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Rumäniens Premier zum Rapport in Brüssel

Der rumänische Premier Victor Ponta hat in seinem Land die Befugnisse des Verfassungsgerichts beschnitten und ein Amtsenthebungsverfahren gegen Staatspräsident Traian Basescu eingeleitet. So nicht, meint die EU und hat Ponta ins Gebet genommen - im schlimmsten Fall drohen Sanktionen.

Von Aglaia Dane |
    Monica Macovei reibt sich die Augen. Im Moment schläft sie schlecht, erzählt die rumänische Europa-Abgeordnete – auch aufgrund der Ereignisse in ihrer Heimat.
    "In den letzten zwei Wochen war es so, dass wir morgens aufgewacht sind und festgestellt haben: In der Nacht sind Notstandsregelungen erlassen worden und sie sind auch bereits in Kraft getreten."
    Macovei blickt immer wieder auf den Fernseher in ihrem Büro. Ein rumänischer Sender überträgt live den Besuch von Premierminister Victor Ponta in Brüssel. Gerade betritt er einen blauen Teppich. Der liegt nur fünf Stockwerke unter Monica Macoveis Büro - im Eingang des Europaparlaments. Die 53-Jährige sitzt hier seit drei Jahren für die Demokratisch-liberale Partei Rumäniens. Davor war sie Justizministerin und hat sich einen Ruf gemacht als unerschrockene Korruptionsbekämpferin. Monica Macovei hat schon viel erlebt, aber das, was derzeit in Bukarest passiert, schockiert sie.
    "In Rumänien ist die Rechtstaatlichkeit aufgehoben worden. Das, was in den letzten zehn Tagen passiert ist, zeigt: Das war ein Staatsstreich – gut vorbereitet und von langer Hand geplant."
    So sehen es viele in der EVP-Fraktion, zu der auch CDU und CSU gehören. Viel zurückhaltender waren da in den vergangenen Tagen die Sozialdemokraten in Brüssel. Ihr Vorsitzender, Hannes Swoboda, warnt davor, Rumäniens Regierung vorzuverurteilen. Er wolle auf die objektive Analyse der EU-Kommission warten, sagt der Österreicher. Bisher sehe es für ihn es so aus, als sei die rumänische Regierung vor lauter Tatendrang etwas über das Ziel hinausgeschossen.
    "Da hat, glaub ich, die Regierung zu rasch reagiert oder das Parlament zu rasch reagiert aus der Freude, Dinge ändern zu können. Aber die Freude kann manchmal dazu führen, dass man Dinge ändert, die man nicht oder nicht so hätte ändern sollen."
    Der CSU-Politiker und stellvertretende EVP-Vorsitzende, Manfred Weber, kritisiert diese Haltung scharf.
    "Ich bin erschüttert, dass die Sozialdemokraten da auf dem rumänischen Auge blind sind."
    Es ist ein Vorwurf, den Weber selber häufig gehört hat in den letzten zwei Jahren: Da allerdings ging es nicht um Rumänien, sondern um Ungarn: Dort regiert Ministerpräsident Orban, ein Parteifreund Webers, seit Längerem so, dass es immer wieder zu Konflikten mit der EU kommt.
    Manfred Weber wendet ein, im Falle von Ungarn habe es zumindest eine Aktuelle Stunde im Parlament gegeben. Doch einer zu Rumänen hätten sich die Sozialdemokraten vergangene Woche in Straßburg verweigert.
    "Wer nicht einmal das Gespräch darüber zulässt, was denn da los ist, hat offensichtlich etwas zu verbergen. Deshalb kann ich die Sozialdemokraten nur dazu bitten, nun endlich auch dort Rechtsstaatlichkeit einzufordern."
    Die eingeforderte Reaktion kommt dann doch, gestern Abend. Parlamentspräsident Martin Schulz, SPD, empfängt Rumäniens Premierminister Ponta - mit deutlichen Worten: Wichtige Gesetze könnten nicht einfach per Notstandsverordnung durchgesetzt werden. Der Premierminister müsse die jüngsten Urteile des rumänischen Verfassungsgerichts akzeptieren.
    "Unser Treffen hier hinter verschlossenen Türen war vielleicht nicht das Freundlichste, was wir bisher hatten. Aber zwischen Freunden muss ein offenes Wort gestattet sein."


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