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Sasha Salzmann über Antisemitismus
"Der Hass ist allgegenwärtig"

Vier jüdische Schriftsteller*innen bloggen einen Monat lang im Rahmen eines Kunstprojekts. Sie tauschen sich aus, schreiben über jüdisches Leben, den Nahostkonflikt, die eigene Familie. "Wut ist mein Motivator zum Schreiben", sagte Dramatiker*in Sascha Salzmann im Dlf.

Sascha Salzmann im Corsogespräch mit Susanne Luerweg |
16.05.2020, Frankfurt, DEU Demonstration in der Frankfurter Innenstadt. Ungeimpft steht auf dem Aufkleber am Arm eines Mannes, der versucht hat, sich unter die Teilnehmer einer Demonstration zu mischen, die die Verschwoerungstheorien ueber das Corona Virus ablehnt
Möchte Sasha Salzmann unter Strafe stellen: Die antisemitische Gleichsetzung von Shoah und empfundenem Impfzwang (www.imago-images.de )
Vier jüdische Schriftsteller und Schriftstellerin haben einen Monat gebloggt. "Dem Hass kein Echo" lautet der Titel ihres Projektes, das sie im Rahmen der "lit Cologne" verfolgt haben. Ein Austausch über Erfahrungen, Erlebnisse und Essen. Vier Schriftsteller*innen, die alle aus unterschiedlichen Ecken kommen und die sich nun austauschen.
Es geht um Hass, aber auch um Wut: Wut über die Umstände, die Fragen, die zum Thema Judentum immer wieder auftauchen. "Wut ist mein Motivator zum Schreiben. Wut auf die Umstände, die ich beobachte und Wut auch mich selbst, weil ich Teil dieser Umstände bin", sagt Sascha Marianna Salzmann.

Enger Begriff von jüdischem Leben

Salzmann tauscht sich auf dem Blog mit dem Lyriker Max Czollek aus. Neben den beiden schreiben auch Esther Discheit und Levi Israel Ufferlige. Der Nahostkonflikt ist ebenso Thema wie die Frage, wer ein guter, ein schlechter Jude ist. Auch die Feierlichkeiten zu 1700 Jahre jüdischen Lebens in Deutschland sind im Fokus.
"Die 1700 Jahre jüdischen Lebens in Deutschland klingen für mich wie ein Witz. Wie toll, dass unsere Eltern sechzig, siebzig, in dem Fall eintausendsiebenhundert Jahre verheiratet sind und eines ihrer Kinder sagt: Na ja, das eine hat das andere Elternteil versucht umzubringen, zu erniedrigen."

Uralte Verschwörungstheorien

Als Kontingentflüchtling, Sowjetjude, so Salzmann, "wird mir hier jüdisches Leben viel zu eng gefasst." Der Hass entsteht aber nicht nur auf sozialen Plattformen. "Der Hass ist allgegenwärtig. Ich glaube, es gibt keine Klasse, keinen Bezirk in einer Stadt, wo es das nicht gibt."
Im Zuge von Corona lebten uralte Verschwörungstheorien wieder auf. "Der Jude ist einer der ältesten Feinde der Menschheitsgeschichte." Viele Verschwörungstheorien, so Salzmann, sind antisemitisch unterstützt.

Krimineller Akt

"Ich finde jeder Person, die sich einen gelben Stern annäht auf dem steht "ungeimpft" sollte belangt werden. Ich finde, es ist ein krimineller Akt und diese Leute wissen nicht einmal, dass sie Antisemiten sind." Wer sich beschwert, der soll auch immer gleich eine Lösung mitliefern. "Auch, wenn wir über Antisemitismus reden, über queere Belange, Feminismus. Es wird aber keine geben. Um ganz deutsch zu antworten: Es gibt keinen totalen Krieg und es gibt keine Endlösung des Problems."