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Sanktionen
Ukraine blockiert russische Internetportale

Heute Nacht läuft die Frist ab: Bis dahin müssen ukrainische Internetanbieter russische Internetseiten blocken, auch das Facebook-Pendant Vkontakte. Das greift in das Leben von Millionen Ukrainern ein. Bürgerrechtsorganisationen sehen darin eine Einschränkung der Pressefreiheit.

Von Florian Kellermann |
    Startseite des russischen sozialen Netzwerks vk.vom
    Startseite des russischen sozialen Netzwerks vk.vom (Deutschlandradio/Charlotte Voß)
    Mit der Entscheidung folgte Präsident Petro Poroschenko einem Beschluss des Nationalen Sicherheitsrats. Die russischen Internetportale und Programme seien eine Bedrohung für die Ukraine, so der Leiter des Sicherheitsrats, Oleksander Turtschynow:
    "Der Geheimdienst hat herausgefunden, dass einige dieser Portale dazu benutzt werden, illegal Daten über unsere Bürger zu sammeln. Das ist Spionage. Außerdem wurden Viren über russische Server und Programme verbreitet - zielgerichtet, als Angriff. Das sind Gefahren für den ukrainischen Cyberspace, die wir ausschalten müssen."
    Russischer Geheimdienst wollte Zugriff auf "Vkontakte"
    Als besonders wertvoll für Russland gilt das soziale Netzwerk "Vkontakte". Über 15 Millionen Zugriffe verzeichnete es täglich in der Ukraine und war damit populärer als das US-amerikanische Konkurrenzprodukt "Facebook". Auch ukrainische Soldaten haben dort Konten - zwar eigentlich nur privat, dennoch können die Nachrichten, die sie dort austauschen, für ausländische Geheimdienste wertvoll sein. Selbst die Angabe ihres jeweiligen Standorts sei eine wichtige Information, sagen Experten.
    Schon während der prowestlichen Demonstrationen in Kiew vor dreieinhalb Jahren soll der russische Geheimdienst FSB Druck auf "Vkontakte" ausgeübt haben. Er habe Zugriff auf die Daten von Teilnehmern verlangt, erklärte einer der Gründer des Unternehmens, Pawel Durow.
    Filme und Musik können nicht mehr heruntergeladen werden
    Trotzdem stieß die Entscheidung von Präsident Poroschenko auch in der Ukraine auf heftige Kritik, so beim fraktionslosen Parlamentsabgeordneten Serhij Taruta:
    "Wenn diese Maßnahme vor drei Jahren gekommen wäre, als der Krieg im Donezbecken viele Todesopfer forderte, hätten alle gesagt: Ja, wir müssen drastische Maßnahmen ergreifen. Aber wie kommt der Sicherheitsrat ausgerechnet jetzt auf diese Idee? Wollen wir dem Westen zeigen, dass auch wir Sanktionen gegen Russland durchsetzen? Meine Enkelin, die in die zehnte Klasse geht, hat mich angerufen und gefragt: Macht die Regierung eigentlich auch mal etwas Gutes für das Land? Jetzt können wir keine Filme und keine Musik mehr herunterladen."
    So sehen es viele Beobachter: Präsident Poroschenko will Stärke gegen Russland zeigen - und damit den Partnern im Westen ebenso imponieren wie den Wählern. Zuvor hatte er schon Sanktionen gegen russische Banken verhängt, die sich nun nach und nach aus der Ukraine zurückziehen.
    Ukraine wird in der Rangliste der Pressefreiheit nach unten rutschen
    Seine Kritiker meinen jedoch, beim Verbot der Internet-Portale gehe es um mehr. Der als Russland freundlich geltende Abgeordnete Jewhen Murajew:
    "Wenn die Staatsmacht Angst vor ihren Bürgern hat, dann beginnt sie, den Zugang zu Informationen zu beschränken. Das kennen wir eigentlich aus totalitären Systemen. Ich fürchte, im Westen wird das eher schlecht ankommen. Die Ukraine wird in wichtigen Ranglisten nach unten rutschen, wenn es um das Investitionsklima geht oder um die Pressefreiheit."
    User finden Wege, das Internet weiter zu nutzen
    Tatsächlich kritisieren auch internationale Nicht-Regierungsorganisationen die Entscheidung. "Human Rights Watch" forderte Präsident Poroschenko auf, seinen Erlass zurückzunehmen. Präsident Poroschenko versuche, den öffentlichen Diskurs in der Ukraine zu kontrollieren, erklärte die Leiterin der Organisation in der Ukraine. Auch die Vereinigung "Reporter ohne Grenze" protestierte.
    Die Blockade der Seiten heißt jedoch nicht, dass Ukrainer sie nicht mehr besuchen werden: Schon kurz nach Poroschenkos Entscheidung war das ukrainische Internet voll mit Anleitungen, wie Nutzer die Blockade umgehen können.