Es geschah in der Nacht. Wera Sawtschenko kam von einem Besuch bei ihrer Schwester, der verurteilten Nadjeschda Sawtschenko, im Gefängnis im südrussischen Nowotscherkassk und war auf der Rückreise in die Ukraine. Zufällig war sie in Begleitung des Konsuls der Ukraine in einem Diplomatenfahrzeug unterwegs.
Russische Grenzbeamte hinderten sie an der Ausreise, forderten sie zum Aussteigen auf. Die Ukrainerin weigerte sich. Nach einigen Stunden konnte das Diplomatenfahrzeug umkehren. Mittlerweile befindet sich Wera Sawtschenko im Generalkonsulat der Ukraine in Rostow am Don, berichtet ihr Anwalt Nikolaj Polozow:
"Jetzt muss auf diplomatischen Kanälen entschieden werden, ob sie aus Russland ausreisen darf. Wera Sawtschenko ist in genauso einer bitteren Lage wie Julian Assange in der Botschaft Ecuadors in London."
Der Präsident der Ukraine, Petro Poroschenko, hat das ukrainische Außenministerium angewiesen, sich um Wera Sawtschenkos Ausreise zu bemühen. Sobald sie das Generalkonsulat verlasse, könne sie in Russland verhaftet werden, erläutert der Anwalt Polozow. Denn heute habe sich herausgestellt, dass Wera Sawtschenko in Russland zur Fahndung ausgeschrieben sei. Sie solle einen russischen Richter beleidigt haben.
Ein weiterer Eskalationsschritt im Verhältnis Russlands zur Ukraine
"Dafür kann man bis zu sechs Monate Haft bekommen. Oder eine Geldstrafe. Ich kann mir gut vorstellen, dass die russische Justiz den Prozess gegen Wera Sawtschenko durchzieht. Denn Russland kann so weiterhin Macht demonstrieren, während sich in der Frage Nadjeschda Sawtschenkos endlich etwas bewegt."
Seit Tagen wird über eine möglicherweise bevorstehende Auslieferung der Kampfpilotin an die Ukraine spekuliert. Das Justizministerium der Ukraine hat im April einen Auslieferungsantrag gestellt. Wera Sawtschenko sagte gestern nach dem Besuch im Gefängnis, ihre Schwester habe begonnen, Papiere auszufüllen, die für die Auslieferung nötig seien. Eine Bestätigung dafür gibt es nicht.
Das Vorgehen gegen Wera Sawtschenko ist ein weiterer Eskalationsschritt im ohnehin gespannten Verhältnis Russlands zur Ukraine. Vorgestern hatte ein russisches Gericht das Verbot des Medschlis, der politischen Vertretung der Krimtataren, bestätigt. Der Medschlis war für den Verbleib der Krim in der Ukraine eingetreten, die russischen Behörden haben ihn als extremistisch eingestuft.
Der Präsident der Ukraine bezeichnete die Entscheidung als "verbrecherisch". Der Generalsekretär des Europarates hat Russland aufgefordert, das Verbot des Medschlis zu überdenken.