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San Bernardino
Social Media als Informationsquelle bei Schießerei

Am Tag der Schießerei in San Bernardino stürmten Reporter und Kameraleute den Ort fast so schnell wie die Polizei und das FBI. Darauf folgte eine Rund-um-Berichterstattung von den Ereignissen. Doch die sozialen Medien waren für viele mindestens genauso wichtig, um sich zu informieren.

Von Kerstin Zilm |
    Polizisten bereiten sich auf einen Einsatz bei einer Schießerei in San Bernardino vor.
    Polizisten bereiten sich auf einen Einsatz bei einer Schießerei in San Bernardino vor. (pa/dpa/AP)
    Dutzende Fernsehsender berichteten live von der Schießerei in Kalifornien. Reporter schwebten in Hubschraubern über dem Feuergefecht zwischen Sondereinsatzkommando und mutmaßlichen Tätern.
    Sie berichteten vom Tatort, vom Krankenhaus, vom Golfplatz und vom improvisierten Pressezentrum der Sicherheitskräfte.
    Irgendwo dazwischen: ein Mann mit grauem Schnauzer und Baseballkappe kurz vor dem Nervenzusammenbruch, die Hand um sein Handy geklammert. Seine Tochter hat ihm eine Text-Nachricht aus dem Gebäude im Belagerungszustand geschickt. Er liest.
    "Schießerei bei der Arbeit, Menschen erschossen. Im Büro. Warten auf Polizei. Bete für uns. Ich bin in einem Büro eingesperrt."
    Neue Medien waren schneller
    Text-Nachrichten, Twitter-Kommentare, Snapchat- und Instagram-Fotos, Vine-Videos und Posts auf Facebook wurden zur wichtigen Informationsquelle während die traditionellen Medien überall waren - außer innerhalb des Gebäudes. Xeni Jardin, Expertin für Medienkultur und Mitherausgeberin des Boing-Boing-Blogs in einem Radiointerview:
    "Ich kann diese Entwicklung nicht mehr mit zynischem Abstand sehen. Wenn ich das beste, schnellste, korrekteste Augenzeugen-Material auf Snapchat bekommen kann, dann werde ich das nächste Mal dort suchen."
    Millionen haben inzwischen das wacklige Video aus einem Flur gesehen, auf dem ein Polizist verängstigte Menschen aus dem Gebäude führt und sagt: "Entspannt Euch, ich werde mich für Euch in die Schussbahn werfen!"
    Video verbreitete sich rasant über die sozialen Medien
    Das Video verbreitete sich über Kanäle der sozialen Medien noch bevor die Frau, die es aufnahm in Sicherheit war. Gleichzeitig durchkämmte das FBI Facebook-Seiten der mutmaßlichen Täter nach Hinweisen auf das Tatmotiv. Parallel spiegelt Twitter die gespaltene Meinungslage der US-Bevölkerung wider. Unter dem Hashtag #StandWithSanBernardino äußern Nutzer vor allem Unterstützung für Opfer, Verwandte und alle religiösen Gemeinden der Stadt. Unter dem Stichwort #MuslimKillers stehen dagegen Hasstiraden gegen Muslime und Morddrohungen gegen Präsident Obama. Medienexpertin Xeni Jardin:
    "Ich finde es wunderbar, dass uns alle diese Informationen zur Verfügung stehen und traue im Zweifelsfall einem Typen mit Handy vor Ort mehr als dem Nachrichtensender. Wir müssen uns aber auch klar machen: Das ständige Verfolgen ungefilterter Informationen hat Auswirkungen auf unsere Psyche."