Kürzlich verkündete Juri Borrisow, der neue Chef der russischen Weltraumbehörde, sein Land werde die Internationale Raumstation nach dem Jahr 2024 verlassen. Bis dahin ist die Zusammenarbeit mit NASA und ESA vertraglich geregelt. Dass Russland tatsächlich in zwei Jahren die ISS verlässt – wie manche befürchten –, ist extrem unwahrscheinlich. Denn das Land hätte dann im All kein Ziel mehr für seine Kosmonautinnen und Kosmonauten. Zwar heißt es, man wolle sehr bald eine eigene Station in der Erdumlaufbahn aufbauen. Allerdings ist das nicht in zwei Jahren zu schaffen, wenn es überhaupt jemals gelingt. Im letzten Jahr haben russische Kosmonauten das Wissenschaftsmodul Nauka an die ISS angedockt – mit fast zwei Jahrzehnten Verspätung.
Auch eine Zusammenarbeit mit China wäre für Russland keine gute Alternative. Denn die chinesische Raumstation Tiangong zieht auf einer Bahn um die Erde, die von den russischen Weltraumbahnhöfen Baikonur und Wostotschny aus nicht zu erreichen ist. Die Ankündigung, sich aus der ISS zurückzuziehen, dürfte daher eher der Propaganda in Kriegszeiten geschuldet sein. Tatsächlich braucht niemand die Raumstation so dringend wie Russland. Ohne die ISS wäre die astronautische Raumfahrt des Landes am Ende. Vermutlich zieht sich Russland – dann gemeinsam mit NASA und ESA – in sechs bis acht Jahren zurück. Dann ist die ISS technisch am Ende und wird wohl gezielt versenkt. Auch dieser Rückzug wäre, wie von Juri Borrisow angekündigt, „nach 2024“.