Nach KEF-Empfehlung
Wie wahrscheinlich ist eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags?

Um 58 Cent soll der Rundfunkbeitrag steigen, wenn es nach der unabhängigen Kommission KEF geht - mehr als einige Bundesländer wollen und weniger als die Anstalten angemeldet haben. Klingt nach einem Kompromiss, ist aber noch umstritten. Ein Überblick.

    Der KEF-Vorsitzende Martin Detzel und Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz und Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, halten gemeinsam den 24. KEF-Bericht in den Händen
    Die unabhängige Expertenkommission KEF empfiehlt den Bundesländern die Höhe des Rundfunkbeitrags. Der Vorsitzende Martin Detzel übergab den 24. KEF-Bericht an Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz und Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder. (picture alliance / dpa / Monika Skolimowska)
    Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland muss sparen. Wie und wo genau, darüber wird nicht erst seit dem Skandal um die ehemalige RBB-Intendantin Patricia Schlesinger 2022 heftig debattiert. Gerade erst hat der Zukunftsrat seine Vorschläge für weitreichende Reformen vorgelegt, auf die ein überwiegend positives Echo folgte.
    Nun hat die unabhängige Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) ihre Empfehlung ausgesprochen: eine Anhebung des Beitrags auf 18,94 Euro pro Monat ab 2025. Derzeit zahlt jeder Haushalt in Deutschland monatlich 18,36 Euro für öffentlich-rechtliche Fernseh-, Radio- und Onlineangebote. Das liegt laut KEF deutlich unter dem von den Anstalten angemeldeten Bedarf. Die Politik muss der Erhöhung noch zustimmen - doch sieben Bundesländer hatten sich schon im Vorfeld dagegen ausgesprochen. Wie geht es nun weiter?

    Inhalt

    Wie kommt die KEF zu ihrer Empfehlung für den Rundfunkbeitrag?

    Wie hoch der Rundfunkbeitrag ausfällt, bestimmt ein vorgegebenes Verfahren. Es soll sicherstellen, dass weder Sender noch Politik den Beitrag willkürlich festlegen können: Erst müssen ARD, ZDF und Deutschlandradio melden, wie viel Geld sie in den kommenden Jahren fordern, um ihren Programmauftrag zu erfüllen. Dann prüft die unabhängige Expertenkommission KEF diese Angaben. Sie besteht aus 16 Fachleuten, die von den jeweiligen Landesregierungen berufen werden. Die KEF kürzt in der Regel noch und errechnet eine Empfehlung. Und schließlich müssen alle Bundesländer noch zustimmen.
    ARD, ZDF und Deutschlandradio hatten einen um etwa einen Euro höheren monatlichen Rundfunkbeitrag beantragt, heißt es im aktuellen Bericht der KEF. Mit der Erhöhung um 58 Cent habe sie den angemeldeten Bedarf um knapp zwei Drittel gekürzt, schreibt die Expertenkommission: von 2.910,7 Mio. um 1.838,6 Mio. Euro. Gekürzt worden ist vor allem beim Personalaufwand, bei der betrieblichen Altersversorgung und beim Programmaufwand.
    Damit liege die Beitragsentwicklung „deutlich unterhalb der aktuellen und auch unterhalb der von der Europäischen Zentralbank angestrebten Inflationsrate“, sagte der Vorsitzende der Kommission, Martin Detzel, bei der Übergabe des KEF-Berichts an die Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD).
    Länder, die jetzt über Reformen nachdenken, hätten bereits Möglichkeiten gehabt, in ihrem Sinne zu reagieren, sagte Detzel im Dlf. "Das, was jetzt diskutiert wird, sind ja Reformvorhaben, Überlegungen und Wünsche, die aber nicht in einer Rechtssicherheit vorhanden sind." Daraus könne die KEF keinen Beitrag entwickeln.
    Die Rundfunkanstalten sind laut KEF trotz vorgenommener Kürzungen mit dem empfohlenen monatlichen Rundfunkbeitrag 2025 bis 2028 bedarfsgerecht finanziert. Sollte die empfohlene Beitragshöhe aber unterschritten werden, gefährde das die notwendige Finanzierung für die Erfüllung des gesetzlich vorgeschriebenen Auftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

    Was sagen die Sender zur KEF-Empfehlung?

