt zurückkehren, wenn er sich über den Holocaust informiert habe.
"Wie kann es sein, dass heute immer noch in Frage gestellt wird, dass Juden im Zweiten Weltkrieg getötet wurden? Das empört mich."
Tucarman ist 1941 nur knapp einem Pogrom entkommen. Rumänische Truppen hatten damals Tausende Juden in zwei Evakuierungszüge gepfercht, die Waggons hermetisch abgeriegelt und sie stundenlang ziellos umherfahren lassen. Sie hießen die "Todeszüge von Iasi" - denn über 2.500 Juden kamen grausam ums Leben. Sie erstickten und verdursteten während der Fahrt:
"In meinem Zugabteil lag auf dem Boden Kuhmist. Darauf war Kalk geschüttet worden. Zusammen erzeugt das Temperaturen bis zu 65 Grad und wir waren mittendrin. Die Todeszüge von Iasi waren die ersten Gaskammern auf Rädern. Es hat an Luft gefehlt, an Wasser. Es war apokalyptisch."
Dass es in ihrem Land einen systematischen Genozid gegeben hat, wollen sich viele Rumänen bis heute nicht eingestehen. So auch Dan Sova. Der Parteisprecher der Sozialdemokraten behauptete in einer Fernsehsendung, dass die rumänischen Juden im Zweiten Weltkrieg nicht hätten leiden müssen.
Auch spielte der Politiker die Opferzahlen der Todeszüge von Iasi herunter. Statt Tausender Juden seien lediglich 24 gestorben. Die Schuld daran gab Sova den deutschen Soldaten.
Eine handfeste Geschichtsverdrehung. Nazideutschland hatte den rumänischen Kriegsverbündeten im Zweiten Weltkrieg gedrängt, die Juden in die KZs von Auschwitz und Belzec auszuliefern. Der rumänische Militärdiktator Ion Antonescu weigerte sich zwar, jedoch nicht, um die Juden zu schützen. Auf Befehl von Antonescu wurden in Rumänien über eine Viertelmillion Juden ermordet. Dass dieser Fakt in Rumänien weitgehend unbekannt ist, verwundert den Historiker Andrei Pippidi nicht. Denn der eigene Holocaust war jahrzehntelang ein Tabu:
"In 50 Jahren kommunistischer Herrschaft hat man die Vergangenheit umgeschrieben. Worauf die Nation nicht stolz sein konnte, wurde totgeschwiegen. Bis auf die Holocaust-Überlebenden kennt der Rest der Rumänen die Fakten nicht und sie wollen sie auch jetzt nicht hören. Denn niemandem gefällt, zu erfahren, dass seine Großeltern und Eltern mehr oder weniger Komplizen eines Verbrechens waren."
Trotz aller Unwissenheit über den eigenen Holocaust: Wer ihn in Rumänien bagatellisiert oder leugnet, dem droht Haft - bis zu fünf Jahre lang. Damit muss jetzt auch der Sozialdemokrat Dan Sova rechnen. Denn gegen den Politiker hat das Bukarester Zentrum zur Bekämpfung von Antisemitismus eine Klage eingereicht. Ob es zum Prozess kommt? Zentrums-Chef Maximilian Katz ist da skeptisch. Klagen gegen Holocaust-Leugner gab es mehrere, doch die Ermittlungen wurden jedes Mal eingestellt.
"Wenn es schon ein Gesetz gegen Holocaust-Leugnung gibt, dann erwarten wir auch, dass es angewandt wird. Natürlich fragen wir uns, warum das nicht geschieht. Aber offenbar haben die Gesetzeshüter dieselbe Geschichtsauffassung, wie jene, gegen die sie ermitteln sollen und gegen die wir geklagt haben."
Doch ganz ohne Folgen bleibt der Fall Sova wohl nicht. Der 39-Jährige wurde bereits als Parteisprecher abgesetzt. Vorläufig. Er dürfe ins Amt zurückkehren, wenn er sich über den Holocaust informiert habe.