Es hätte weiter absacken können, aber das Stimmungsbarometer der europäischen Einkaufsmanager ist im Juli leicht gestiegen. Die Krise um die Ukraine und Russland hat also bislang nicht das Einkaufsverhalten der Menschen beeinträchtigt, die in den Unternehmen für Nachschub sorgen. Noch sehen Ökonomen deshalb davon ab, ihre Wachstumsprognosen für das Jahr 2014 nach unten zu schrauben. Doch in Russland selbst wirkten die Sanktionen schon, meint Michael Heise, der Chefvolkswirt der Allianz:
"Die russische Wirtschaft ist in einer sehr schwierigen Situation. Dort hat eine Rezession eingesetzt. Eine enorme Kapitalflucht findet statt. Die russische Wirtschaft wird auf diesem Wege ihre strukturellen Probleme, die sehr groß sind, nicht überwinden können."
Importe sanken um sieben Prozent
Allein im ersten Quartal sind nach Schätzungen von Standard & Poor's umgerechnet 60 Milliarden Dollar aus Russland abgezogen worden, fast so viel wie im ganzen Jahr 2013. Potenzielle Investoren halten sich natürlich auch zurück, jetzt, wo verschärfte Sanktionen drohen und mit Gegenreaktionen bis hin zur Enteignung ausländischen Eigentums in Russland gerechnet werden muss. So sinken in Russland die Anlageinvestitionen, lassen privater Verbrauch und Wirtschaftswachstum deutlich nach.
Um sieben Prozent sind die russischen Importe 2014 gesunken. Da traf auch deutsche Exporteure, aber unterdurchschnittlich. Die russischen Exporte nach Deutschland beschleunigten sich aber rasant um 16 Prozent. Da Russland vor allem Öl und Gas ausführt, dürfte der starke Exportzuwachs auch auf diese Produkte entfallen sein. Schon wird spekuliert, Deutschland fülle seine Gasspeicher und der russische Lieferant Gazprom helfe dabei, um einer Lieferkrise vorzubeugen. Denn ohne russisches Gas dürfte es in vielen Haushalten im Winter kalt werden, dürften viele energieintensive Industrien, etwa die Chemie, in die Bredouille geraten. Eugen Weinberg, der Energiespezialist der Commerzbank:
"Wir sind zu knapp einem Drittel von den russischen Gasimporten abhängig und können auch diese Importe weder kurz- noch mittel-, sogar noch vielleicht langfristig nicht ersetzen. Dafür gibt es nicht genug Alternativanbieter. Und es gibt nicht genug Pipelines, also Transportwege."
Es gilt das Primat der Politik
Eine Verschärfung der Sanktionen stellt man sich unter Analysten so vor: Lieferboykott für Erdöl und Erdgas, die Guthaben großer russischer Banken werden eingefroren, worauf westliche Unternehmen in Russland enteignet werden könnten. Bisher haben hiesige Unternehmen das gelassen gesehen. Fraport-Vorstand Stefan Schulte etwa, der am Flughafen St. Petersburg beteiligt ist und diese Perle gerne weiter mit 15 Prozent jährlich schnell wachsen sähe. Aber es gebe eine Rückfallposition:
"Wenn es zu einer Enteignung käme, von der wir nicht ausgehen, haben wird dort Versicherungsschutz. Es gibt die entsprechenden Versicherungen - das kennen Sie - für Direktinvestitionen im Ausland."
Wenn es so weit wäre, wäre wohl ein Sanktionskrieg ausgebrochen. Den will in der Wirtschaft niemand, erst recht nicht die gut 6.000 deutschen Unternehmen, die sich in Russland angesiedelt haben, große wie BASF, VW oder Continental, aber auch ihre kleinen Zulieferer. Doch noch hört man allenthalben: Es gelte der Primat der Politik. Sie entscheide.