Der kreml-kritikische Politiker Alexej Nawalny ist wegen Unterschlagung zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Das Gericht in Moskau sieht es als erwiesen an, dass der Anwalt mit seinem Bruder Oleg den französischen Kosmetikkonzern Yves Rocher um umgerechnet fast eine halbe Million Euro betrogen hat, als das Unternehmen einen Vertriebsdienst der Brüder nutzte. Yves Rocher hatte zunächst Klage eingereicht, später aber erklärt, es sei kein Schaden entstanden. Die Staatsanwaltschaft hatte zehn Jahre Lagerhaft gefordert.
Nawalny weist die Vorwürfe als politisch motiviert zurück. Nach der Urteilsverkündung rief er seine Anhänger zu Protesten gegen die russische Regierung auf. Während Alexej Nawalny mit einer Bewährungsstrafe davonkommt, muss sein Bruder Oleg für dreieinhalb Jahre hinter Gitter, berichtet Deutschlandfunk-Korrespondentin Gesine Dornblüth. Nawalny habe das Urteil so kommentiert: "Schämen Sie sich nicht, ihn (meinen Bruder) zu bestrafen für das, was ich getan habe?!"
Führender Oppositioneller
Das Gericht hatte die Urteilsverkündung kurzfristig um gut zwei Wochen vorgezogen. Nawalnys Umfeld vermutet, dass die Behörden damit eine geplante Demonstration am ursprünglichen Termin Mitte Januar ausbremsen wollten. Auch für heute wurde jedoch bereits zu einer neuen Demonstration in Moskau aufgerufen. Vor der Urteilsverkündung nahm die Polizei mehrere Demonstranten fest, wie die Agentur Interfax berichtete.
Alexej Nawalny ist eine der letzten herausragenden Figuren der russischen Opposition. Jahrelang hatte der Blogger Korruptionsfälle per Internet aufgedeckt und war deshalb den Mächtigen in Russland ein Dorn im Auge. Er steht seit 2013 wegen Verstößen gegen Auflagen unter Hausarrest, nachdem er wegen Veruntreuung zu fünf Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden war. Bei der Wahl des Moskauer Bürgermeisters kam Nawalny auf den zweiten Platz.
(hba/bor)