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Russland
LKW-Fahrer protestieren gegen Maut

Von Bernd Großheim |
    Seit dem 15. November gilt auf Russlands Fernstraßen eine Mautpflicht für LKW. Fahrer von Lastwagen über 12 Tonnen müssen pro Kilometer 1,53 Rubel, umgerechnet 2 Eurocent, Straßenbenutzungsgebühr bezahlen. Mit den Einnahmen von geschätzt 735 Millionen Euro sollen die Fernstraßen saniert werden. Der Chef der russischen Autobahnbehörde, Roman Starowojt, hält das Mautsystem, das Platon heißt, für gut und ausgereift.
    "Bis zum heutigen Tag sind mehr als 600.000 LKW registriert. Der Staatshaushalt der Russischen Föderation hat fast eine halbe Milliarde Rubel bekommen. Das zeigt uns, dass das System funktioniert. Mitarbeiter der föderalen Autobahnbehörde, Vertreter des Aktionärs sowie Angehörige der Verkehrspolizei und regionalen Behörden sind zu Versammlungen, Demonstrationen und Aktionen gegangen. Sie haben verhandelt und aufgeklärt. Für uns sind alle Fragen beantwortet, wir sehen keinen Grund zur Aufregung."
    Und doch gibt es sie: die Aufregung. Seit Beginn der Einführung protestieren LKW-Fahrer mit Kolonnenfahren und anderen Aktionen gegen "Platon". Sie sagen, die Gebühren würden ihren Gewinn um ein Drittel schmälern, und das, in einer wirtschaftlich eh schon schwierigen Situation. Auch Gespräche mit den Verantwortlichen wie Verkehrsminister Sokolow hätten nichts gebracht, sagt der Petersburger Aktivist Sergej Guljajew.
    "Wir sind mit unseren Problemen auf uns allein gestellt. Vor dem Hintergrund einer großen Wirtschaftskrise in Russland, die die Folge staatlicher Politik ist, und durch die Sanktionen der Weltgemeinschaft hat der Güterverkehr große Probleme. Die Anzahl der Aufträge sinkt. Seit zwei Jahren kämpfen zwei Millionen LKW-Fahrer um jede Fahrt. Und nun versucht die Staatsmacht, Euch das letzte Hemd zu nehmen. Die Einführung der sogenannten Rotenberg-Steuer wird von korrupten Beamten des Verkehrsministeriums unternommen, damit eine Handvoll von Oligarchen aus dem Umfeld des Präsidenten entgangene Gewinne auf Eure Kosten kompensieren kann."
    Der Vorwurf der Fernfahrer: Die Maut-Betreiberfirma kassiert ordentlich mit, umgerechnet 155 Millionen Euro im Jahr. In der Firma sitzt Igor Rotenberg, Sohn eines der ältesten Freunde Wladimir Putins, noch aus Leningrader Zeiten, heute Bauunternehmer und Milliardär. Diese Verbindung geht den LKW-Fahrern gegen den Strich, einige sehen dadurch gar ein Problem für Putins Position, so wie Achmed aus Tschetschenien.
    "Noch vor einem Jahr, auch noch vor sechs Monaten hätte jeder LKW-Fahrer nach dem ersten Ruf seinen Lastwagen abgegeben und wäre zusammen mit Wladimir Putin in den Krieg gezogen. Jetzt aber macht das keiner mehr, wir haben die Nase voll. Während Putin sich mit der Außenpolitik beschäftigt, hat sich rund um ihn eine Bande gebildet und die schaufelt gerade ein großes Grab für ihn."
    Nun haben die Fernfahrer Putin ein Ultimatum gestellt. Bis Donnerstag muss das Mautsystem abgeschaltet sein. Sonst kommen sie nach Moskau, mit ihren Lastern. Von dem LKW-Protest haben die meisten Russen noch nichts mitbekommen. Im staatlichen Fernsehen findet er so gut wie keine Erwähnung.