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Saarland will Stromsperren vermeiden

Wer in Deutschland seine Stromrechnung nicht bezahlt, dem wird irgendwann der Strom abgestellt. Bei einer Familie in Saarbrücken verursachte eine aus Strommangel angezündete Kerze einen Hausbrand, bei dem zwei Kinder starben. Saarländische Energieunternehmen wollen nun auf Stromsperren verzichten.

Von Tonia Koch |
    Im Kern fußt die Vermeidungsstrategie darauf, dass zwischen dem Energieversorger und der Sozialbehörde Kundendaten abgeglichen werden dürfen, die ansonsten dem Datenschutz unterliegen. Pate für dieses saarlandweite Modell stand das Saarbrücker Jobcenter. Es hat unter dem Eindruck der Brandkatastrophe von Burbach bereits im Januar damit begonnen, allen einkommensschwachen Haushalten, die neue Anträge auf Sozialleistungen stellen, eine entsprechende Einwilligungserklärung vorzulegen. Bislang akzeptierten fast alle dieses Verfahren, sagt Horst-Rigo Knapp vom Jobcenter Saarbrücken.

    "Das ist jetzt das Neue, dass der Energieversorger im Vorfeld mit uns kommunizieren kann, bevor es überhaupt zum Supergau des Stromabschaltens kommt."

    Die Sozialbehörden können aufgelaufene Schulden bei den Energieversorgern zum Beispiel mit Darlehen ablösen oder Ratenzahlungen vereinbaren. Auf Wunsch schalten sich die Behörden auch direkt ein und übernehmen die Zahlung der Stromkosten aus dem Leistungsbudget ihrer Kunden. Dafür ist eine sogenannte Abtretungserklärung erforderlich. Auf alle Fälle, so Knapp, müsse darauf geachtet werden, dass Menschen wegen unbezahlter Stromrechnungen nicht in eine ausweglose Situation gerieten.

    "Wir versprechen uns den Vorteil für die Leute, dass die Rückstände nicht so hoch ausfallen, dass die Leute einen finanziellen Kollaps erleben und auch, dass eine Stromsperre erst gar nicht ausgeführt wird."

    Sollte es trotz allem zu einer Stromsperre kommen, dann soll diese zeitlich eingeschränkt werden, um die Handlungsfähigkeit von Stromkunden und Behörden sicher zu stellen. Verbraucherschutzministerin Anke Rehlinger:

    "Wir haben auch vereinbaren können, dass Stromsperren dann zumindest nur noch von montags bis donnerstags erfolgen, also nicht am Freitagnachmittag, wenn dann behördlicherseits oder auch sonst keine gar keine Interventionsmöglichkeit mehr besteht."

    Natürlich sind unter den säumigen Zahlern auch Stromkunden, die bei den Jobcentern oder den Sozialämtern nicht erfasst sind. Für die steigende Energiekosten aber trotzdem ein Problem darstellen. Für diesen Kundenkreis wären zum Beispiel sogenannte Prepaid-Zähler hilfreich, die von den Stadtwerken eingebaut werden müssen. Gegen Vorkasse kann sich der Kunde einen Betrag X auf den Zähler aufladen lassen und so lange Strom beziehen, bis das Guthaben aufgebraucht ist. Zahlreiche Sozialverbände und Energieexperten fordern inzwischen Prepaid-Zähler statt Stromsperren wie Michael Kopatz vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie.

    "Erster Vorzug, wenn das geschieht, ist, dass der Haushalt keine weiteren Stromschulden mehr anhäufen kann. Außerdem wird der Energieverbrauch wesentlich bewusster stattfinden. Durch den Bezahlvorgang und die unmittelbare Kostenkontrolle – so wie es beim Tanken oder beim Prepaid-Handy heute schon selbstverständlich ist - gibt es eine vollständige Kostentransparenz und dadurch verbrauchen die Haushalte deutlich weniger als vorher."

    Studien aus England, wo Strombezug gegen Vorkasse Usus ist, zeigten, so Kopatz, dass der Stromverbrauch durch Prepaid-Zähler um 10 bis 30 Prozent sinkt.