Die größte Datenschutzklage Europas wird konkret. Facebook muss sich einem Wiener Gericht stellen. Die Vorwürfe: Verletzung der Privatsphäre, unrechtmäßiges Sammeln und Weitergeben von Daten, Ausspähen von Nutzern über Like-Buttons und Apps. Ein Muster-Prozess ausgelöst durch eine Musterklage.
Der österreichische Datenschutzaktivist und Jungjurist Max Schrems hat gemeinsam mit anderen Netzwerknutzern eine Sammelklage gegen Facebook eingereicht. Das hat es im deutschsprachigen Raum noch nicht gegeben.
Der österreichische Datenschutzaktivist und Jungjurist Max Schrems hat gemeinsam mit anderen Netzwerknutzern eine Sammelklage gegen Facebook eingereicht. Das hat es im deutschsprachigen Raum noch nicht gegeben.
"Ich glaube, das Grundproblem, das wir in Europa haben: Wir meckern permanent über Datenschutz, wir meckern über die ganzen US-Unternehmen, wir meckern über die NSA, aber keiner tut was. Mir persönlich ist Facebook relativ wurscht, ich verwende es gern, ich finde die Technologie cool. Für mich ist Facebook immer so ein Beispiel, wo man mal bei einem Unternehmen genau schaut, was sie tun, genau das heraus sucht, was wirklich eindeutig beweisbar ist, was nicht ok ist und da mal probiert, das durchzusetzten. Meine Hoffnung ist schon, dass so ein Musterfall andere Leute doch inspiriert."
Max Schrems verlangte vor vier Jahren vom Netzwerkbetreiber Facebook die Herausgabe aller über ihn vorliegenden Daten. Mit einiger Verzögerung bekam er 1222 A4-Seiten, darauf auch viele von ihm gelöschte Informationen. Daraufhin strengte er ein Verfahren gegen den amerikanischen Internetriesen an.
Daten werden auch an NSA weitergegeben
"Das Problem ist ja nicht, dass Facebook das speichert und es da drin ist, sondern dass es unlöschbar ist." Und weitergegeben wird, auch an den amerikanischen Geheimdienst. Denn alle Facebook-Daten von europäischen Nutzern werden auf einem Server in den USA gesammelt und unterliegen damit dem NSA-Überwachungsprogramm PRISM.
Der Internetkonzern Facebook bestreitet pauschal alle Vorwürfe, hält ein Wiener Gericht nicht für zuständig und den Imageschaden durch die Klage für überschaubar. Max Schrems hat mit Facebook-Vertreter gesprochen: "Weil die wissen, wir haben ein Monopol und wo sollen die denn sonst hingehen. Man fragt die einfach, wo habt ihr jemals die Zustimmung für diese Datenverwendung bekommen und die Antwort ist: 'Das wissen wir selber nicht'."
Die Sammelkläger wollen zumindest die Unterlassung datenschutzwidriger Praktiken erreichen. Mehr als 25.000 Facebook-Nutzer, darunter auch aus Deutschland, haben ihre Ansprüche für die Sammelklage abgetreten. Doppelt so viele haben sich inzwischen registrieren lassen, um sich dem Verfahren anzuschließen.
Pro Person werden zudem 500 Euro Schadensersatz für die bisherige Rechtsverletzung von Facebook verlangt. Ein deutscher Prozesskostenfinanzierer, der nur bei Erfolg bezahlt wird, ermöglicht die juristische Auseinandersetzung. Der Datenschutzaktivist Schrems hat sich geschworen, diesen Kampf bis zum Schluss durchzuziehen.
Schrems: soziale Netzwerke "eine total geile Technologie"
Generell hat er nichts gegen soziale Netzwerke: "Ich finde soziale Netzwerke eine total geile Technologie, mit der man mit wahnsinnig vielen Leuten Kontakt halten kann und die Möglichkeit der Meinungsäußerung hochschraubt und verbessert. Wir haben aber das technische und faktische Problem, das es ein geschlossenes Netzwerk ist. Ich kann mir nicht, wie beim E-Mail-Provider aussuchen, ich mag Provider A lieber als Provider B und dort habe ich meine Daten, sondern wenn ich mit Leuten kommunizieren will, muss ich heute auf Facebook sein. Weil ich kann auch Diaspora gehen, das tolle alternative offene Netzwerk, aber da bin ich ganz sozial mit mir selbst, denn da sind vielleicht drei Leute drauf, die ich kenne."
Max Schrems besitzt trotz alledem weiterhin einen Facebook-Account. Doch er postet nichts persönliches mehr. Das teilt er seinen Freunden nicht mehr online mit, sondern lieber selbst.