Daniel Mensah hält eine große Säge in der rechten Hand und gibt seinen Auszubildenden Anweisungen. Die beiden jungen Männer müssen die Holzbretter so akkurat wie möglich zuschneiden. Die Bretter sollen später zu einer Sänfte zusammengebaut werden, um jemanden zu beerdigen. Daniel Mensah gehört zu den bekanntesten Sargkünstlern Ghanas. Viele nennen ihn bei seinem Spitznamen "Hello".
"Wenn man unsere Arbeiten sieht, glaubt man im ersten Moment gar nicht, dass es Särge sind", sagt Daniel Mensah: "Das ist wirklich ein großartiger Job. Ich habe viel gelernt, weil ich mir diesen Beruf ausgesucht habe."
Daniel Mensah hat seine Ausbildung 1984 begonnen, also vor mehr als 30 Jahren. Damals hätte er sich nicht träumen lassen, dass seine Särge später in weiten Teilen Ghanas bekannt sein werden. Sein Vater wollte, dass er kunstvolle Särge baut, und schickte den Sohn bei Paa Joe in die Lehre. Dessen Arbeiten werden regelmäßig in Europa ausgestellt. Nach der Ausbildung blieb Mensah zunächst bei Paa Joe. 1998 machte er sich dann selbstständig, mit seiner Werkstatt "Hello Design Coffin Works".
Im hinteren Teil der kleinen Werkstatt fängt Sohn Silas an, die sorgfältig zurechtgeschnittenen Bretter zusammenzunageln. Er geht bei seinem Vater in die Lehre und lässt sich immer mehr anstecken von dessen Begeisterung für ausgefallene Särge:
"So lange bin ich ja noch gar nicht dabei, nur etwa ein Jahr. Einmal habe ich schon einen Sarg gesehen, der wie ein Fußballschuh aussah. Über den habe ich mich sehr gefreut."
Ein solides Handwerk
Eigentlich wäre Silas lieber Profi-Fußballer geworden. Mit dem Sargbau soll er nun aber ein sicheres Handwerk lernen und seinem Vater helfen. Nicht ausgeschlossen jedoch, dass der junge Mann irgendwann einmal selbst in einem riesigen Fußball beerdigt wird. Denn häufig symbolisieren die Särge einen Wunsch, der zu Lebzeiten nicht erreicht werden konnte. Viele Särge haben aber noch eine andere Bedeutung, erklärt Vater Daniel:
"Das hier ist ein Hubschrauber. Wenn jemand zum Beispiel ein Pilot für den Hubschrauber war oder ein Techniker, dann kann man den Sarg gut nutzen. Er zeigt, welchen Beruf der Verstorbene einst ausgeübt hat."
Fische und Boote sind am beliebtesten
Daniel Mensah führt durch seine kleine Ausstellung, zeigt einen Föhn und einen riesigen Mehlsack, in dem ein Frisör bzw. ein Bäcker ihre letzte Ruhe finden könnten. Je nach Aufwand kosten die Särge umgerechnet zwischen 750 und 1000 Euro. Häufig in Auftrag gegeben werden Fische und Boote. Damit hat die Sargbaukunst in Ghana vor rund 70 Jahren auch begonnen.
Anfangs waren es die Ga, eine ethnische Gruppe, die die besonders liebevoll gestalteten Särge erdachten und populär machten. In ihrem Glauben geht das Leben im Jenseits weiter und unterscheidet sich nicht allzu sehr vom irdischen. Da die Ahnen über ihre Familien auf Erden wachen, ist der Sarg auch eine Art Opfergabe. So streng wird das jedoch längst nicht mehr gesehen. Heute ist der kunstvolle Sarg eher spektakulärer Höhepunkt einer Beerdigung.
Widerstand der großen Kirchen
Deswegen sind die Särge nicht überall beliebt, erklärt Daniel Mensah:
"Einige Kirchen mögen sie nicht. Sie wollen keine Colaflasche, keine Bierflasche, kein Auto. Nichts, was irgendwie außergewöhnlich ist. Aber es gefällt den Menschen. Und ehrlich: Es ist doch nur ein Sarg. Wie kann man da Nein sagen? Vielleicht hat der Sarg mit dem früheren Beruf des Verstorbenen zu tun. Warum soll man das ablehnen?"
Gegen die Särge würden sich hauptsächlich die alten Kirchen wehren, die sogenannten Mainline-Churches, erklärt der Sargbauer:
"Die Presbyterianische Kirche und die Methodisten genehmigen diese Särge nicht. Spirituelle Bewegungen erlauben sie aber."
Mut zum Kunstsarg
Auch Muslime gehören nicht zum Kundenkreis, da sie gemäß dem Islam in Tüchern beerdigt werden. Vor ein paar Jahren hat Daniel Mensah trotzdem zwei Särge an Muslime aus Nigeria verkauft. Die Angehörigen erklärten: Die Sarg-Tradition sei ihnen wichtiger als religiöse Vorschriften. Der Sargkünstler hat aber auch eine Idee, wie Muslime die strenge Regel umgehen könnten:
"Man könnte die Leiche in einen Sarg legen, auf dem Friedhof wieder herausnehmen und dann in einem weißen Tuch beerdigen."
Eine Frage hat Daniel Mensah schon unzählige Male gehört: Wie soll sein eigener Sarg einmal aussehen? Er schüttelt den Kopf und sagt, er habe keine besondere Vorliebe. Sein Geschmack würde sich regelmäßig ändern. Angst macht dem Künstler die Vorstellung vom eigenen Sarg schon lange nicht mehr:
"Einige Menschen haben wirklich Angst. Ich gehörte auch dazu. Wenn jemand stirbt, dann wird er schließlich in einen Sarg gelegt. Und dann wird ein tiefes Loch gegraben. Wie kann man da keine Angst haben? Aber letztendlich wechselt man doch nur die Seiten."