Die Nachricht kam wie ein Befreiungsschlag in einer atmosphärisch aufgeheizten und politisch zugespitzten Situation: Völlig überraschend gab das Justizministerium am Abend bekannt, in der Russland-Affäre einen Sonderermittler einzusetzen. Mit dem langjährigen ehemaligen FBI-Direktor Robert Mueller soll ein politisch integrer und juristisch äußerst erfahrener ehemaliger Spitzenbeamter die Untersuchungen leiten. Anstelle von Justizminister Jeff Sessions, der sich wegen seiner eigenen Russland-Kontakte in dieser Affäre für befangen erklärt hatte, traf sein Stellvertreter Rod Rosenstein diese Entscheidung.
In einer schriftlichen Erklärung wies Rosenstein darauf hin, dass er zwar großes Vertrauen in die Unabhängigkeit und Integrität der demokratischen Institutionen seines Landes habe. Dass in Anbetracht der besonderen Umstände aber ein Sonderermittler nötig sei. Das amerikanische Volk müsse volles Vertrauen in das Untersuchungsergebnis haben. Als müsste ein fundamentaler Sachverhalt im Strudel der Ereignisse klargestellt werden, hielt Rosenstein fest:
"Unsere Nation ist auf den Fundamenten von Recht und Gesetz gegründet."
Geradezu euphorisch fielen bereits die ersten Reaktionen auf diese Nominierung aus: Philipp Mudd, ehemals hochrangiger CIA-Ermittler und heute sicherheitspolitischer Experte des Fernsehsenders CNN, überschlug sich förmlich vor Begeisterung: Robert Mueller sei nicht einer der Besten, rief er, er sei der Beste überhaupt.
Erste politische Reaktionen überwiegend positiv
Mit Spannung wurden die ersten politischen Reaktionen erwartet – und auch sie fielen überwiegend positiv aus. Für die Demokraten, die nun ihre zentrale Forderung nach einem unabhängigen Sonderermittler erfüllt sehen, erklärte Senator Richard Blumenthal, Robert Mueller sei genau der richtige Mann in dieser schwierigen Zeit.
Auch die Republikaner äußerten sich überwiegend positiv. Sie hatten sich mehrheitlich bis zuletzt gegen die Einsetzung eines Sonderermittlers gewehrt und stattdessen auf der Fortsetzung der Untersuchungsausschüsse im republikanisch dominierten Kongress bestanden. Senator James Lankford aus Oklahoma, Mitglied des Geheimdienstausschusses, sagte, das amerikanische Volk erwarte jetzt Aufklärung. Die Ermittlungen sollten zügig aufgenommen werden – mit welchem Ergebnis auch immer.
In einer schriftlichen Erklärung ließ Donald Trump wissen, er hoffe, dass sich diese Angelegenheit – gemeint ist die Affäre um die sogenannte Russland-Connection – damit schnell erledigt habe. Die Untersuchung werde zeigen, dass sein Wahlkampfteam nicht mit einer ausländischen Entität - gemeint ist Russland - unter einer Decke steckte. Bereits aus diesen Formulierungen geht hervor, dass die Ernennung von Sonderermittler Mueller wohl nicht vom Präsidenten befördert worden war.
Machtvolle Demonstration einer unabhängigen Justiz?
Beobachter werteten die Entscheidung Rod Rosensteins vielmehr als machtvolle Demonstration einer unabhängigen Justiz – und interpretierten den ersten Kommentar Donald Trumps als Ausdruck des Unbehagens darüber, den Lauf der Dinge ab sofort nicht mehr beeinflussen zu können. Rosenstein sagte dem neuen Sonderermittler bereits zu, alle erforderlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt zu bekommen, um eine gründliche und umfassende Ermittlung sicherzustellen. Dabei sollen nicht nur die russische Einmischung in den amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf und die Kontakte der Trump-Kampagne zur russischen Geheimdienst- und Hackerszene untersucht werden. Die Ermittlungen können sich möglicherweise auch auf die Gründe und Umstände der Entlassung von FBI-Chef James Comey erstrecken.
Die Nachricht von der Ernennung Muellers kam inmitten einer immer atemloseren Abfolge von politischen Hiobsbotschaften. Vergangene Woche entließ der Präsident mit fadenscheiniger Begründung FBI-Chef Comey. Am Montag wurde bekannt, dass Trump möglicherwiese streng vertrauliche Geheimdienstinformationen an Russlands Außenminister Lavrow übergeben hat. Am Dienstag wurde der Vorwurf laut, Trump habe versucht, bei FBI-Chef Comey die Einstellung des Verfahrens gegen seinen kurzzeitigen Nationalen Sicherheitsberater Flynn zu erwirken. Vor diesem Hintergrund wird die Ernennung Muellers wie ein Versprechen auf Rückkehr zur Normalität wahrgenommen.