Große Empörung vor dem Parlamentsgebäude in Bukarest. Mehrere tausend Demonstranten fordern den Rücktritt des Ministerpräsidenten und den Sturz der Regierung. "Ihr seid eine Schande für Rumänien und die Europäische Union", rufen sie. Schon seit Wochen gibt es immer wieder Proteste, die Stimmung ist aufgeheizt.
Drinnen im Parlament wird wenig später abgestimmt über einen Misstrauensantrag gegen Regierungschef Victor Ponta. Doch von vornherein ist bereits klar, dass der Antrag scheitern wird. 275 Stimmen wären nötig für die Entlassung von Ponta, aber nur 207 kommen zusammen. Bemerkenswert ist allerdings, dass die Abgeordneten der Regierungskoalition sich geschlossen enthalten. Echte Unterstützung sieht anders aus.
Victor Ponta ist angeklagt vor Gericht. Aktenfälschung, Steuerbetrug und Geldwäsche werden ihm vorgeworfen. Doch der Premierminister bleibt unbeirrt im Amt. Nur als Parteichef der Sozialdemokraten ist er im Juli zurückgetreten. Alina Gorghiu, die Chefin der Mitte-rechts-Opposition findet das unmoralisch und ungerecht:
"Die einzige Justiz, die Ponta anerkennt, ist die seiner eigenen Partei. Damit nimmt er den rumänischen Staat in Geiselhaft und handelt verantwortungslos. Er weigert sich um jeden Preis zurückzutreten und klammert sich an die Macht wie eine Klette an die Kleidung."
Ponta bestreitet Fehlverhalten
In jedem anderen Land der EU hätte der Regierungschef mit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen ihn sein Amt niedergelegt, meint Alina Gorghiu - und findet Unterstützung bei Staatspräsident Klaus Iohannis:
"Es ist eine untragbare Situation für Rumänien, dass der eigene Regierungschef als Straftäter beschuldigt wird. Was wir zur Zeit am wenigsten brauchen können, ist eine politische Krise. Deshalb fordere ich unmissverständlich den Rücktritt von Victor Ponta."
Am liebsten, daraus macht der Staatspräsident keinen Hehl, würde er Victor Ponta lieber heute als morgen entlassen. Doch das geht aus rechtlichen Gründen nicht, weil die Vorwürfe gegen den 43-jährigen sich auf Ereignisse aus der Zeit vor dessen Amtsantritt als Ministerpräsident beziehen. Ponta selbst bestreitet weiterhin jedes Fehlverhalten und lehnt einen Amtsverzicht ab.
"Wenn ich als Premierminister zurückträte, dann würde ich das Land wieder jenen in die Hand geben, die es vor meinem Regierungsantritt ruiniert haben. Danach müssten wir wieder von vorne anfangen, damit die Menschen ihre Rente oder ihren Lohn bekommen. Das wäre doch Verrat an meinen Wählern!"
Nastase war Pontas Ziehvater
Auch Pontas Partei hat sich mehrfach klar gegen einen Rücktritt des Regierungschefs ausgesprochen. Die Sozialdemokraten befürchten, in einem solchen Fall die Macht zu verlieren, weil ihr kleinerer Koalitionspartner, die "Union für den Fortschritt Rumäniens", die Situation ausnutzen könnte, um die Seiten zu wechseln. Sollte es in der Folge zu Neuwahlen kommen, würden viele Abgeordnete außerdem Gefahr laufen, ihren mit viel Geld erkämpften Platz im Parlament zu verlieren.
Politischer Ziehvater von Victor Ponta war übrigens der frühere Ministerpräsident Adrian Nastase. Der ist inzwischen wegen Korruption zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Als der Prozess gegen ihn losging, war Nastase allerdings schon etliche Jahre nicht mehr im Amt.