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Warum "Impfschwänzen" als Begriff zu weit geht

In der Politik und bei Medizinern wächst die Kritik an Menschen, die ihre Impftermine verstreichen lassen. Diese Personen werden nun oft als "Impfschwänzer" bezeichnet. Doch diese Formulierung ist ungenau, meint Annika Schneider. Für den verpassten Termin gebe es manchmal ganz andere Gründe.

Von Annika Schneider |
Spritzen mit dem Wirkstoff Comirnaty von Biontech/Pfizer gegen das Coronavirus liegen in einer Hausarztpraxis in einer Schale auf einem Tisch.
Die Sorge ist groß, dass viele ungenutzte Impfdosen entsorgt werden müssen (picture alliance/dpa/Robert Michael)
Impfschwänzer, Impfschwänzerin – das klingt nach Schule schwänzen. Die Parallele führt allerdings in die Irre. Denn eine Schulpflicht gibt es, eine Covid19-Impfpflicht nicht.
Der Begriff unterscheidet auch nicht, warum Menschen einen bereits vereinbarten Impftermin nicht einhalten. Manche haben sich schon bei der Hausärztin impfen lassen und im Impfzentrum nicht abgesagt. Das ist hochgradig unsolidarisch gegenüber denjenigen, sie seit Langem auf ihre Chance warten.
Menschen im Impfzentrum in Hamburg.
Kritik an Impfschwänzern - Berliner DRK-Präsident: "Wir brauchen die freien Slots"
Immer mehr Impftermine werden nicht wahrgenommen. Mario Czaja, Präsident des Berliner Roten Kreuzes, hat sich deshalb für Bußgelder für sogenannte Impfschwänzer ausgesprochen.
Allerdings melden sich nun vermehrt Menschen, die ihren Termin gar nicht stornieren konnten, weil das System es nicht vorsah oder sie in der Hotline nie durchkamen. Geimpft wurden diese Menschen trotzdem, von Schwänzen kann also keine Rede sein.
Der Begriff des Impfschwänzers wirft sie nun in einen Topf mit denen, die angeblich lieber in den Urlaub fahren, als ihre Zweitimpfung wahrzunehmen. Wie groß diese Gruppe ist, dazu gibt es aber keine belastbaren Zahlen. Und sollten Menschen tatsächlich ein paar Tage Strand höher gewichten als das gesamtgesellschaftliche Ringen gegen die drohende Ausbreitung der Delta-Variante, dann ist der Begriff "schwänzen" für dieses kurzsichtige Verhalten schon fast verharmlosend.
Die Berichterstattung sollte also differenzieren, warum Menschen zu einem vereinbarten Impftermin nicht auftauchen – und das allzu schlichte Narrativ von der bösen Impfschwänzerin nicht einfach übernehmen.
07.05.2019, Berlin: Ein Schild mit der Aufschrift "BlaBla Ende" steht auf der Tincon, dem Festival für Jugendkultur, im Rahmen der Internetkonferenz "re:publica". Die Konferenz der Netzszene findet noch bis zum 08.05.2019 statt. Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa | Verwendung weltweit
Sagen & Meinen - Der Sprachcheck
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