Dietrich Lührs ist der Direktor des Magdeburger Domgymnasiums. Freundlich nickend und grüßend geht er durch das Schulhaus. Hohe Decken, breite Treppenaufgänge, an den Seiten stehen Büsten von Homer und Sophokles.
In der Aula gibt's neben dem obligatorischen Flügel auch eine Orgel. "Die war mal Interims-Orgel im Dom", sagt Lührs.
Die Anfänge der Schule reichen bis ins zehnte Jahrhundert. Heute ist das ökumenische Domgymnasium eine Privat-Schule.
Menschen, die ihre Kinder auf solche freien Schulen bringen, das seien doch Eliten und Besserverdiener - eine immer noch weit verbreitete Meinung in Sachsen-Anhalt. Dietrich Lührs schüttelt energisch den Kopf:
"Die Antwort geben die Schüler und Eltern, die auf die freien Schulen wollen. Das ist keine Frage von Elite. Natürlich wollen wir unsere Schüler zu den besten Schülern ausbilden. Aber das wollen wir jedem Schüler ermöglichen. Auch dem, dessen Eltern kein Geld haben."
Wettbewerbsnachteile gegenüber öffentlichen Schulen
Derzeit tobt in Sachsen-Anhalt eine handfeste Kontroverse um Privatschulen. Man sieht sich nicht ausreichend finanziert, moniert Wettbewerbsnachteile gegenüber den öffentlichen Schulen.
Streitpunkt ist das so genannte Schülerkostengutachten. Das sind die staatlichen Finanzhilfen, die private Schulen pro Schüler erhalten. In Sachsen-Anhalt sind das in der gymnasialen Oberstufe jährlich knapp 6.300 Euro.
"Das ist definitiv zu wenig, um den Schulbetrieb aufrecht erhalten zu können", meint Lührs.
Andere Länder zahlen mehr
Im bundesweiten Vergleich hinkt Sachsen-Anhalt bei den Finanzhilfen hinterher. Im Durchschnitt zahlen die Länder – laut statistischem Bundesamt – den freien Schulen pro Jahr 7.800 Euro.
"Heute führen wir als freie Schulen in Sachsen-Anhalt tatsächlich einen Existenzkampf. Wir reden nicht über goldene Türklinken, sondern über ordnungsgemäßen Unterricht, ordnungsgemäßen Schulbetrieb", sagt Stephan Rether, der Leiter des Katholischen Büros Sachsen-Anhalt. Er vertritt die katholischen Schulen im Land.
Nach Angaben des Verbands der Privatschulen gibt Sachsen-Anhalt für einen Schüler an einer freien Schule 45 Prozent weniger aus als für einen Schüler an einer öffentlichen Schule. Da sei keine angemessene Finanzierung. Mehr noch, es gebe grundgesetzliche Bedenken, weshalb man eine Verfassungs-Klage prüfe, so Stefan Rether weiter:
"Freie Schulen brauchen rund ein Drittel mehr an öffentlicher Finanzhilfe. Das ist der Peilwert, dann bleiben wir wettbewerbsfähig."
Ansonsten, so das düstere Szenario, müssten Schulen in Zukunft gar schließen.
Aufsicht ja, Unterstützung nein, kritisiert Schulleiter
Schulleiter Dietrich Lührs ist zerknirscht und wütend:
"Insgesamt haben wir den Eindruck, dass das Land die Verantwortung nur wahrnimmt, wenn es um die Schulaufsicht geht, aber nicht, wenn es darum geht, die Schulen insgesamt zu unterstützen. Denn die Verantwortung des Landes besteht nicht nur für die staatlichen, sondern auch für die freien Schulen."
Man benachteilige keinesfalls die Privatschulen, betont Stefan Thurmann, Pressesprecher des Magdeburger Bildungsministeriums. Er verweist auf die gestiegenen Finanzhilfen des Landes. 2013 waren es noch 88 Millionen Euro, 2018 werde man den Privatschulen 126 Millionen überweisen.
Eine Milchmädchenrechnung nennt das der Verband der Privatschulen, weil jedes Jahr 1.000 Schüler mehr in die Privatschulen kommen. Wenn das die staatlichen Schulen kompensieren müssten, würde das Schul-System in Sachsen-Anhalt kollabieren, heißt es.
Auch die steigenden Personal-, sowie Immobilienkosten seien in die Finanzhilfen nicht mit eingerechnet. Und: Privatschulen seien kein Hobby weniger, sondern Teil einer lebendigen Zivilgesellschaft.
"Ein freundliches Gespräch bringt noch nicht viel Geld"
Im Magdeburger Domgymnasium rechnet man spitz auf Kopf, sagt Schulleiter und CDU-Mitglied Dietrich Lührs. Gerne würde er neben der bestehenden Grundschule und dem Domgymnasium, um die Reihe komplett zu machen, noch eine Sekundarschule gründen. Doch daran sei derzeit überhaupt nicht zu denken.
Der Rat, doch mal in die gegenüberliegende Staatskanzlei zu Parteifreund und CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff zu gehen, gewinnt ihm nur ein müdes Lächeln ab:
"Das wäre ein Schritt. Der Ministerpräsident weiß, dass wir eine Sekundarschule gründen wollen. Prinzipiell unterstützt er es und ist dem auch wohlgesonnen. Aber ein freundliches Gespräch bringt noch nicht viel Geld."