Es ist bereits das vierte Mal, dass Ägyptens Präsident Abdel Fatah Al-Sisi nach Russland reist. Kein anderes Land hat er häufiger besucht, seit er - nach der Entmachtung von Mohammed Mursi, dem ersten demokratisch gewählten Präsidenten des Landes im Jahr 2013 - Ägyptens starker Mann wurde. In Moskau empfing man Al-Sisi schon damals mit offenen Armen. Eine Ausnahme, die der ägyptische Präsident zu schätzen weiß:
"Ägypten sieht in Russland wegen dessen ausgewogener Außenpolitik einen wahren Freund und einen potenziellen strategischen Partner. Ich möchte außerdem versichern, dass Ägypten nach den beiden Revolutionen im Januar 2011 und im Juni 2013 allen Staaten die Hände reicht, die uns unterstützt und geholfen haben, das Ziel zu erreichen, das unser Volk angestrebt hat."
Von Staaten, die Ägypten die Hände reichen, gab es 2013 außerhalb der arabischen Welt nicht sehr viele. Vor allem der Westen begegnete dem ehemaligen Armeechef ablehnend. Die USA froren vorübergehend ihre Militärhilfen ein; in vielen westlichen Staaten galt Al-Sisi als Pariah, weil er mitverantwortlich war für die Entmachtung von Mohammed Mursi, die auf Massendemonstrationen gegen die Herrschaft der Moslembrüder folgte.
Putin dagegen hatte keine Berührungsängste. Putin empfing Al-Sisi, der erst noch als Verteidigungsminister, dann als Staatschef anreiste; Putin bekundete Interesse, in Ägypten zu investieren; Putin ermöglichte den Export von Waffen und Weizen nach Ägypten und fragte nicht nach der Einhaltung von Menschenrechten. Sogar in der Terrorbekämpfung bescheinigte Putin seinem ägyptischen Kollegen beste Arbeit.
"Die Zahl der russischen Touristen ist in den vergangenen Jahren weiter gestiegen. Das ist der politischen Stabilität unter Führung von Präsident Abdul Fatah Al-Sisi zu verdanken - denn wir wissen doch alle, dass die Touristen nur zu sicheren Reisezielen kommen und dass sie die gefährlichen Gegenden vermeiden."
Reger Austausch zwischen Russland und Ägypten
Allein im Jahr 2014 haben mehr als drei Millionen Russen in ägyptischen Badeorten Urlaub gemacht - mehr Touristen als aus jedem anderen Land; und das, obwohl sich die Anschläge und Attentate im Land häuften. Nicht nur im Tourismus, auch in anderen Wirtschaftszweigen herrscht ein reger Austausch zwischen Russland und Ägypten: Die beiden Länder haben sich unter anderem auf den Bau eines russischen Atomkraftwerks an der ägyptischen Nordküste verständigt; Russland will möglicherweise auch in eine Freihandelszone am Suez-Kanal investieren. Ägypten gilt als wichtiger Absatzmarkt für russische Produkte - aber auch als einflussreicher Partner im Nahen Osten. Und daran hat Moskau Interesse, denn bislang hat Russland nur in Syrien und Iran Verbündete. Al-Sisi wiederum will Ägyptens Abhängigkeit von den USA reduzieren - ohne die bisherigen militärischen und politischen Beziehungen grundsätzlich infrage zu stellen. Trotz der Euphorie, die die Staatschefs in Kairo und Moskau ausstrahlen: Längst nicht alle sind davon überzeugt, dass Ägyptens Annäherung an Russland eine gute Sache ist. Anwar Al-Sadat, der Neffe des ehemaligen ägyptischen Staatspräsidenten und Friedensnobelpreisträgers, sieht diese Entwicklung kritisch.
"Für mich und für viele andere, die beobachten, was zurzeit geschieht, ist Russland sicherlich nicht das richtige Vorbild. Wir haben gesehen, wie aggressiv die Russen sind, schon vor Jahren, und sie haben die gleichen Einschränkungen, wenn es um Nichtregierungsorganisationen, um Menschenrechte, um Würde geht. Das ist nicht das Modell, das wir nachahmen oder dem folgen sollten."
Anwar Al-Sadats Onkel, der ägyptische Staatspräsident, löste Anfang der 1970er-Jahre die enge Bindung des Landes an die Sowjetunion und näherte sich dem Westen an. Heute, 50 Jahre später, könnten Ägypten unter Abdel Fatah Al-Sisi und Russland wieder enge Verbündete werden.