"Mein Name ist André Poggenburg, ich darf Sie heute begrüßen…"
Lange galt André Poggenburg als der Star, die Gallionsfigur der ostdeutschen AfD. Neben Björn Höcke war er der prominenteste Vertreter des völkisch rechten Flügels in der AfD. Aus dem Stand hat Poggenburg 2016 die Rechtspopulisten mit 24,3 Prozent in den Magdeburger Landtag gehievt, ein bundesweiter – bis heute unerreichter – Spitzenwert. Doch durch seine Wortwahl ist er in der Partei umstritten. Erst zum Jahresbeginn hat Poggenburg beim Kurznachrichtendienst Twitter, Zitat - "den Mitbürgern unserer Volksgemeinschaft ein patriotisches Jahr 2019" gewünscht. Zuviel für den AfD-Bundesvorstand, der ihn jetzt mit einer zweijährigen Ämtersperre belegen will. Poggenburg zeigt sich unbeeindruckt. Stattdessen geht er einen Schritt weiter und hat Ambitionen einer Abspaltung, will eine Ost-AfD.
Mehr "patriotisches Gefühl"
"Ja, das wird jetzt heftig diskutiert in den ostdeutschen Landesverbänden. Man schaut auch, wie entwickelt sich die Bundespartei in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten weiter. Und man hat das Gefühl, dass dieser eigentliche Gründungsgedanke, der Zusammenhalt, das patriotische Gefühl verloren gegangen ist, auch verloren gehen soll. Das wird in den ostdeutschen Landesverbänden sehr negativ angesehen…"
Der frühere AfD-Landeschef André Poggenburg - der Journalisten gegenüber immer höflich auftritt - ist ein jungenhafter Typ. Er trägt einen braunen Anzug, am Revers seines Mantels trägt er deutlich sichtbar eine blaue Kornblume. In den 1930er-Jahren war es das Erkennungszeichen der Nationalsozialisten. Nach Meinung von Poggenburg wird die AfD durch den Westen dominiert. Er beobachte einen Linksruck in der Partei, die von einer geradezu hysterischen Angst vor einer Beobachtung des Verfassungsschutzes getrieben sei. Und fordert ein Zusammengehen mit Pegida.
Rechtsaußen-Positionen
"Was dann eine Ost-AfD dann inhaltlich wollen würde, kann ich jetzt nur spekulieren. Ich gehe dann schon davon aus, dass dann Sozialpolitik im Fokus steht. Die ja in der Bundes-AfD immer noch ein bisschen zurück gehalten wird. Dass die dann käme, auf den Osten zugeschnitten ist. Ich nehme nur mal das Beispiel Rente, wo sich die AfD schwertut ein Konzept zu erstellen, was Ost und West genügt. Da gibt’s im Osten klare Vorstellungen: Solidarprinzip statt Einzelverantwortung, Grundrente. Das sind so Themen."
Innerhalb seiner Fraktion im Magdeburger Landtag reagiert man nervös auf die Abspaltungstendenzen. Weshalb man ihm jetzt auch ein Ultimatum gestellt hat und ein klares Bekenntnis zur AfD fordert, erläutert Oliver Kirchner. Einst Vize unter Poggenburg, jetzt Fraktionschef der Magdeburger AfD-Landtagsfraktion.
Parteiinterne Kritik
"Wir möchten in unserer Partei keine Spalter haben. Und ich denke vor wichtigen Wahlen, wie den Landtagswahlen in mehreren ostdeutschen Ländern oder bei den kommenden Kommunalwahlen ist das kontraproduktiv."
Innerhalb der Fraktion, auch der Partei haben sich viele einstige Wegbereiter von Poggenburg abgewandt. Der Vorwurf: Er wolle nur mit Schlagworten auffallen, inhaltliche Arbeit sei ihm ein Graus.
"Na, ich habe den Eindruck, um es mal ganz deutlich zu sagen, dass man André Poggenburg kalt stellen will. Und zwar weil er habituell, offenkundig zu einer bestimmten Machtgruppe in der AfD nicht passt."
Rechtsextremismus-Experte David Begrich ist ein ausgewiesener Kenner der AfD, und beobachtet Poggenburg von Anfang an. Die Ambitionen eine Ost-AfD zu gründen sei aber auch ein Versuch Poggenburgs, sich nicht auf das Abstellgleis schieben zu lassen, so Begrich weiter.
"Also ich glaube – kurz gesagt – Poggenburg sucht seine Rolle. Wenn er einmal die Hauptrolle gespielt hat, dann möchte man nicht so gern am Ende des Stückes oder zur Mitte des Stückes hin – wir sind ja erst in der Mitte der Legislatur – der Statist sein. Das erklärt auch einiges."
Johannes Varwick, Politikwissenschaftler an der Universität Halle-Wittenberg sieht in Poggenburg einen – wie er sagt – Krawallpolitiker – der nun die Partei vor sich her treibe.
Auflösungserscheinungen
"Die AfD beginnt sich zu zerlegen, dass ist ein Prozess der sich schon länger abgezeichnet hat. Ich glaube, im Kern bleibt die Partei eine rechtsextreme Partei."
Am Wochenende soll es ein erstes Vernetzungstreffen geben, um die Ambitionen einer Ost-AfD weiter auszuloten. Beobachter wie David Begrich geben so einer Abspaltung allerdings wenige Erfolgs-Chancen, sondern sehen darin eher ein Sammelbecken unzufriedener AfD-Mitglieder.
"Jetzt rauszugehen mit einer Parteigründung, das halte ich für eine Zellteilung. Und ich glaube, das ist nicht von Erfolg gekrönt, sondern wird die AfD schwächen."