Kommentar zum Rundfunkbeitrag
Die Beitragsdebatte als populistischer Überbietungswettkampf

Politiker wie CSU-Chef Söder gefallen sich darin, gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu wettern. Doch Entscheidungen, die die Sendeanstalten schlanker machen würden, treffen sie nicht. Hier fehle der politische Mut, kommentiert Martin Krebbers.

Ein Kommentar von Martin Krebbers |
Markus SOEDER Ministerpraesident Bayern und CSU Vorsitzender laesst sich im Trachtenjancker auf der Buehne feiern. Er spricht beim politischer Aschermittwoch der CSU am 14.02.2024 in der Dreilaenderhalle in Passau.
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder kritisiert die öffentlich-rechtlichen Sender laut und gerne - auch im Bierzelt. (IMAGO / Sven Simon)
Radio Bremen und den Saarländischen Rundfunk streichen – nein, das reicht Bayerns Ministerpräsident Markus Söder nicht. Die dazugehörigen Bundesländer könne man sich ebenfalls sparen, donnerte Söder ins Aschermittwochs-Bierzelt. Eine Streichliste hatte Söder vorgelegt. Darauf 20 öffentlich-rechtliche Angebote, die er schließen will. Freilich ist kein einziges aus Bayern darunter.
Die Beitragsdebatte könnte konstruktiv geführt werden, doch sie ist längst in einen populistischen Überbietungswettkampf abgerutscht. Schlimmer noch: Sie hat sich vom vorgegebenen Verfahren entkoppelt. Zur Erinnerung: Die Politik beauftragt die Rundfunkanstalten mit einem Programm. Die Sender berechnen, wie viel Geld sie dafür benötigen. Ihren Bedarf melden sie dann bei der unabhängigen Kommission KEF an - und die rechnet äußerst streng nach.
Jetzt hat sie eine Erhöhung empfohlen, um 58 Cent. Damit liegt der Ball bei den Bundesländern, deren Parlamente alle der Beitragserhöhung zustimmen müssen. Üblicherweise folgen sie der Empfehlung der KEF. Doch sechs Länder haben bereits laut "Nein" gesagt. Sie erwarten von den Anstalten mehr Sparanstrengungen. Doch das ist feige.

Den Auftrag der Anstalten beschränken

Politischen Mut würde es erfordern, schon den Auftrag der Anstalten klar zu beschränken. Weniger Programm kostet weniger. Kein Fußball mehr? Kein Regionalstudio mehr in Bielefeld oder Oberfranken? Kein Rundfunkorchester? Alles schmerzhaft – nur entscheiden müssen das die Landesregierungen. Und die verweigern sich. Rundfunkpolitik ist nämlich immer auch Standortpolitik, und wer gibt schon gerne das eigene Regionalstudio her - siehe Söders vergiftete Streichliste.
Da kostet es doch viel weniger, sich rüpelnd ins Bierzelt zu stellen und „Sparen“ zu schreien. Um nicht missverstanden zu werden: Es gab Skandale, es gab Verschwendung, Intendanten und Talkshow-Moderatoren verdienen mehr als üppig. Es braucht dringend tiefgreifende Veränderungen – und ja, auch eine Verschlankung, sonst verliert der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine Akzeptanz. Doch statt Grundlagen neu zu verhandeln und konstruktiv zu gestalten, legen Politiker mit ihrem Beitrags-Gepolter die Axt an die Akzeptanz und das Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

(K)ein Fall für das Bundesverfassungsgericht

Bleiben die Länder bei ihrem „Nein“, bliebe den Sendern wohl der Gang zum Bundesverfassungsgericht. Nicht einfach, wirkt es doch so, als wollten sich die „Gier-Anstalten“ ihr Geld mit der juristischen Brechstange ertrotzen. Dabei ist es schlichte Notwehr gegen die politische Blockade eines Verfahrens, das die Landesregierungen selbst geschaffen haben. Am Ende könnte das Gericht das Beitragsverfahren selbst neu festlegen. Es wäre ein Armutszeugnis für unser politisches System, dem dafür offensichtlich die Kraft gefehlt hat.