    Der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke meinte, der Vorschlag der KEF stelle die öffentlich-rechtlichen Sender vor große Herausforderungen. Die ARD-Programmdirektorin Christine Strobl sagte im Dlf, das bisherige System komme an seine Grenzen, es brauche jetzt einen großen Wurf. Hier sieht sie jedoch auch die Politik am Zug. Denn: Die Länder bestimmen den Auftrag für die öffentlich-rechtlichen Anstalten, die diesen mit ihrem von der unabhängigen KEF geprüften Finanzbedarf erfüllen sollen.
    „Wenn wir zum Beispiel weniger Hörfunkwellen machen wollen, wenn wir bestimmte Dinge im Auftrag verändert bekommen sollen – wenn über solche Dinge nachgedacht werden sollte, dann können wir das in Eigenregie gar nicht machen, sondern da wäre an der Stelle die Politik gefragt", so Strobl.

    Was sagt die Politik zum Rundfunkbeitrag?

    Beschlossen ist noch nichts, aber der Ball liegt jetzt bei den Bundesländern. Die Landesregierungen müssen einen Staatsvertrag schreiben, dem alle 16 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten und schließlich auch die 16 Landtage zustimmen müssen, damit die Erhöhung kommt. Bayern, Brandenburg, Berlin, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt haben jedoch schon vor der KEF-Empfehlung eine Erhöhung abgelehnt.
    Brandenburgs Medienstaatssekretär Benjamin Grimm (SPD) etwa begründete dies im Dlf so: "Akzeptanz wird nicht erhalten werden können, wenn man, bevor man eigene Sparanstrengungen unternommen hat, gleich zu einer Erhöhung kommt." Am Ende könnte es gar nicht mehr erforderlich sein, den Beitrag anzuheben, so Grimm. Er sieht den Ball nun bei den Sendern. Diese könnten nach Ansicht des Staatssekretärs bis zu einer Entscheidung auch ihre Rücklagen nutzen. Die Mittel sind laut KEF-Chef Detzel jedoch bereits in der aktuellen Empfehlung "vollständig eingepreist".
    Nathanael Liminski (CDU), Medienstaatssekretär von Nordrhein-Westfalen, gab ebenfalls noch keine Zusage, der KEF-Empfehlung zu folgen. "Die Frage wird sein: Ist etwa für die nächsten zwei Jahre eine Versorgung finanziell möglich ohne eine Erhöhung, sodass zwischenzeitlich Reformen greifen können?" Bereits jetzt habe sich der Reformdruck der letzten Jahre aber auch schon ausgezahlt. Die Ländern wollen die KEF bald um ein Sondergutachten bitten, "um ein Preisschild an diese Reform zu machen, also eine Entscheidungsgrundlage dafür zu bekommen, inwieweit das wirksam wäre mit Blick auf den Beitrag", so Liminski.
    Staatssekretärin Heike Raab (SPD), Bevollmächtigte des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund und für Europa und Medien, empfindet die aktuelle KEF-Empfehlung im Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" als "moderat", kritisiert jedoch "Defizite" bei der Bedarfsanmeldung der Rundfunkanstalten, die nach Ansicht von Raab bei den Spartenprogrammen stärker hätten sparen können. "Die Länder werden sich in den nächsten Wochen mit der KEF-Empfehlung und auch damit beschäftigen, wie die Anstalten die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten für Einsparungen genutzt haben."

    Wie geht es weiter?

    Die KEF weist in ihrem aktuellen Bericht darauf hin, dass nur in engen Ausnahmefällen von ihrer Empfehlung abgewichen werden kann. Dieser Fall muss nachprüfbar begründet sein: beispielsweise wenn nachgewiesen werden kann, dass eine Erhöhung um 58 Cent viele Menschen in Existenznot bringt. Und auch das müssten alle 16 Länder einstimmig beschließen.
    Ob das bis Anfang 2025 möglich ist, ist fraglich. Die Rundfunkkommission muss nun einen Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag auf Basis der KEF-Empfehlung erarbeiten. "Wir werden diese Entscheidung im Herbst treffen", so Staatssekretärin Raab in der "FAZ". Dazu sollen die finanziellen Auswirkungen der Reformvorschläge der Rundfunkkommission und des Zukunftsrats durch ein Sondergutachten der KEF berechnet werden. Für die politische Entscheidung, die auch die Zustimmung der Landesparlamente braucht, bestehe "eine zeitliche Elastizität, die die Anstalten nach unserer Meinung verkraften können".
    Wenn es am Ende weder eine Erhöhung noch eine tragfähige Begründung gibt, was in Anbetracht des Zeitdrucks nicht unwahrscheinlich ist, bleibt den Sendern erneut der Gang vors Bundesverfassungsgericht. Am Ende könnte das vielleicht sogar beschließen, dass es ein neues Verfahren für die Festsetzung des Rundfunkbeitrags geben muss.