380 der 450 Duma-Abgeordneten stimmten in Moskau in dritter Lesung für das Gesetz, nur drei Abgeordnete mit Nein. Der Text muss noch den Senat passieren, bevor es von Präsident Wladimir Putin unterzeichnet werden kann. Der hatte bereits seine Zustimmung signalisiert.
Damit wäre häusliche Gewalt nur strafbar, wenn das Opfer sichtbare Schäden erleidet oder mehr als einmal im Jahr verprügelt wird. Gewalttaten in der Familie werden in diesem Fall lediglich als Ordnungswidrigkeit behandelt und mit einem Bußgeld von umgerechnet bis zu 470 Euro bestraft. Bislang waren dafür Strafen von bis zu zwei Jahren Gefängnis vorgesehen.
Befürworter verteidigen die Prügelstrafe für Kinder
Jelena Misulina, Vorsitzende des Familienausschusses der Duma, hatte das Gesetz im Vorfeld verteidigt. Es ginge um Gewalt, die keine Schäden verursache und deshalb keine Gewalt sei. Sie bezog sich damals auf alleinerziehende Mütter: "Diese Frauen arbeiten als Köchinnen, Garderobenfrauen, Verkäuferinnen. Sie haben zum Riemen gegriffen, weil ihr Kind geraucht hat. Oder weil es in der Schule schlecht war. Natürlich sind das keine guten Methoden. Aber wie kann man sonst auf die Kinder einwirken? Besonders als alleinerziehende Mutter?" Misulina hatte auch das umstrittene Gesetz zur "Homosexuellenpropaganda" angestoßen und stellt sich ansonsten strikt gegen Scheidungen und Abtreibungen.
Andrej Issajew von Putins Partei Einiges Russland sagte nun während der Debatte: "Wir wollen zeigen, dass die russischen Abgeordneten nicht den Maßlosigkeiten folgen, die wir in Westeuropa sehen." Er behauptete, dass europäische Kinder ihre Eltern bei den Behörden "denunzieren", damit ihnen das Sorgerecht entzogen werde.
Menschenrechtsorganisationen befürchten mehr Gewalt
Menschenrechtsorganisationen hatten gewarnt, dass das Gesetz eine Zunahme häuslicher Gewalt zur Folge haben werde. Auch die kommunistischen Duma-Abgeordneten lehnten das Gesetz in dieser Form ab. Sie hatten gefordert, Angriffe auf Kinder und Schwangere von den Strafmilderungen auszunehmen. Der kommunistische Abgeordnete Juri Sinelschtschikow sagte, Frauen gingen nur selten zur Polizei, um ihre gewalttätigen Ehemänner anzuzeigen. Künftig würden dies noch weniger tun.
In der russischen Gesellschaft ist häusliche Gewalt weit verbreitet. Eine aktuelle Umfrage ergab, dass 19 Prozent der befragten Russen der Ansicht sind, dass Gewalt gegen Kinder oder Partner unter gewissen Umständen akzeptabel ist.
(nch/bor)