Im Durchschnitt greifen wir 88 Mal täglich zum Handy. Schon die Vorstellung, ein Wochenende irgendwo in den Bergen im Funkloch zu verbringen, löst bei vielen Menschen Stress aus. Eine Strategie dagegen ist das sogenannte Digital Detox – ein ganz bewusster vorübergehender Verzicht auf das Smartphone. Jeder Fünfte soll es laut einer Umfrage schon einmal ausprobiert haben.
Doch wie sinnvoll ist es, das Handy für einen längeren Zeitraum wegzulegen? Kann das unseren Umgang mit unserem vermeintlich unverzichtbaren Alltagsbegleiter verändern? Darüber diskutieren Sarah Diefenbach und Volker Busch.
Sarah Diefenbach ist Professorin für Wirtschaftspsychologie an der Universität München. Sie hat gemeinsam mit dem Medienforscher Daniel Ullrich das Buch "Digitale Depression. Wie neue Medien unser Glücksgefühl verändern" geschrieben.
"Es muss nicht unbedingt der geplante Verzicht sein. Aber selbst, wenn man das Handy mal aus Versehen daheim liegen lässt und gezwungen ist, einen Tag ohne Telefon auszukommen, kann das schon sehr interessante Einsichten bringen – auch sei es nur, dass man merkt, dass es doch gar nicht so schrecklich und dramatisch war, was da den Tag über passiert ist, und man am Abend vielleicht sieht, es sind doch nicht so viele superwichtige Nachrichten eingegangen.
Vielleicht auch die schöne Erfahrung, dass man mal wieder mit ganz anderem Blick, mit mehr Freiheit durch die Straßen geschlendert ist, andere Dinge wahrgenommen hat. Insofern denke ich, eine bereichernde Erfahrung könnte das auf jeden Fall sein."
Volker Busch ist Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie. Er arbeitet als Oberarzt an der Universität Regensburg.
"Verzicht ist nie eine Lösung. Denn Verzicht ist genau wie Überkonsum ein Extrem, vor dem man sich schützen sollte. Sinnvoll ist, einen pfleglichen Umgang irgendwo in der Mitte zwischen zu viel und gar nicht zu finden. Denn digitale Medien sind weder schlecht noch gut, sondern es entscheidet allein unser Umgang damit, ob es für uns gut oder schlecht ist.
Die Eigenverantwortung bleibt bei uns, den Umgang so zu steuern, dass er irgendwo in der Mitte stattfindet mit Phasen, wo man digitale Medien mehr genießen darf, mit Phasen, wo man sie weniger genießen sollte. Aber es geht nie um einen Verzicht, der darüber hinaus auch unrealistisch umzusetzen ist in der heutigen Zeit."