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Sachsen
Rechte Gewalt bleibt ein Thema

Ausschreitungen, Busblockaden, Brandanschläge: Eine Weile standen rechte Straftaten in Sachsen regelmäßig im Fokus bundesweiter Berichterstattung. Zuletzt sind Berichte aus Orten wie Meißen, Freital oder Clausnitz weniger geworden – auch, weil Reporter vor Ort erschöpft sind.

Von Bastian Brandau |
    Die Schrift "No Asyl" ist auf einem Verteilerkasten in Freital zu lesen.
    "Jede einzelne Tat für sich reicht nicht, um in die überregionalen Medien zu kommen." (dpa / Arno Burgi)
    Wurzen in der Nähe von Leipzig, Mitte Juni. Offensichtlich unter Alkoholeinfluss stehende Männer versuchen, zu einer Wohnung von Flüchtlingen zu gelangen. Polizisten drängen die Männer zurück, es kommt zu Handgreiflichkeiten. Über mehrere Tage hatte sich eine Auseinandersetzung zwischen Flüchtlingen und Deutschen hochgespielt, es ging um laute Musik und die Frage, wem die Straße hier gehört. Berichtet hat darüber das Regionalprogramm des MDR. Überregional hat der Fall nicht für Aufsehen gesorgt. Was natürlich zunächst daran liegt, dass die Dimensionen hier deutlich kleiner sind als bei den Ausschreitungen in den vergangenen Jahren. Und daran, dass hier gelten konnte, was Ulrich Wolf, Reporter der Sächsischen Zeitung, als einen der Gründe nennt, warum es momentan in Sachsen ruhiger zu sein scheint.
    "Erstens mal glaube ich, ist die Polizei ein bisschen besser aufgestellt, kann auch sehen beispielsweise bei Facebook, wie sich etwas hochschaukelt, was man für mich unerklärliche Weise vor eineinhalb Jahren noch nicht so gemacht hat. Es kann ja nicht sein, dass Journalisten mitbekommen, da baut sich eine Welle auf, sagen, da müsst Ihr mal ein Auge drauf werfen. Das war offensichtlich nicht der Fall."
    Guerilla statt plumper Gewalt
    Wolf ist Reporter in Dresden für die Sächsische Zeitung, hat die Pegida-Bewegung von Anfang an begleitet, aus Heidenau und Freital berichtet. Die nun stattfindenden Prozesse - wie gegen die Gruppe Freital - und die drohenden Strafen wirkten seiner Meinung nach abschreckend. Viel Arbeit für Gerichts- und Polizeireporter, die immer wieder neue Aspekte für Hintergrundgeschichten liefern. Denn die rechtsextremen Einstellungen seien durch Festnahmen und Verurteilungen natürlich keineswegs verschwunden.
    "Die Form des Protestes ist nicht mehr so plump, so wie diese reinen Gewaltorgien zurück gegangen sind, so haben eher so filigrane Aktionen, Störaktionen, insbesondere durch Jüngere in der neurechten Bewegung zugenommen. Also da wird mal ein Stück des Staatsschauspiels auf dem Theaterplatz gestört, es werden Denkmälern die Augen zugebunden, es werden Leichenumrisse auf Bahnsteige gemalt. Es sind fast mehr Guerillataktiken, und die allein, jede einzelne Tat für sich, reicht nicht, um in die überregionalen Medien zu kommen." Die aktuell, G20 lässt grüßen, eh von internationalen Schlagzeilen dominiert werden.
    "Eine Mischung aus Überdruss und Erschöpfung"
    Beim Mitteldeutschen Rundfunk in Leipzig kann man keinen journalistischen Abnutzungseffekt bei der Berichterstattung über Rechtsextremismus in der Region erkennen, sagt Jörg Wildermuth. Wildermuth ist Redaktionsleiter und verantwortlich unter anderem für die politischen Magazine "Exakt" und "Fakt": "Es gibt nach wie vor viele Themen rund um das Thema Rechtsextremismus, die wir weiter behandeln, wo wir dran sind. Die Reichsbürgerproblematik hat uns hier beschäftigt, es gibt weiterhin Fußballclubs, die von Rechtsextremisten zumindest unterwandert werden sollen offensichtlich, es gibt andere rechtsextremistische Ausprägungsformen, wir hatten den Druiden hier bei uns im Sendegebiet, der offensichtlich bewaffnete Anschläge vorhatte möglicherweise."
    Der MDR berichtet über die nun laufenden Prozesse, versucht, weitere Verbindungen der rechten Gruppierungen aufzudecken. Abseits von Prozessen: Wo liegt für Wildermuth die Schwelle, ab der man über rechtsextreme Vorfälle berichten sollte? "Für uns ist wichtig: Gibt es eine Struktur, gibt es möglicherweise ein Netzwerk, was dahintersteht, oder ist es ein Fest, wo Menschen dann in Trunkenheit ausfällig werden? Da ist für uns die Grenze, aber da hat sich in den letzten zwei Jahren die Schwelle der Berichterstattung oder das Herangehen eigentlich nicht geändert."
    Professionell, aber stets um die eigene Sicherheit bemüht in diesem nicht leichten Berichterstattungsfeld. Das gilt umso mehr, je lokaler die Berichterstattung ist, erlebt Reporter Ulrich Wolf. "Es ist eine Mischung aus Überdruss und Erschöpfung, teils auch Frustration, teils auch 'Ich will mal wieder was anderes machen', die glaube ich schon, Geschichten aus diesem Bereich unter den Tisch fallen lassen. Ist einfach menschlich, was hier gerade abgeht. Das Thema ist nicht erledigt, bei weitem nicht."