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Saarland fordert Milliarden vom Bund
Hilferuf für die Stahlindustrie

In einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel hat der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans Hilfen für die kriselnde Stahlindustrie gefordert. In den ohnehin kriselnden Unternehmen an der Saar hätten sich die Verhältnisse noch einmal verschärft. Geld vom Bund soll es nun richten.

Von Tonia Koch |
Luftbildaufnahme der Dillinger Hütte in Dillingen/Saar, Saarland.
Dillinger Hütte im Saarland (imago/Hans Blossey Luftbild)
2000 Stahlarbeiter demonstrierten am vergangen Mittwoch vor dem saarländischen Landtag.
"Sie haben nicht nur gepennt in Berlin, in Brüssel, sie haben die Stahlarbeitnehmerinnen und Stahlarbeitnehmer und ihre Familien im Stich gelassen. Im Stich gelassen hat man uns. Deswegen stehen wir heute hier."
Lars Desgranges von der IG Metall kritisierte jedoch nicht nur die Politik sondern auch das Unternehmen. Dieses wolle die heraufziehende Krise in der saarländischen Stahlindustrie - ausgelöst durch Nachfragerückgänge, Billigkonkurrenz, Klimakosten und Strafzölle - allein durch Personalabbau lösen.
Stellenstreichungen sind keine Lösung
1500 Arbeitsplätze sollen wegfallen, weitere tausend Beschäftigte sollen mit ihren Aufgaben outgesourct werden. Die Dillinger Hütte Saarstahl AG will dadurch 250 Millionen Euro im Jahr einsparen. Allerdings wird die saarländische Stahlindustrie damit den von der Politik geforderten Umbau der Industrie hin zu einer CO2-freien Produktion nicht schaffen. Dafür seien in erheblichem Maße finanzielle Hilfen nötig, sagt der Vorstandsvorsitzende Tim Hartmann.
"Die heutigen Hochofenrouten umzubauen in eine CO2-freie Stahlzukunft, das wird ungefähr 30 Milliarden für Deutschland ausmachen, davon brauchen wir 2,5 Milliarden im Saarland."
Die Politik habe den Ernst der Lage noch nicht erkannt, ergänzt Hartmann.
"Wir haben nicht mehr viel Zeit. Wir stehen vor konkreten Reinvestitionen und wir hoffen, dass die Politik uns nicht dazu zwingt irgendwo anders zu investieren, wo der Rahmen deutlich besser ist."
Schutzmaßnahmen für die Stahlindustrie haben versagt
Nachdem die USA Strafzölle gegen chinesische Stahlimporte und auch gegen die europäische Stahlindustrie verhängt hatten, hatte die EU Schutzmaßnahmen ergriffen, damit Stahlmengen, die woanders nicht mehr platziert werden können, nicht nach Europa umgeleitet werden. Nach Auffassung der Wirtschaftsvereinigung Stahl aber funktionieren diese sogenannten Safeguards nur unzureichend. In den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres seien die Importe ausländischen Stahls um 10 Prozent gestiegen. Trotzdem habe die EU die zollfreien Importkontingente für Stahl aus Drittländern erhöht. Das passe nicht zur aktuellen konjunkturellen Entwicklung. Das sieht auch die saarländische Politik nicht anders. Sowohl die saarländische Wirtschaftsministerin, Anke Rehlinger von der SPD als auch CDU-Ministerpräsident Tobias Hans haben sich in Brandbriefen an die Bundesregierung gewandet und fordern Unterstützung für die Stahlindustrie. Hans äußerte sich heute Vormittag im saarländischen Rundfunk.
"Der Druck ist immens, was wettbewerbsrechtliche Fragen anbelangt, was den Druck von Stählen, die aus China nach Deutschland importiert werden zu Dumpinglöhnen, angeht und natürlich auch was die Auswirkungen des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes angeht."
Ein kleiner Milliardenbetrag könnte schon helfen
Der Ministerpräsident sieht die aktuelle Entwicklung der saarländischen Stahlindustrie als beispielhaft für das an, was insgesamt auf die Branche zukommt und hat deshalb gestern in Kiel das Gespräch mit den stahlproduzierenden Bundesländern gesucht.
"Gerade am Tag der Deutschen Einheit ist es eben auch notwendig darauf hinzuweisen, dass nach einem Milliardenprogramm für den Ausstieg aus der Braunkohleförderung, der hauptsächlich dem Osten der Republik zu Gute kommt, es eben auch möglich sein muss, einen anderen Milliardenbetrag, der deutlich kleiner ist als für die Braunkohle, aufzubringen, um eine systemrelevante Industrie in Deutschland weiterhin zu ermöglichen."
Morgen wollen sich Bundeswirtschaftsminister Altmaier sowie Gewerkschaften und Betriebsräten zu einem ersten Gespräch treffen.