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Russlandaffäre
Richter zweifelt an Flynns Bereitschaft aufzuklären

Wie weit hat Michael Flynn, ehemaliger Nationaler Sicherheitsberater der USA, kooperiert, um die Russlandaffäre aufzuarbeiten? Diese Frage ist zentral im Prozess gegen Flynn. Sonderermittler Robert Mueller glaubt: in vollem Umfang. Ausgerechnet der Richter hegt aber Zweifel.

Von Thilo Kößler |
    Der ehemalige Nationale Sicherheitsberater der USA, Michael Flynn, verlässt mit geneigtem Kopf ein Bundesregricht in Washington D.C. Er wird von Polizisten begleittet und mehrere Fotografen machen Fotos.
    Der ehemalige Nationale Sicherheitsberater der USA, Michael Flynn, musste sich entscheiden: Direkt Gefängnis oder weitere Aussagen. (AFP/ Saul Loeb)
    Michael Flynn, der Mann, der im Wahlkampf für Donald Trump die Massen noch mit der Aufforderung aufgepeitscht hatte: "Lock her up" – sperrt Hillary Clinton ein – dieser Michael Flynn hat immer noch Freunde in der Anhängerschaft des Präsidenten: Sie begrüßten den Angeklagten mit "USA, USA"-Rufen
    Doch mit dieser Vergangenheit hat Michael Flynn eigentlich gebrochen – und seine Taten gegenüber Sonderermittler Robert Mueller eingestanden und zudem viele weitergehende Informationen in der Russlandaffäre geliefert: Er habe in vollem Umfang kooperiert, hatte Robert Mueller dem Bundesrichter in Washington D. C. mit auf den Weg gegeben – und die Empfehlung ausgesprochen, Flynn ohne Haftstrafe davonkommen zu lassen.
    Zweifel an der Bereitschaft aufzuklären
    Doch es kam anders: Richter Emmet Sullivan war plötzlich gar nicht mehr so überzeugt davon, dass der Angeklagte sein Versprechen wirklich eingelöst hat, in vollem Umfang mit den Behörden zusammenzuarbeiten. Sullivan ließ offen, ob ihm die Zweifel mit Blick auf die Russlandkontakte gekommen waren, die Flynn ursprünglich verleugnet hatte.
    Oder ob es um den Vorwurf ging, Flynn habe als Nationaler Sicherheitsberater Donald Trumps gleichzeitig in Diensten der türkischen Regierung gestanden – nämlich mit dem Auftrag, im Weißen Haus darauf hinzuwirken, dass Fethullah Gülen an die Türkei ausgeliefert wird, jener Prediger, der in Pennsylvania lebt und von Erdogan als Drahtzieher des Putsches vom Sommer 2016 ausgemacht wurde.
    Gefängnis oder weitere Aussagen
    Auf einmal jedenfalls war Richter Sullivan sehr ungehalten. Er warf Flynn in ziemlich unversöhnlichem Ton vor, mit seinem Verhalten den USA geschadet zu haben.
    Richter Sullivan wollte jedenfalls dem Vorschlag Muellers für eine milde Strafe nicht folgen – sondern stellte den Angeklagten vor die Wahl, entweder sofort ins Gefängnis zu wandern oder sich damit einverstanden zu erklären, seine Aussagebereitschaft noch einmal unter Beweis zu stellen, ehe ein Urteil verkündet wird. Flynn willigte ein. Die Verhandlung wurde geschlossen. Mit einem Urteil wird jetzt erst im März gerechnet.
    Das FBI habe Flynn übel mitgespielt
    Richter Sullivan legte dem erschrockenen Michael Flynn also schmerzhafte Daumenschrauben an. Vielleicht waren ihm an der Glaubwürdigkeit Flynns auch deshalb Zweifel gekommen, weil dessen Anwälte das Narrativ des Trump-Lagers aufgegriffen hatten, wonach Flynn vom FBI bei den Vernehmungen in eine Falle gelockt worden sei – indem man ihn nicht darauf aufmerksam machte, dass es ein Straftatbestand ist, der Bundespolizei Lügen aufzutischen. Das hätte er als Nationaler Sicherheitsberater des Präsidenten doch wissen müssen, lautete die scharfe Zurechtweisung der Justiz.
    Genau diese Verschwörungstheorie vom FBI als Fallensteller war dann auch Thema in der Pressekonferenz des Weißen Hauses. Präsidenten-Sprecherin Sarah Huckabee Sanders verteidigte nicht nur Trumps morgendlichen Tweet, in dem er Flynn viel Glück für seinen Tag im Gericht gewünscht hatte.
    Sanders bekräftigte auch die Behauptung des Präsidenten, das FBI habe Flynn übel mitgespielt. Das habe der später entlassene FBI-Chef James Comey doch selbst eingeräumt, insistierte Sanders.
    Die unterschiedlichen Maßstäbe des US-Präsidenten
    Binnen einer Woche hatten es zwei Bundesgerichte in New York und in Washington also mit zwei geständigen Lügnern in der Russlandaffäre zu tun: der eine, Trumps Ex-Anwalt Michael Cohen, wurde zu drei Jahren Haft verurteilt.
    Der andere, Michael Flynn, bekam noch eine Frist zur Bewährung eingeräumt. Der eine, Michael Cohen, ist für Präsident Trump eine "Ratte", wie er in einem Tweet schrieb – offenbar, weil Cohen den Präsidenten schwer belastete. Dem anderen, Michael Flynn, wünschte Trump viel Glück für seinen Prozess.
    Da gibt es für Trump Unterschiede. Für seine Sprecherin Sarah Huckabee Sanders sind sie aber kein Widerspruch: Es sei für den Präsidenten absolut akzeptabel, sich über Flynn positiv zu äußern, während das Weiße Haus abwarte, zu welchen Schlüssen das Gericht kommt.