Neulich, bei der Quartals-Pressekonferenz von Infineon, ließ der Chef des Halbleiter-Konzerns Dr. Reinhard Ploss quasi nebenbei einen bemerkenswerten Satz fallen:
"Das politische Umfeld birgt derzeit viele Unwägbarkeiten!"
Wie recht Ploss damit hat, zeigte sich heute: Infineons Aktienkurs sackte um fünf Prozent ab, weil der Handelskrieg zwischen den USA und China eskaliert. Es geht längst nicht mehr nur um Strafzölle. Die USA haben China – und damit auch dessen IT-Konzern Huawei - auf eine Schwarze Liste gesetzt. Das macht es US-Firmen schwer, mit dem chinesischen Netzwerk-Ausrüster und Handy-Produzenten weiter Handel zu treiben. Die Agentur "Bloomberg" berichtet, US-Chipkonzerne wie Intel, Qualcomm, Xilinx und Broadcom wollten derzeit keine Geschäfte mehr mit Huawei machen.
Kein Google-Betriebssystem auf Huawei-Handys?
Und Reuters sieht sogar den Internet-Giganten Google involviert: Nutzer von Huawei-Smartphones bekämen keine Android-Updates mehr. Daher könnten künftige Handy-Modelle des chinesischen Marktführers nicht mehr auf beliebte Apps wie YouTube, den Browser Google Chrome oder das E-Mail-Programm Gmail zugreifen.
Huawei bestreitet das: Man werde auch weiterhin Dienstleistungen für das Google-Betriebssystem Android bereitstellen, sagte ein Firmensprecher. Huawei habe einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung von Android auf der ganzen Welt geleistet.
Aber was hat Infineon damit zu tun? Dessen Chef Reinhard Ploss hatte noch vor ein paar Tagen gesagt:
"Also unsere Situation im Wirtschafts-Disput zwischen den USA und China ist so: Unsere direkten Importe von Halbleitern nach den USA aus China heraus sind sehr niedrig. Die Zölle sind für uns auf die direkten Produkte moderat."
Heute dann wies ein Infineon-Sprecher einen Bericht der japanischen Wirtschaftszeitung "Nikkei" zurück. Das Blatt hatte berichtet, Infineon habe seine Lieferungen an Huawei vorläufig eingestellt. Laut Infineon eine Falschmeldung. Gleichwohl ist Infineon-Chef Ploss beunruhigt:
"Ich fürchte, dass der jetzige Schritt mit einer weiteren Erhöhung von Zöllen sich durchaus negativ auf die gesamte wirtschaftliche Entwicklung auswirken wird."
Das gilt besonders für die Chip-Industrie, deren weltweite Vernetzung höher ist als die anderer Branchen. Der IT-Verband Bitkom warnt angesichts der sich verschärfenden Handelskonflikte vor Schäden für die Digitalwirtschaft. "Politik und Wirtschaft sollten alles dafür tun, dass aus diesem Feuer kein Flächenbrand wird", erklärte Bitkom-Präsident Achim Berg.
Dominosteine in der digitalen Wirtschaft
Ein solcher Brand könne die gesamte Tech-Welt erfassen. "Gerade die digitale Wirtschaft lebe vom internationalen Austausch", so Bitkom-Präsident Berg." Keine Region und kein Unternehmen der Welt könne auf dieses weltweite digitale Ökosystem verzichten. "Werden kritische Bauteile oder Software-Module nicht mehr geliefert, kann dies einen kompletten Produktions- oder Wartungsprozess zum Erliegen bringen, Unternehmen existenziell gefährden und im Extremfall ganze Volkswirtschaften ins Straucheln bringen."
Bisher allerdings scheint zumindest Infineon dagegen immun zu sein: der Quartalsbericht des bayerischen Halbleiter-Konzerns fiel deutlich besser aus als erwartet.