Angeblich denkt der Kreml darüber nach, die Einfuhr von Autos aus Europa und den Vereinigten Staaten zu verbieten, falls diese ihre Sanktionen ausweiten sollten. Das berichtet jedenfalls eine russische Zeitung. Ein solches Importverbot würde die Autoproduzenten in Westeuropa zwar treffen, sagt Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des CAR-Center Automotive Research an der Universität Duisburg-Essen, auch die Deutschen. Aber er sieht keine gravierenden Auswirkungen für die deutschen Hersteller, wenn es nur um die direkten Importe gehen sollte:
"Es ist so, dass der Großteil der Fahrzeuge, die in Russland verkauft werden, auch in Russland produziert werden. Das liegt an hohen Einfuhrzöllen, die man in Russland hat, die sich bis 30 Prozent bewegen. Sie sind eigentlich fast alle dort mit Werken. Wenn die dort ausgenommen werden würden, dann wäre es noch besser verkraftbar. Russland ist überschaubar für die deutschen Autobauer. VW und Opel, die haben ein größeres Risiko, weil sie dort stärker ansässig sind und auch Kapazitäten ausbauen, Fabriken aufbauen."
Russland hat für Opel zusammen mit Chevrolet einen Anteil von zehn Prozent, ebenso wie die VW-Gruppe, Ford ist mit vier Prozent etwas weniger betroffen. Die deutschen Premiumhersteller produzieren zwar selbst auch vor Ort, aber nicht alle Modelle, sagt Dudenhöffer:
"Importiert werden meistens die ganz großen Fahrzeuge, die S-Klasse-Fahrzeuge, die Rolls Royce, die großen Porsche-Fahrzeuge. Die Oligarchen würde man, die besten Freunde von Putin, vermutlich selbst treffen. Die würden sich ihre Fahrzeuge möglicherweise über andere Kanäle besorgen."
Nur 2,7 Prozent der weltweiten Premiumfahrzeuge in Russland
Vor allem in Moskau sieht man viele Luxuskarossen. Aber insgesamt wurden im vergangenen Jahr nur 198.000 Premiumfahrzeuge verkauft. Das entspricht 2,7 Prozent der weltweiten Nachfrage. Russische Oligarchen fahren zwar sehr gern deutsche Autos, aber für die deutschen Hersteller sind das Anteile zwischen zwei und drei Prozent. Viel mehr Sorgen machen sich Fachleute jedoch über die Auswirkungen von Sanktionen für das Geschäftsklima: Es werde für deutsche Hersteller sicher nicht leichter, in Russland zu produzieren, glaubt Stefan Bratzel, Autoexperte der Fachhochschule für Wirtschaft in Bergisch-Gladbach:
"Jetzt fehlt ja eine Zulieferindustrie in Russland. Und die gegenwärtige Krise in der Ukraine wird nicht dazu beitragen, dass mittelständische Zulieferer nach Russland gehen werden, um dort zu investieren."
Schärfere Sanktionen weiten Krise womöglich aus
Und außerdem könnten schärfere Sanktionen die Sorgen um eine Ausweitung der Krise vergrößern. Und das werde die Konjunktur insgesamt weiter belasten. In einer solchen Lage wäre der russische Markt wichtig, meint Autoexperte Bratzel. Auf dem wurden im vergangenen Jahr 2,8 Millionen Autos verkauft.
"Wenn der letzte große Wachstumsmarkt in Europa, und das war und ist Russland eigentlich, wenn der jetzt quasi ausfällt, ist das ein sehr, sehr negatives Vorzeichen."
Das sind keine guten Aussichten für die Absätze und Gewinne der deutschen Autobauer im zweiten Halbjahr.