China und Russland haben ihren Nachbarschaftsvertrag verlängert. Darauf haben sich der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping und Russlands Präsident Wladimir Putin verständigt.
Der Nachbarschaftsvertrag zwischen China und Russland schreibt auch die gegenseitige Unterstützung der territorialen Integrität beider Staaten fest. Angesichts zunehmender geopolitischer Spannungen spiele die russisch-chinesische Nachbarschaft eine "stabilisierende Rolle im Weltgeschehen", betonte Putin. Russland beliefert China unter anderem mit Öl, Gas und Kohle. Im Gegenzug verkaufen die Chinesen Maschinen und Konsumgüter in den flächenmäßig größten Staat.
Beide Länder verfolgen zudem ähnliche Interessen im UN-Sicherheitsrat und haben ein angespanntes Verhältnis zu den USA. Aus Sicht der NATO stellen China und Russland derzeit die größte Bedrohung für die Sicherheit im euro-atlantischen Raum dar.
Der Handel zwischen Russland und China hat deutlich zugenommen. Im Außenhandel Chinas hat Russland nach wie vor eine sehr niedrige Position, ist nicht so prominent wie westliche Industrienationen. Aber für Russland ist China mittlerweile der wichtigste bilaterale Handelspartner, hat Deutschland vor einiger Zeit abgelöst. Die EU bleibt allerdings der wichtigste Handelspartner Russlands.
China ist vor allem sehr stark an russischen Rüstungsgütern interessiert. Mittlerweile hat sich die Situation aber verändert, weil China seine eigenen Kapazitäten sehr stark ausgebaut hat und unabhängig von russischen Rüstungstechnologien und Know-how geworden ist. Wichtig sind für China aber Energielieferungen aus Russland. Da bleibt Russland ein wichtiger Öl- und Gaslieferant.
Russland bezieht aus China vor allen Dingen Textilien, Konsumgüter und zunehmend auch Hochtechnologie im Bereich Telekommunikation, Digitalisierung, Computertechnologie. Damit ergibt sich für die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Russland und China aus russischer Perspektive ein ähnliches Ungleichgewicht wie mit den westlichen Industrienationen. Russland ist in erster Linie Rohstofflieferant und China kommt zunehmend in die Position, Fertiggüter, Konsumgüter und auch Technologien nach Russland zu liefern.
Der russisch-chinesische Nachbarschaftsvertrag besteht seit Juli 2001. Dahinter steht sowohl aus der Perspektive Pekings als auch Moskaus das Bestreben, ein Gegengewicht zum Einfluss des Westens in der globalen Politik zu schaffen. Beide vereint der Wunsch, dass eigene autoritäre politische System zu schützen und den westlichen Einfluss zu limitieren. Aber Russland und China wollen auch eine alternative politische Ordnung bereitstellen, eine Gegenposition zur USA und dem Westen.
Auf globaler Ebene wird vor allen Dingen der zunehmende weltweite Machtanspruch Chinas - wirtschaftlich, politisch, militärisch - kritisch wahrgenommen. Unter dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump gab es eine sehr aggressive Phase amerikanischer China-Politik. Aber auch die jüngsten Initiativen von Joe Biden, sind Antworten auf die wachsende Rolle Chinas im internationalen System. Hier nimmt Russland prinzipiell nur eine nachrangige Position ein, kann aber das chinesische Agieren in diesem Zusammenhang durchaus verstärken.
Perspektivisch gibt es eine Reihe von Bereichen, wo es durchaus zu Interessenkonflikten kommen kann, wenn sich das Ungleichgewicht zwischen Russland und China in dieser Form weiterentwickelt.
Zum Beispiel die Arktis, wo Russland starke Territorialansprüche hat, perspektivisch auch Zentralasien, wo China als wirtschaftlicher Akteur eine immer größere Rolle spielt und Russland aus seiner Vormachtsstellung in der Region verdrängt. Das Gleiche könnte irgendwann in anderen Weltregionen passieren. China hat sich immer sehr zurückgehalten in manchen der Konflikte, die Russland mit dem Westen hatte.
Zum Beispiel beim russisch-georgischen Krieg 2008, als Russland im Nachgang die beiden abtrünnigen Gebiete in Georgien als Staaten anerkannt hat, da hätte man sich in Moskau sicherlich Unterstützung von China gewünscht, hat sie aber nicht bekommen. Das Gleiche gilt für die Annexion der Krim.
Und die chinesische Rolle in Russlands unmittelbarer Nachbarschaft nimmt nicht nur in Zentralasien zu, sondern auch im Westen Russlands. Das sind Bereiche, wo es zukünftig zu Interessenkonflikten kommen könnte. Bislang gehen beide Seiten damit noch sehr konstruktiv um, weil der Vorteil, den sie aus dieser Partnerschaft gewinnen, einfach deutlich größer ist als die Nachteile, die sie im Moment sehen.
Quelle: Sabine Fischer (Stiftung Wissenschaft und Politik) im Gespräch mit Britta Fecke, al