Im November deckte das Investigativteam des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Island, RÚV, in Zusammenarbeit mit Al Jazeera, WikiLeaks und dem isländischen Magazin Stundin sowie einem Whistleblower einen großen Korruptionsskandal in der Fischindustrie auf. Darin verwickelt: einer der größten Fischkonzerne des Landes – Samherji.
"Ein Riesendatenleck hat uns gezeigt in Telekommunikation, Banküberweisungen, wie die einfach Schmiergelder bezahlt haben. Die Kommunikation zeigt, wie die Firmen in Steueroasen teilweise mit namibischen Politikern gegründet haben, um Schmiergelder zu zahlen, um Steuergelder nicht zahlen zu müssen in Namibia", erzählt Ingólfur Bjarni Sigfússon, einer der Reporter von Kveikur, dem Investigativprogramm des Senders.
"Ein Riesendatenleck hat uns gezeigt in Telekommunikation, Banküberweisungen, wie die einfach Schmiergelder bezahlt haben. Die Kommunikation zeigt, wie die Firmen in Steueroasen teilweise mit namibischen Politikern gegründet haben, um Schmiergelder zu zahlen, um Steuergelder nicht zahlen zu müssen in Namibia", erzählt Ingólfur Bjarni Sigfússon, einer der Reporter von Kveikur, dem Investigativprogramm des Senders.
Veröffentlichung legt mögliche Veruntreuung offen
Dabei genoss Island bisher einen guten Ruf in Namibia. Der isländische Staat hatte viele Jahre Entwicklungsarbeit in der namibischen Fischindustrie geleistet und ein funktionierendes System mit vielen Arbeitsplätzen für Namibier aufgebaut.
All diese Aufbauarbeit ist nun quasi dahin. So war nach der Veröffentlichung des Skandals die Empörung in der isländischen Bevölkerung groß. Ebenso die Anerkennung der monatelangen Recherche.
Große Recherchen, kleine Budgets
So etwas hatte man im Zuge der Finanzkrise 2008 noch vermisst: Journalisten, die das heikle Gebaren von Finanzwikingern mal hinterfragt hätten. Daraus haben RÚV und auch einige engagierte private Medien gelernt. Doch die Mittel sind begrenzt.
Zwar hat sich das Land durch den blühenden Tourismus erholt und jetzt einige Wohlstandsjahre erlebt. Die privaten Medien aber leiden dennoch enorm unter der Konkurrenz der amerikanischen Techgiganten wie Google, Facebook oder Netflix.
Durch die kleine Bevölkerungszahl ist der Druck noch stärker als in größeren Medienmärkten. Um die privaten Medien zu unterstützen, hat Bildungsministerin Lilja Dögg Alfreðsdóttir von der liberalen Fortschrittspartei einen Gesetzentwurf ausgearbeitet, der staatliche Fördermittel für sie vorsieht.
Kritik an Vorschlag der Regierung
Die in dem Dreierbündnis unter der linksgrünen Ministerpräsidentin Katrín Jakobsdóttir mitregierende konservative Unabhängigkeitspartei ist davon wenig angetan und fordert in den Verhandlungen, dass die Werbeeinnahmen von RÚV drastisch eingeschränkt werden. Sie machen derzeit etwa ein Drittel des Budgets aus.
Wenige Tage nach der Aufdeckung des Samherji-Skandals sagte deren Vorsitzender und Finanzminister Bjarni Benediktsson:
Wenige Tage nach der Aufdeckung des Samherji-Skandals sagte deren Vorsitzender und Finanzminister Bjarni Benediktsson:
"Die Leute haben ein bisschen das Gefühl, dass RÚV sich auf der Luftmatratze sonnt, während die gesamte private Konkurrenz versucht sich ans Ufer zu retten. Und die Leute finden, dass das ein Teil des Problems, auf das wir schauen".
Debatte um öffentlich-rechtlichen Rundfunk
Im Vergleich zu öffentlich-rechtlichen Sendern in Europa ist RÚV ein Zwerg mit seinen zwei Hörfunkprogrammen und einem vollwertigen Fernsehkanal, der regulär zwei Nachrichtensendungen am Tag bietet und gegen ein Uhr Sendeschluss macht.
Für isländische Verhältnisse zeichnen Bjarni Benediktsson oder auch Sigmundur Davíð Gunnlaugsson von der rechtspopulistischen Zentrumspartei das Bild eines großen Tankers.
Ob eine Beschränkung von Werbeflächen bei RÚV den privaten Medien helfen würde, bezweifelt Medienwissenschaftlerin Valgerður Jóhannesdóttir von der Universität von Island. Den Gesetzentwurf findet sie hingegen sinnvoll, um die Medienlandschaft zu erhalten. Aber das würde nicht den Versorgungsauftrag ersetzen, den der öffentlich-rechtliche Rundfunk erfüllt:
"Ich kann nicht sehen, dass andere diese Rolle übernehmen könnten. Die Rolle, die RÚV für die Gesellschaft erfüllt. Weil es hier einfach keinen Markt gäbe für das, was dort geleistet wird, zum Beispiel auch für Kinder."
Für isländische Verhältnisse zeichnen Bjarni Benediktsson oder auch Sigmundur Davíð Gunnlaugsson von der rechtspopulistischen Zentrumspartei das Bild eines großen Tankers.
Ob eine Beschränkung von Werbeflächen bei RÚV den privaten Medien helfen würde, bezweifelt Medienwissenschaftlerin Valgerður Jóhannesdóttir von der Universität von Island. Den Gesetzentwurf findet sie hingegen sinnvoll, um die Medienlandschaft zu erhalten. Aber das würde nicht den Versorgungsauftrag ersetzen, den der öffentlich-rechtliche Rundfunk erfüllt:
"Ich kann nicht sehen, dass andere diese Rolle übernehmen könnten. Die Rolle, die RÚV für die Gesellschaft erfüllt. Weil es hier einfach keinen Markt gäbe für das, was dort geleistet wird, zum Beispiel auch für Kinder."
Großer Rückhalt bei Bürgerinnen und Bürgern
In der Bevölkerung sieht Valgerður Jóhannesdóttir keinen ausgeprägten Widerstand gegen die Rundfunksteuer, das Vertrauen in die Informationen von RÚV ist nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup von Mai 2018 mit Abstand am höchsten.
Dennoch wird im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf hart um die Finanzen von RÚV gerungen. Und das nicht zum ersten Mal: in den vergangenen Jahren musste der Sender schon einige große Einschnitte hinnehmen.
Dennoch wird im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf hart um die Finanzen von RÚV gerungen. Und das nicht zum ersten Mal: in den vergangenen Jahren musste der Sender schon einige große Einschnitte hinnehmen.
Wie es jetzt ausgeht, ist offen. Zumal mit der Corona-Krise noch ein ganz neues Problem dazu kommt: Der Stillstand im Tourismus könnte dem Land erheblich schaden. Der Sektor war in den letzten Jahren der bedeutendste für die Volkswirtschaft – neben der Fisch- und der energieintensiven Industrie.