In der Nacht zu ihrem 38. Geburtstag spielte die Sängerin Rupa Marya mit ihrer Band "The April Fishes" ein Konzert, das später als Live-Album veröffentlicht werden sollte. Um Mitternacht spielte ihre Band "Happy Birthday To You". 15 Sekunden davon sollten auf das Album.
"Und als ich das machen wollte, sagte mein Anwalt, ich müsse 455 Dollar Lizenzgebühren an Warner/Chappell bezahlen, weil sie die Rechte an "Happy Birthday" besitzen würden. Und ich sagte, das ist doch verrückt!"
Rupa Marya studierte die Geschichte des Songs und klagte gegen das Majorlabel, das die Rechte an dem Song illegitim beansprucht hatte. Marya gewann den Gerichtsstreit, Warner musste 14 Millionen Dollar Lizenzgebühren zurückzahlen an Musikerinnen und Musiker, die das Stück bereits lizensiert hatten.
Musikalischer Aktivismus mit Erfolgsergebnis
"Ich interessiere mich sehr für das Gemeingut. Was gehört allen und was gehört niemandem? So viel gehört mittlerweile großen Unternehmen: unsere Luft, unser Wasser, unser Land. Also dachte ich, was passiert wohl, wenn wir das Gemeingut wieder befreien und mit einem Song anfangen? Mit einem der bekanntesten Songs der Welt?"
Das gewonnene Gerichtsurteil steht symbolisch für Rupa Maryas musikalischen Aktivismus: Ihre Musik und ihr Handeln sollen Menschen dabei helfen, in Würde zu leben, idealerweise gesund und im Einklang mit dem Planeten Erde. Es ist eine politische Haltung, die auf ihrem neuen Album "Growing Upward" aber immer etwas esoterisch wirkt. Musik als heilende Kraft, diese Floskel wird etwas überstrapaziert.
"Wir veröffentlichen das Album auch nicht als Plastik-CD, die auf einer Mülldeponie endet, sondern als zwölf Päckchen Samen. Damit wollen wir die Fans einladen, ihre eigene Verbindung zur Erde wiederzuentdecken. Denn gerade jetzt müssen wir daran arbeiten, uns wieder mit unserem erdverbundenen Selbst zu vereinigen."
Musik ist ein Medikament für die Menschheit
Mit "gerade jetzt" meint Marya: in Zeiten des Klimawandels, der alles Leben zu zerstören droht. Rupa & The April Fishes wollen mit "Growing Upward" neue Perspektiven auf Umweltzerstörung schaffen. Musik als Heilung für einen kranken Planeten.
"Musik ist eines der ursprünglichsten Medikamente der Menschheit. In allen Kulturen spielt Musik eine Rolle als heilendes Element. Ich denke, Musik hat die Fähigkeit, unseren Geist zu öffnen, so wie es eine direkte Rede oder ein wissenschaftlicher Text vielleicht nicht können."
Songs als Statements gegen gesellschaftliche Missstände
"Growing Upward" ist voll von politischen und musikalischen Referenzen. Es gibt ein Bob-Marley-Cover, einen Chor mit Frauen der First Nations, der indigenen Völker Kanadas. Es ist ein Hybrid aus Jazz, Reggae, Folk und nicht-westlichen Kompositionen
Wenn Rupa Marya keine Musik macht, arbeitet sie als Medizinprofessorin an der University of California, San Francisco. Sie unterrichtet innere Medizin und fragt sich, wie Gesellschaft und Gesundheit zusammenhängen? Die Stücke auf "Growing Upward" sind auch deshalb Statements gegen gesellschaftliche Missstände. Im Jazz-Stück "Where You From" geht es um Alltagsrassismus.
Das letzte Stück der Platte, "Yelamu We Are Still Here", spielt auf den ursprünglichen Namen von San Francisco an, und ist eine Erklärung der Menschenrechte für ein anderes San Francisco und gegen das Finanzkapital, das Menschen verdrängt.
Aktivismus und Pop
"Je mehr Milliardäre hier auf diese kleine Halbinsel ziehen, desto mehr Menschen werden verdrängt. Es gibt massive Probleme mit dem Wohnungsbau und der Einkommensverteilung. Es ist, als würde man die Probleme der Welt in einer hyperkapitalistischen Wirklichkeit präsentiert bekommen, hier in San Francisco."
Einige Stücke auf "Growing Upward" bringen Aktivismus und Pop schlüssig zueinander. Doch die explizit politischen Texte drängen die Musik häufig in den Hintergrund, es wirkt, als seien die Stücke ein bisschen ungeplant zusammengewürfelt worden. Es fehlt eine durchgängige musikalische Dramaturgie. Und wer mit Musik als Heilung nicht viel anfangen kann, für den kann die Musik auf "Growing Upward" leider schnell ziemlich kitschig wirken.