Ukraine-Krieg
Russland: Gefechte gehen nach ukrainischem Vorstoß nach Kursk weiter

Die Ukraine hat sich erstmals zu den Angriffen auf russischem Territorium in der Region Kursk geäußert. Präsidentenberater Podoliak bezeichnete den Vorstoß als Folge des fast seit zweieinhalb Jahren währenden russischen Angriffskriegs gegen sein Land. Das russische Verteidigungsministerium erklärte seinerseits, der "Einsatz zur Zerstörung von Einheiten der ukrainischen Armee" gehe weiter.

    Kursk: Dieses vom amtierenden Gouverneur der Region Kursk, Alexej Smirnow, über seinen Telegrammkanal veröffentlichtes Foto zeigt ein beschädigtes Haus nach Beschuss.
    In der russischen Region Kursk kommt die ukraninische Armee mit ihrem jüngsten Vorstoß offenbar voran (Archivbild). (Uncredited / Acting Governor of Ku / Uncredited)
    Die "Hauptursache für jede Eskalation, jede Bombardierung, jede militärische Aktion - einschließlich der russischen Regionen Kursk und Belgorod - sei "einzig und allein die eindeutige Aggression Russlands", erklärte Präsidentenberater Podoljak im Onlinedienst X. Präsident Selenskyj lobte die ukrainische Armee und hob ihre Fähigkeit hervor, "zu überraschen". Er erwähnte dabei die aktuellen Kämpfe nicht, die nach russischen Angaben den dritten Tag in Folge andauern.

    Russische Reaktion auf ukrainischen Angriff erfolgt langsam

    Die russische Reaktion auf die grenzüberschreitende Offensive erfolgte erst langsam. Über das Gebiet Kursk, in dem Tausende auf der Flucht sind, wurde der Ausnahmezustand verhängt. Die Bahnhöfe der grenznahen Städte Sudscha, Korenowo und Psel wurden für den Passagierverkehr geschlossen, wie die Eisenbahndirektion in Moskau mitteilte. Verletzte aus dem Gebiet Kursk, vor allem Kinder, wurden in Krankenhäuser in der Hauptstadt gebracht. Von dort wiederum fuhren Ärzte in das umkämpfte Gebiet.
    Ein Vordringen der ukrainischen Truppen sei dank des Einsatzes von Grenztruppen, herangeführten Reserven, Luftangriffen und Artilleriebeschuss unterbunden worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Der Militärblog Rybar berichtete, der westliche Teil der Kleinstadt Sudscha sei unter ukrainischer Kontrolle. Gekämpft werde um den Osten der Stadt. Außerdem seien die Ukrainer weiter nach Norden vorgestoßen in Richtung Anastassejewka sowie nach Nordosten Richtung Korenowo. 
    Örtlichen Berichten zufolge gibt es jedoch keine ukrainische Präsenz in Sudscha selbst. Lediglich nördlich und westlich der Stadt wird von Schießereien und Artilleriebeschuss berichtet. Nicht bestätigten Berichten zufolge seien ukrainische Aufklärungseinheiten auch in Richtung des Atomkraftwerks Kursk vorgerückt und bei Anastassejewka gesichtet worden.

    US-Experten: Ukrainische Truppen mindestens zehn Kilometer nach Russland vorgedrungen

    Experten des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) bestätigten anhand von Informationen in sozialen Netzwerken, dass die ukrainischen Truppen mindestens zehn Kilometer weit in das Gebiet vorgedrungen seien. Nach Angaben des russischen Militärbloggers Podoljaka rückte die Ukraine sogar um mehr als 25 Kilometer vor. Wie das ISW weiter erklärte, deuteten das "derzeit bestätigte Ausmaß und die Lage der ukrainischen Vorstöße im Gebiet Kursk darauf hin, dass die ukrainischen Streitkräfte mindestens zwei russische Verteidigungslinien und eine Stellung durchbrochen haben". Demnach zielt die Ukraine auf einen wichtigen Versorgungsstützpunkt der russischen Armee nahe der acht Kilometer von der Grenze entfernten Stadt Sudscha.
    Seit Beginn der russischen Invasion sind immer wieder ukrainische Soldaten nach Russland eingedrungen. Die russische Armee erklärte jedes Mal, diese zurückgedrängt zu haben. In einigen Fällen kamen dabei - wie bei den jüngsten Gefechten - die Luftwaffe und Artillerie zum Einsatz. Der derzeit stattfindende Vorstoß ist allerdings offenbar der erste, an dem reguläre ukrainische Streitkräfte teilnehmen.

    Kiesewetter (CDU): Vorstoß in Kursk "militärisch sinnvoll"

    CDU-Außenpolitiker Kiesewetter bezeichnete den ukrainischen Vorstoß in Kursk als "militärstrategisch sinnvoll". Damit könne "der Druck auf die Front an anderen Stellen genommen werden, weil Russland Kräfte in Kursk bindet beziehungsweise dorthin verlegen muss", sagte Kiesewetter dem Berliner "Tagesspiegel". Der ukrainische Vorstoß sei "selbstverständlich völkerrechtlich im Sinne des Selbstverteidigungsrechts zulässig".
    Diese Ansicht äußerte auch der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Faber (FDP). Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine sei "das Territorium beider Staaten Kriegsgebiet", sagte Faber den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Ihm zufolge kann die Ukraine für ihren Vorstoß auch von Deutschland gelieferte Waffen einsetzen. Dies gelte "für jegliches Material", auch den Kampfpanzer Leopard 2, erklärte der FDP-Politiker.
    Diese Nachricht wurde am 08.08.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.