Seit Monaten wird in Russland Stimmung gegen die Vereinigten Staaten gemacht – und die Angriffe auf Stellungen der Terrormiliz Islamischer Staat spielen den Kritikern in die Karten. Der kommunistische Duma-Abgeordnete Gennadi Sjuganow sprach gestern von einer unfähigen und verbrecherischen US-Außenpolitik. Die Staatsmedien schrieben: Viele internationale Experten seien überzeugt, dass Obama's Kampf gegen die Dchihadisten zum Misserfolg verdammt sei. Schon vor zwei Wochen hatte Außenministeriumssprecher Alexander Lukaschewitsch vor diesem Schritt gewarnt:
"Der Präsident der Vereinigten Staaten hat ausdrücklich über die Möglichkeit von amerikanischen Militärschlägen auf Stellungen des Islamischen Staates in Syrien ohne die Zustimmung der rechtmäßigen Regierung hingewiesen. Ein solcher Schritt wäre ohne die Zustimmung des UN-Sicherheitsrats ein Akt der Aggression und eine eklatante Verletzung des Völkerrechts."
Inzwischen hat Moskau die Angriffe offiziell verurteilt. Der eigenmächtige Beschluss der USA und ihrer Verbündeten schüre die Spannungen und destabilisiere die Region, heißt es offiziell. Russland zählt zu den wenigen Verbündeten Syriens. Seit 1971 befindet sich dort der einzige Stützpunkt der russischen Marine im Mittelmeer. Erst kurz vor den Präsidentenwahlen im Juni sollen 175 Millionen Euro an das Regime von Machthaber Assad geflossen sein.
Auch in der Ukraine-Krise steht Moskau gegen Washington. Der Vorsitzende der Staatsduma, Sergej Naryschkin, warf den Vereinigten Staaten vor, die Welt mit einer unverantwortlichen Politik an den Rand eines neuen Kalten Krieges zu treiben. Die eigene Rolle wird dagegen heruntergespielt. Stattdessen gibt der Kreml vor, die Friedensverhandlungen für die Ostukraine zu fördern. Und Präsident Vladimir Putin kritisiert die Sanktionen des Westens als Verstoß gegen Grundprinzipien der Welthandelsorganisation – unter anderem würde die Regel des fairen und freien Wettbewerbs ignoriert:
"Dies wird gemacht und damit politisiert, ohne die Normen der WTO einzuhalten. Tatsächlich hat sich eine Gruppe von westlichen Ländern dazu entschlossen, diese und eine Reihe anderer Grundsätze und Regeln der WTO für Russland zu streichen, das zu den sechs größten Volkswirtschaften der Welt zählt."
Strategische Partnerschaft zwischen Russland und China
Ansonsten lässt der Präsident derzeit eher andere sprechen, wenn es um die Außenpolitik geht. Angesichts der Sanktionen und den Folgen wie Preissteigerungen und Rubeltiefstständen hofft die russische Regierung, die Lage zum Positiven nutzen zu können.
Putin präsentiert sich in den Staatsmedien einerseits als Förderer der eigenen Wirtschaft – zuletzt bei der Eröffnung einer PVC-Fabrik in Nischni Nowgorod rund 400 Kilometer östlich von Moskau. Andererseits forciert er die Kontakte nach Asien, vor allem nach Peking. Unter anderem sollen chinesische Unternehmen stärker in Russland investieren und die Banken- und Energiebranchen beider Länder enger zusammenarbeiten. Auf einem internationalen Wirtschaftsforum in Sotchi warnte Ministerpräsident Dmitri Medwedew am vergangenen Wochenende:
"Die Sanktionen werden nicht auf unbestimmte Zeit verlängert. Aber in jenen Nischen, die in unserer Wirtschaft dann bereits mit anderen ausländischen Partnern oder unseren Herstellern besetzt sind, was wir hoffen, werden die europäischen Partner nicht zurückkehren können. Das ist der Preis, den Europa bezahlen muss."
China und Russland sitzen nicht am Tisch, wenn sich heute die Außenminister der sieben führenden Industrienationen treffen. Abseits treiben beide UN-Veto-Mächte ihre strategische Partnerschaft voran.